Sprachschule FC Bayern: Tore aus dem Hörsaal
Unter dem neuen Coach Jürgen Klinsmanns treffen sich die Bayern im neuen Auditorium – mit fünf Simultan- Dolmetschern. Damit künftig alle einander verstehen – und die Sprache des Erfolgs sprechen
MÜNCHEN Gegessen wird zusammen. Ist doch völlig klar in der neuen Bayern-Familie. Seeteufel mit Reis und Gemüse, hinterher Obst. Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge spazierte mittags hinüber in die neuen Aufenthaltsräume der Profis, aß mit den Spielern und dem gesamten Trainerstab.
Ein Gericht, ein Sprachengewirr? Man arrangiert sich. man versteht sich – künftig nahezu jedes Wort. „Die Grundsprache im Training ist Deutsch“, sagte Bayerns neuer Trainer Jürgen Klinsmann „ich spreche aber auch auf dem Platz mal Spanisch mit einem, die Spieler genießen das. Bei uns geht es multisprachlich zu.“
Was einst ein Durcheinander und eine Verständigung über Zeichen und Witzchen war, soll bald zur sinnvollen Kommunikation werden. Dank der Sprachschule Säbener Straße. Aktuell für Spieler wie Trainer und Betreuer im Angebot: Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch – und natürlich Deutsch. Koordiniert wird alles von Philipp Laux, dem neu angestellten Fortbildungsminister. „Ich mache Spanisch und Portugiesisch“, erzählte Klinsmann, „einige Spieler sind echt neugierig und haben sich bereits eine Sprache herausgesucht. Meine Assistenten Vasquez und Theslof haben schon in Los Angeles ein halbes Jahr lang Deutsch-Unterricht bekommen und machen nun weiter.“
Damit künftig alle einander verstehen – und die Sprache des Erfolgs sprechen. Das Klinsmann-Credo: Mens sana in corpore sano, ein gesunder Geist in einem gesunden Körper. Dafür haben sie kräftig investiert bei Bayern: in Personal wie die Sprachlehrer. Und in das Equipment. Seit dieser Woche ist ein Auditorium in der Größe eines kleinen Kinos vorhanden, Klinsmann nennt es einen „Hörsaal“, ausgestattet mit fünf Simultan-Übersetzungskabinen, die hinter einer Leinwand versteckt sind. Gastredner aus der Wirtschaft oder Trainer aus aller Welt sollen eingeladen werden.
Ist die Anreise zu weit, „können wir die Redner auch über eine Live-Schalte reinbeamen“, so Klinsmann. Die Spieler bekommen einen drahtlosen Kopfhörer, alle fünf Sprachen sind einstellbar.
„Wir können jede Besprechung in allen Sprachen abhalten, diese Simultan-Übersetzer haben ein unglaubliches Niveau“, sagt Klinsmann und erklärt: „Sie sind auf Abruf – wenn ich sage: Wir machen morgen eine Mannschaftssitzung, sind sie da. Egal wer spricht, auch wenn der Uli mal sprechen will.“ Die neuen multilingualen Bayern – Taktik gibt’s ab sofort im Hörsal.
Freilich nicht unmittelbar vor den Spielen, aber „zwischendurch oder einen Tag vor dem Spiel“ (Klinsmann). Sein Motiv: „Das Gute ist, jeder Spieler bekommt alles zu 100 Prozent mit. Es gibt Trainer, die darunter leiden, weil die Spieler ihn nicht verstehen. Da geht die Hälfte der Inhalte, der taktischen Vorgaben, verloren. Wenn das auf der Strecke bleibt, ist viel kaputt gemacht.“ Und damit jeder konzentriert ist, sind Handys während des Acht-Stunden-Tages nicht gerne gesehen, der Gebrauch soll drastisch reduziert werden.
Ob’s hilft? Jedenfalls sind es die sprachgewandtesten Bayern aller Zeiten. Klinsmann gab zu: „Der Uli hat Recht, wenn er sagt: Das alles schießt keine Tore.“ AZ-Service für alle Profis: Hoeneß meint: That does not score a goal. Pas de but, niente rete, no gol, no golo.
P. Strasser