Thomas Müller, der Überflieger

MÜNCHEN - Das hätte ja besser nicht passen können. Da spielen die Bayern ihr letztes Heimspiel der Saison mit dem Trikot der Zukunft, dem Heimdress der kommenden Spielzeit, und dann trifft Thomas Müller drei Mal.
Warum das so passend ist? Erstmals seit den 70er Jahren dürfen die Fans in der Allianz Arena den Namen „Müller“ nach Toren skandieren, beim 3:1 gegen Bochum an diesem Meister-Samstag drei Mal. Denn ab sofort ist Gerd Müller, der legendäre Bomber, allgegenwärtig beim FC Bayern. Der Assistenz-Trainer der zweiten Mannschaft sitzt jedem Spieler buchstäblich im Nacken. Anlässlich des 110-jährigen Vereinsjubiläums ist das Design der neuen Heimdressen an jene Trikots von 1910 angelehnt und soll auch an die erfolgreichen Sechziger- und Siebziger-Jahre erinnern. Das Konterfei von Gerd Müller schmückt den Nacken aller Trikots. Legendär.
Wie auch die Premieren-Saison von Thomas Müller, dem 20-Jährigen. Er ist der Aufsteiger der Saison. Steht nach seinem Dreier gegen Bochum bei 13 Saisontreffern. „Das ist mein erster Titel, das ist der wunderbarste Tag meiner Karriere“, schwärmte Müller, „das ist der Wahnsinn.“ Trainer Louis van Gaal hatte ihm nach seinem Doppelschlag per Kopf (18./20.), mit dem er die 2:0-Halbzeitführung besorgte und in der 69. Minute zum dritten Mal traf, vorzeitig runtergenommen – für den Extra-Applaus der 69.000 Fans. „Wir haben eine gute Truppe“, sagte der Mann des Tages, „jeder fühlt sich wohl. Wir kämpfen und feiern zusammen. Wirklich jeder, auch ein Arjen Robben, ordnet sich unter.“ Weil die Bayern gerecht sind, rein mannschaftsintern. Einmal ist es eben jener Arjen Robben, der mit einem Viererpack glänzt wie vor zwei Wochen gegen Bochum, einmal trifft Ivica Olic wie zuletzt beim 3:0 im Halbfinale der Königsklasse – und nun Müller.
„Bei uns fällt soviel Belastung ab, weil wir es endlich geschafft haben“, meinte der Mann mit der Nummer 25, „wir haben das ganze Jahr darauf hingearbeitet. Wir sind stolz, dass wir aus der vermeintlichen Krise mit der Mannschaft so gut herausgekommen sind. Der Titelgewinn ist jetzt eine tolle Bestätigung für den Verein und die Mannschaft.“ Und für ihn. Eine Saison wie ein Traum. Ein kurzer Zeitraffer als Erinnerung. Unter Jürgen Klinsmann war Müller lediglich Minuten-Joker, durfte mal kurz reinschnuppern. Er bekam einen Profivertrag und mit Louis van Gaal genau den richtigen Trainer, der voll auf die Jungen (siehe auch Holger Badstuber, Diego Contento oder David Alaba) setzte. Von Beginn an und bedingungslos.
Müllers Weg: Erstes Ligaspiel von Beginn an, erstes Tor. Erstes Champions-League-Spiel von Beginn an, erstes Tor. Das war im Herbst. Mittlerweile ist Müller Stammspieler und hat auch schon sein Länderspiel-Debüt gegeben, in München beim 0:1 gegen Argentinien. Es wäre verwunderlich, sollte Bundestrainer Jogi Löw den Mann vom Ammersee nicht mitnehmen nach Südafrika zur WM. Als Rechtsaußen wäre er eine prima Alternative.
Vorher sollen noch zwei weitere Titel gefeiert werden. Nummer eins an diesem Samstagabend. Müller, noch ohne Erfahrung in diesen Dingen: „Wir hatten nichts geplant, aber wenn wir feiern, haben wir uns keine Grenzen gesetzt.“
Patrick Strasser