Thiago: Erst böser Tritt dann Elfmeter-Held

München - Streng genommen hätte er längst nicht mehr auf dem Feld sein dürfen: Bayerns Thiago hatte in der Nachspielzeit der regulären 90 Minuten Leverkusens Stefan Kießling mit einem Kung-Fu-Tritt an der Brust getroffen, der daraufhin ausgewechselt wurde. Bayer-Geschäftsführer Michael Schade echauffierte sich: "So ein Foul wie von Thiago auf unserer Seite, das wäre dunkelrot gewesen." Der Rest ist bittere Fußball-Geschichte für Bayer: Der mit Gelb verwarnte Akteur verwandelte den letzten Strafstoß, die Bayern siegten im Elfmeterschießen mit 5:3.
Die Münchner haben die Szene, die alles hätte verändern können, freilich anders gesehen: Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge verwies auf Thiago grundsätzliche Gangart: „Er ist jemand, der keiner Fliege was zuleide tun kann. Der Schiri hat ihm mit Fingerspitzengefühl Gelb gegeben“, auch Sportvorstand Matthias Sammer blies ins Fairness-Horn: "Thiago ist kein Foulspieler", sagte Sammer und relativierte: "Ich habe heute viele hohe Beine gesehen..."
Thiago selbst, dem trotz der brutalen wirkenden Aktion keine Absicht unterstellt werden kann, dazu: "Es war eine unglückliche Situation, ich habe ihn nicht gesehen und mich tausend Mal bei ihm entschuldigt. Ich habe mit ihm gesprochen, als er am Boden lag, im Elfmeterschießen und in der Kabine."
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Aber auch bei den Hausherren wollte man nicht nur auf dem Aufreger beharren."Ich habe schon einige Stimmen gehört, dass Thiago nicht mehr hätte drauf sein dürfen. Ich habe es nicht gesehen, aber das müssen wir akzeptieren", sagte Bayer-Schlussmann Bernd Leno, den Thiago mit seinem entscheidenden Elfmeter verladen hatte. Nachdem ihm die Szene im TV vorgespielt wurde, gestand er: "Gut, man kann vielleicht Rot geben. Aber darüber kann man streiten."
Und Trainer Roger Schmidt zeigte sich als großer Verlierer: "Ich glaube, dass Thiago ein sehr feiner Fußballer ist und sicher auch ein sehr fairer Spieler. Ich unterstelle ihm da keine Absicht. Es war trotzdem ein grobes Foul. Ob es Gelb oder Rot war, mag ich nicht beurteilen."
Letzten Endes müssen die Bayern froh sein, dass der spätere Matchwinner nicht vom Platz flog - denn sonst hätte es nicht nur für Thiago kein happy end gegeben, auch der große Traum vom Triple wäre wohl schon jäh zerplatzt in der Leverkusener BayArena.