Stefan Kuntz im AZ-Interview über Bayern-Gegern Besiktas Istanbul

Für den FC Bayern geht es gegen die Besiktas Istanbul. Dort hat Stefan Kuntz einst gespielt. "Sie profitieren extremst von der Stimmung", sagt der 55-Jährige Trainer der U21-Nationalmannschaft im AZ-Interview.
von  Julian Buhl
"Diese Ergebnisse sprechen für sich", sagt U-21-Nationaltrainer und Ex-Besiktas-Spieler Stefan Kuntz über die Irsanbuler um Talisca (r.), die Leipzig mit Keita in der Champions League zwei Mal besiegen konnten
"Diese Ergebnisse sprechen für sich", sagt U-21-Nationaltrainer und Ex-Besiktas-Spieler Stefan Kuntz über die Irsanbuler um Talisca (r.), die Leipzig mit Keita in der Champions League zwei Mal besiegen konnten © dpa

München - AZ-Interview mit Stefan Kuntz. Der 55-Jährige ist der Trainer der U21-Nationalmannschaft, die er 2017 zum EM-Titel geführt hat. Als Spieler war er selber 1996 Europameister, 1995/96 spielte er bei Besiktas Istanbul, dem Gegner des FC Bayern in der Champions League.

AZ: Herr Kuntz, Bayern hat Besiktas Istanbul als Achtelfinalgegner in der Champions League gezogen. Wie beurteilen Sie dieses Los?
STEFAN KUNTZ: Ich bin da natürlich ganz wertfrei, weil ich bei Besiktas gespielt habe (1995/96, d. Red.). Besiktas ist der Verein, der sich im Vergleich mit den anderen großen türkischen Klubs, in den letzten Jahren sehr seriös und gleichmäßig weiterentwickelt hat. Mit dem neuen Stadion, in dem sie seit April 2016 spielen, halten sie jetzt noch eine neue Trumpfkarte in der Hinterhand. Besiktas profitiert extremst von dieser speziellen Stimmung in diesem Stadion – das ist einfach nur eine Sensation. Die Begeisterungsfähigkeit der türkischen Zuschauer trägt einen schon unwahrscheinlich.

Besiktas ist also kein Glückslos für die Bayern? Es wären zum Beispiel auch Duelle mit dem FC Barcelona oder Manchester City möglich gewesen.
Im Vergleich zu den genannten Mannschaften ist Besiktas schon ein vermeintlich leichteres Los. Aber bei den Türken ist ein Schuss mehr Unberechenbarkeit mit drin. Aufgrund der Emotionen können sie ihre Leistung möglicherweise extrem nach oben steigern.

Und das Achtelfinale zu einem Duell auf Augenhöhe machen?
Diese Unterstützung und das Enthusiastische kann natürlich auch ein Druck sein, wenn Bayern zum Beispiel sehr stabil ins Spiel kommt und gleich die ersten Reizpunkte setzen kann. Bayern bleibt für mich schon der Favorit.

Umgekehrt gefragt: Zum ersten Mal überhaupt wird ein türkischer Verein in der Champions League Gruppenerster – und dann erwischt man die Bayern. War das Lospech?
Das würde ich nicht unbedingt sagen. Ich glaube, dass sie sich vom Selbstvertrauen her durchaus Chancen ausrechnen. Und letztendlich wollen sie ja den Vergleich mit den besten Mannschaften Europas. Und da gehört Bayern nun mal dazu.

Was kommt sportlich mit Besiktas auf die Münchner zu?
In der türkischen Liga ist die Ausgeglichenheit nicht so vorhanden wie zum Beispiel in der Bundesliga. So kann sich Besiktas mehr auf die Champions League und solche Highlights wie jetzt das Achtelfinale gegen Bayern konzentrieren. Das wirkt sich zum Beispiel auch bei der körperlichen Frische aus, die Spieler können dafür besser geschont werden. Besiktas hat eine sehr gute Mischung in der Mannschaft und definitiv einen zwölften Mann mit dem Publikum im Rücken.

Leipzig verlor beide Duelle mit Besiktas in der Vorrunde: 0:2 in Istanbul, 1:2 daheim.
Diese Ergebnisse sprechen für sich, auch wenn es jetzt die ersten Schritte von Leipzig auf internationalem Parkett waren.

Sie haben bei Besiktas gespielt. Können Sie beschreiben, was das Besondere an der Stimmung dort ist?
Das geht schon damit los, dass jeder türkische Spieler schon vor dem Anpfiff vor die Fankurve gerufen wird und dort dementsprechend gefeiert wird. Da wird jeder gewonnene Zweikampf und jeder Torschuss bejubelt. Die Fans sind unglaublich Fußball-begeistert. Vor allem die Spieler, die mit vollem Einsatz spielen und alles geben, versuchen die Fans zum Sieg zu tragen. Die türkischen Anhänger sind noch mal ein Stück leidenschaftlicher und emotionaler als die deutschen. Die Höhepunkte waren damals die Derbys gegen Trabzonspor, Fenerbahce und Galatasaray.

Haben Sie Bedenken, wenn Sie an das Spiel in Istanbul denken, was das Thema Sicherheit angeht?
Es gibt ja immer die beiden Aussagen: Der Sport soll sich nicht in die Politik einmischen. Andererseits kann er auch verbindend wirken. Insgesamt sorgt die Entwicklung in der Türkei aber auch bei mir schon für ein paar Sorgenfalten.

Lesen Sie hier: Die "Schwarzen Adler" - Das ist Besiktas Istanbul

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