Supercup-Niederlage: Die "Ja, aber"- Bayern

Wolfsburg - Eine Nacht mussten die Bayern noch bleiben an Ort und Stelle des Titelchen-Verderbers. Sie logierten direkt gegenüber vom Wolfsburger Hauptbahnhof mit Blick auf die VW-Werke. Am Sonntagvormittag war ein Auslauf-Training angesetzt, danach ging es via Braunschweig im Flieger zurück nach München.
Die erste Dienstreise der neuen Saison zu einem Pflichtspiel brachte drei Erkenntnisse. Erstens: Pep Guardiola hat eine Supercup-Allergie. Es war seine dritte Pleite im dritten Supercup-Finale nach Dortmund 2013 (2:4) und Dortmund 2014 (0:2). „Ein Titel ist ein Titel“, sagte er, „Bundesliga und Pokal und Champions League sind wichtiger. Schade.“ Zweitens: Die Bayern können nicht mehr Elfmeterschießen, verloren 5:6, weil Xabi Alonso versagte gegen Reservekeeper Koen Casteels. Gegen Dortmund im Pokal-Halbfinale verballerte man alle vier, war am (Hosen-)Boden der Tatsachen. Dann kam der Telekom-Cup gegen Gladbach: wieder nix, geschenkt! Auf der China-Reise scheiterte man vom Punkt gegen Guangzhou – höfliche Gäste, Schwamm drüber. Aber in den Bilanzen steht: vier Elferduelle, vier Mal dem Gegner gratuliert.
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Und drittens: Der VfL, der nach dem Pokalsieg im Mai den nächsten Titel einsackte, wird der große Konkurrent um alle nationalen Titel. Unterm Strich also: nichts Neues. Auch was so manchen Spielverlauf betrifft, haben die Bayern Altlasten nicht abgeschüttelt. „Wir haben es verpasst, den Deckel draufzumachen und wurden am Ende bestraft“, sagte Kapitän Philipp Lahm. Arjen Robben hatte das 1:0 (49.) erzielt. Die Konfettikanonen waren quasi schon auf die Bayern gerichtet, als Kevin De Bruyne mit einer Flanke aus dem Vollsprint auf Nicklas Bendtner zeigte, warum er Klubs wie ManCity abstruse Ablösesummen wert ist. Das 1:1 fiel spät (89.).
Was bleibt? Wieder mal nur Erkenntnisse und Lösungsansätze. „Wir waren die bessere Mannschaft, haben nur verpennt, das zweite Tor zu machen“, sagte Manuel Neuer, „leider haben wir in den letzten Minuten nicht aufgepasst.“ Jérôme Boateng kam im Laufduell nicht mehr an Bendtner ran, weil Medhi Benatia zu weit aufgerückt war. „Das darf nicht passieren. Daraus müssen wir lernen. Aber: Wir haben ein Elfmeterschießen verloren, nicht 1:4. Wir wurden ja nicht an die Wand gespielt, im Gegenteil.“
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All die Statements nach dem verlorenen ersten Titel der Saison klangen irgendwie nach „Ja, aber, ...“ Sie haben es tatsächlich nicht schlecht gemacht mit dem neuen Linksaußen-Wirbler Douglas Costa – aber, aber. Zu viele „Aber“.
Bei der Siegerehrung für die Wolfsburger, die diesen Titel mehr als andere Mannschaften zuvor feierten, waren sie längst in der Kabine verschwunden. „Ist okay“, sagte Wolfsburgs Geschäftsführer Klaus Allofs milde. Nicht noch draufhauen, die Bayern haben genug mit sich zu tun! Das Supercup-Vize-Triple wird mehr an ihnen nagen, als sie es zugeben. „Kopf hoch! Nächste Woche ist Pokal, dann beginnt die Bundesliga“, sagte Robert Lewandowski, „unsere Top-Form kommt noch.“ Abwarten.
„Wir haben Blut geleckt“, sagte Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking, der verkündete: „Wir sind die Mannschaft, die immer zurückschlagen kann.“ Oha. Und die Bayern weiterhin die Mannschaft, der die letzte Entschlossenheit fehlt, die Killer-Mentalität. „Wir wollen den Titel jetzt nicht klein reden. Aber wenn ich das Spiel sehe, dann sind die Bayern der große Favorit für die Meisterschaft“, betonte VfL-Manager Allofs. Taktische Spielchen? „Es wird interessant“, sagte Arjen Robben, der sich „über gute Konkurrenz freut“. Der vierte Titel hintereinander – er würde noch mehr bedeuten, wenn die Gegner möglichst hochwertig sind. Siehe Wolfsburg.
Und das Supercup-Vize-Triple? Wieder nicht gewonnen, fragte ein TV-Reporter Manuel Neuer. Der antwortete: „Wird Zeit jetzt, ne?“ Die Strategie zum neuen Anlauf 2016 steht: „Dann müssen wir halt wieder Meister werden.“
Guter Plan.