Thiago: Beim FC Bayern ein Jahrzehnt umstritten

Thiago steht vor einer Verlängerung seines Vertrages beim FC Bayern – bis 2023. Dann wäre er eine Dekade in München. Doch der Spanier polarisiert. Taugt er – oder taugt er nix? Eine Analyse der AZ.
von  Patrick Strasser
Der Spanier Thiago ist ein begnadeter Schönspieler, erst jetzt hat er auch den Kämpfer in sich entdeckt. Deswegen wollen die Bayern seinen Vertrag auch bis 2023 verlängern.
Der Spanier Thiago ist ein begnadeter Schönspieler, erst jetzt hat er auch den Kämpfer in sich entdeckt. Deswegen wollen die Bayern seinen Vertrag auch bis 2023 verlängern. © firo/Augenklick

München - Mit seiner schwangeren Frau Julia Vigas, Sohnemann Gabriel (wird im Mai drei Jahre alt) und einer 29 aus goldenen Luftballons feierte Thiago am Karsamstag sein 29. Wiegenfest. Dazu schrieb der Bayern-Profi: "Es gibt keine bessere Art, seinen Geburtstag zu feiern."

Höchstens noch mit einem Fußballspiel. Aber die sind ja momentan aufgrund der Corona-Pandemie gestrichen. Dabei dürften die Thiago bald noch etwas zu feiern haben. Nach Informationen der AZ steht der Spanier kurz vor einer Vertragsverlängerung, nur noch letzte, kleine Details sind zu klären.

Mit einer Bekanntmachung des neuen Vertrages bis 2023 ist in den nächsten Tagen zu rechnen. Damit setzt Bayern die Serie der 2023er-Deals fort – Woche für Woche einer. Erst Cheftrainer Hansi Flick, dann Vizekapitän Thomas Müller und nun Thiago.

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Bayern-Profi Thiago: Deshalb spaltet er Verehrer und Kritiker

Doch keiner der drei ist so umstritten wie der 2013 vom FC Barcelona auf Anraten (na ja, die Formulierung "Thiago oder nix!" war eher ein Befehl) des damaligen Coaches Pep Guardiola für 25 Millionen Ablöse an die Säbener Straße gewechselte Mittelfeldspieler.

Unterschreibt Thiago nun den neuen Kontrakt, könnte er eine Dekade in München bleiben. Ein Jahrzehnt umstritten! Aber hat er diese mit seinem lässigen, oft (zu) verspielten Stil – manche sagen mit seiner Kunst, manche nennen es brotlose Kunst – wirklich geprägt?

Der Vorwurf, dass der Spielmacher in den ganz großen Partien, in den europäischen Nächten, meist nahezu unsichtbar agierte, trennt die Verehrer von den scharfen Kritikern. Thiago spaltet.

Thiago: Sehnsucht Champions-League-Triumph

Im "Kicker" hieß es zuletzt: "Der Edeltechniker bestätigte sein Ausnahmekönnen nie konstant. 37 Länderspiele und nur zwei Tore sind für seine Klasse und sein Alter eine zu dünne Bilanz." Und weiter: "Auch das Münchner Spiel prägte er nie so nachhaltig und konsequent, wie es bei seinen Qualitäten zu erwarten wäre."

Genau daran entzündet sich seit Jahren ein Streit der Gelehrten, sprich der Experten, Journalisten und Fans: Taugt Thiago oder (taugt er) nix? Machen wir den Faktencheck. Wenn es nach Meinung des Fachmagazins mehr um dessen Ergebnisse und nicht um das Erlebnis des Thiago-Fußballs geht: Für Bayern bestritt er bis dato 227 Pflichtspiele, erzielte 31 Tore, lieferte 37 Vorlagen.

Das ist, rein statistisch, ein besserer Wert im Vergleich zu seinen Daten im Nationaldress. In seinen sechs Jahren in München wurde Thiago sechs Mal Meister, gewann drei Mal den DFB-Pokal. Eine Top-Quote. Der Henkelpott jedoch ist sein großes Ziel.

Nach dem Triumph im Jahr 2011 mit Barça (damals als 20-jähriger Ergänzungsspieler mit nur einem Einsatz) will er ihn endlich auch als Führungsspieler im Bayern-Trikot gewinnen. Mit den Bayern erreichte er vier Mal (drei Mal in Serie unter Guardiola von 2014 bis 2016) sowie 2018 (unter Jupp Heynckes) das Halbfinale – jedoch kein Endspiel.

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Mit neuem Spiel-Mix zu neuen Ufern?

In der Champions League kommt er auf 47 Spiele, acht Treffer, zwölf Assists. Sogar besser als im Gesamtvergleich, dennoch ausbaufähig. Dennoch wollen die Bayern, insbesondere Trainer Flick, an ihrem Spielmacher festhalten.

Thiago soll mit dem Sechser Joshua Kimmich einerseits das zentrale Bollwerk vor der Abwehrkette bilden, andererseits als Denker und Lenker für den Spielaufbau zuständig sein. Vor ihnen Freigeist Thomas Müller und/oder demnächst Supertalent Kai Havertz (20). Doch das Signal pro Thiago bedeutet auch, dass man den Leverkusener nicht zwingend in diesem Sommer verpflichtet, eher 2021 oder gar 2022.

Unter Flick hat Künstler Thiago auch den Arbeiter in sich entdeckt, grätscht und verteidigt leidenschaftlich. Dies und die Bilanz der bisher sehr guten Rückrunde (drei Liga-Tore, drei Assists) beseitigten klubinterne Zweifel an einer Weiterbeschäftigung.

Die laut "transfermarkt.de" 48 Millionen Euro Marktwert braucht Bayern nicht auf der Einnahmenseite der Transferbilanz. Sie brauchen den neuen Thiago-Mix: hohe Kunst gepaart mit harter Arbeit.

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