Talentfreie Zone

Der Fall Toni Kroos zeigt das Dilemma des FC Bayern auf: Erfolg und junge Spieler sind oft nur schwer vereinbar.
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Schützende Hand oder Kopfwäsche? Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann mit Toni Kroos, der an Leverkusen ausgeliehen wird.
firo/Augenklick Schützende Hand oder Kopfwäsche? Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann mit Toni Kroos, der an Leverkusen ausgeliehen wird.

Der Fall Toni Kroos zeigt das Dilemma des FC Bayern auf: Erfolg und junge Spieler sind oft nur schwer vereinbar.

MÜNCHEN Juwel haben sie ihn genannt, die Bosse des FC Bayern. Manager Uli Hoeneß wollte das Trikot mit der legendären Nummer 10 für ihn aufheben. Doch am Dienstag um 10 Uhr wird Toni Kroos ein ganz anderes Dress in die Kameras halten, jenes von Bayer Leverkusen. Für eineinhalb Jahre ist der 19-Jährige ausgeliehen. Viel Kritik gab es am Rekordmeister, dass es im Starensemble keinen Platz für eines der größten deutschen Talente gibt. Doch nun wehrt sich Hoeneß: „Jürgen Klinsmann hat nunmal diesen Erfolgsdruck. Wo, bitte, soll ein Toni Kroos spielen bei uns?“

Auf links? Da wirbeln vorne Franck Ribéry (25) und Zé Roberto (34). Oder auf rechts? Da trumpft derzeit Bastian Schweinsteiger (24) auf. Außerdem hat Trainer Klinsmann auch noch mit Hamit Altintop (26) einen türkischen Nationalspieler in der Hinterhand. Hermann Gerland, der beim Rekordmeister für die in der Dritten Liga spielende U23 zuständig ist und die Jungen an die Profimannschaft heranführen soll, wird bei der Nachfrage energisch. „Ja, wen würden Sie denn nicht aufstellen? Zé Roberto? Ribéry etwa? Oder Schweinsteiger? Also!“

Dennoch entsteht dieser Tage der Eindruck, dass es Talente beim FC Bayern eher selten ins A-Team schaffen. Kroos ist nicht das erste, das vom FC Bayern abgegeben wird: Paolo Guerrero, Piotr Trochowski und David Jarolim spielen beim HSV, Mats Hummels bei Dortmund, Thomas Hitzlsperger beim VfB Stuttgart...

Ist der FC Bayern, respektive die erste Mannschaft, eine talentfreie Zone? „Das ist keine halt Spielwiese für Talente. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Der Cheftrainer vom FC Bayern muss Titel holen, der ist nicht Ausbilder. Jürgen Klinsmann ist dazu verdammt zu gewinnen“, erklärt Gerland. „Was soll der Kroos da? Wenn er reingekommen wäre und hätte jeweils Topleistung gebracht... Aber so? Seine Konkurrenten sind ein 24-Jähriger mit 65 Länderspielen, ein brasilianischer Ex-Nationalspieler und einer der besten Spieler der Welt. Da muss er einen davon wegzuputzen! Aber das ist, auch wenn er geniale Sachen am Ball kann, nicht möglich.“

Spielen jedoch müsse Kroos unbedingt, um besser zu werden. „Da gibt es nur: Wechseln oder warten“, sagt Gerland, „und da er eben nicht mehr bei uns in der Dritten Liga spielen wollte, musste er gehen. Man hätte ja auch den Kampf aufnehmen können, sich sagen: Momentan bin ich noch dahinter, aber die anderen werden älter, denen zeig’ ich es! Ich beiße! Oder ich kann heimgehen...“ Oder eben weggehen.

Denn auch Gerland gibt zu: „Ich glaube, es ist in Deutschland bei keinem Verein schwieriger vom Nachwuchs in die Profimannschaft zu kommen, als bei Bayern.“ Dennoch – und da ist er sich mit Manager Uli Hoeneß einig, sei es doch so, dass es viele Spieler aus der eigenen Jugend beim Rekordmeister geschafft haben. „Schauen Sie das Hamburg-Spiel an“, sagt Hoeneß, „da standen Rensing, Lell, Lahm und Schweinsteiger in der ersten Elf.“ Wechsler oder Warter? Lell und Lahm waren wie Kroos zwischenzeitlich ausgeliehen, Rensing und Schweinsteiger haben sich durchgebissen.

Jochen Schlosser

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