Streit beim FC Bayern: "In den besten Familien"
MÜNCHEN Am Freitag konnte Jupp Heynckes es nochmal schwarz auf weiß lesen: Der Coach steht beim FC Bayern ziemlich alleine da mit seiner Kritik an Sportvorstand Matthias Sammer („Populismus, den können wir nicht gebrauchen”). Im Stadionmagazin zum Spiel gegen Hoffenheim am Samstag (15.30 Uhr, Sky und Liga total live) schrieb Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge: „Nach einem Sieg Kritik zu üben, ist genau der richtige Weg”, Sammer habe mit seiner Kritik „den Kern” getroffen.
Nun wollten die Bayern den Konflikt unter den Alphatieren ja eigentlich vergessen und zu den Akten legen, am Mittwoch hatten Sammer und Heynckes den Streit offiziell beigelegt. Doch das Magazin war nunmal schon am Dienstag in Druck gegangen, und so schnell werden sie das leidige Thema wohl ohnehin nicht mehr los. Zumal die Verantwortlichen wissen, dass es bald schon wieder krachen könnte zwischen Trainer und Sportvorstand – und das eigentlich sogar gut finden.
„Nur durch Reibung gibt es gute Leistungen, wenn alles einschläft, werden wir nichts gewinnen. Haben Sie schon einmal eine perfekte Ehe ohne Reibereien erlebt?”, hatte Präsident Uli Hoeneß bereits Dienstagabend der AZ gesagt.
Am Freitag dann wählte auch Heynckes einen Familienvergleich. „Das war nicht alltäglich nach den leichten Unstimmigkeiten, die da waren. Aber das kommt in den besten Familien vor, es ist alles beseitigt”, sagte Heynckes – und wiederholte den Spruch mit den besten Familien später nochmal.
Tatsächlich benimmt sich der FC Bayern gerne als Familie, die sich gerne kabbelt und fetzt, sich die Probleme am liebsten selbst schafft – und ebenso gern wieder versöhnt. Und der FC Bayern ist sogar eine sehr große Familie.
Uli Hoeneß, Übermutter und Patriarch: Das ist in dieser Familie kein Widerspruch. Ohne ihn geht nichts beim FC Bayern. Seine Entscheidungen kommen oft aus dem Bauch heraus. Er ist unbequem, schnell gereizt, explodiert auch mal. Aber er Liebe alle. Ausnahmslos. So sehr, wie nur eine Mutter ihre Kinder lieben kann.
Rummenigge, der Vater: Formal als Vorstandsboss der Herr im Haus, sieht er sich mittlerweile vor allem als Moderator. Die Stimme der Vernunft. Vermittelte nun auch zwischen Heynckes und Sammer.
Heynckes, Bruder der Übermutter: Machte zwischenzeitlich Karriere im Ausland, kehrte aber auf Wunsch des Patriarchen vor der Pensionierung wieder zurück. Kennt „das ganze Gebilde” der Familie, betont das Sammer gegenüber gerne.
Sammer, der neue Schwager: Hat erst seit kurzem auf Wunsch der Übermutter in die Familie eingeheiratet. Soll für frischen Wind sorgen, benimmt sich so ungestüm wie erwartet. Hoeneß erinnert er an den jungen Hoeneß.
Scholl, Kahn, Effenberg: Die flügge gewordenen Kinder: Sitzen nicht mehr immer am Familientisch dabei, haben aber immer eine Meinung – was vor allem Experten-Kritiker Rummenigge mit Argwohn beobachtet.
Lahm, Schweinsteiger und Co, die Enkelbande: Bereiten den Älteren derzeit wenig Sorgen, stehen kurz vor dem Bundesliga-Startrekord. Hören meist gut zu, wenn Heynckes mit ihnen spricht, müssen aber manchmal aufgerüttelt werden – vom Schwager.