Sportler des Jahres: "Das geht noch besser, Basti!"

Hier spricht Bayernstar Bastian Schweinsteiger über sein Verhältnis zu den Fans. Er erklärt, warum er München lieber als jede andere Stadt mag – und verrät, womit er sich nach Erfolgen selbst belohnt.
von  Abendzeitung
Die AZ-Leser haben Bastian Schweinsteiger zum Sportler des Jahres gewählt
Die AZ-Leser haben Bastian Schweinsteiger zum Sportler des Jahres gewählt © dpa

MÜNCHEN - Hier spricht Bayernstar Bastian Schweinsteiger über sein Verhältnis zu den Fans. Er erklärt, warum er München lieber als jede andere Stadt mag – und verrät, womit er sich nach Erfolgen selbst belohnt.

AZ: Herr Schweinsteiger, die AZ-Leser haben bei der Wahl zum Münchner Sportler des Jahres auch honoriert, dass Sie nach Ihren guten Leistungen in 2010 Ihren Vertrag verlängert haben. Uli Hoeneß hat Sie ja bei der Jahreshauptversammlung fast angefleht. Hat auch diese öffentliche Wertschätzung den Ausschlag gegeben?

]BASTIAN SCHWEINSTEIGER: Sicher war es von Uli Hoeneß eine nette Geste, aber es hatte keinen Einfluss auf meine Vertragssituation. Es war mir fast schon peinlich, als die Leute aufgestanden sind und mir applaudiert haben. Das hat mich schon berührt. Im Jahr zuvor war's ja ganz anders.

Da wurden Sie ausgepfiffen von den Bayern-Mitgliedern!

Ich weiß das also einzuschätzen. Das tat damals sehr weh. Da haben mich die Pfiffe angestachelt, es besser zu machen.

Sie schöpfen Kraft aus Negativ-Erlebnissen?

Immer, das ist auch ein Charakterzug: Ich hole mir die Motivation auch durch Niederlagen. Wie gegen Spanien im WM-Halbfinale oder gegen Inter Mailand im Finale der Champions League.

Allzu viele Negativ-Erlebnisse hatten Sie ja nicht in 2010. Berührt einen das als Profi noch, wie die Stimmung ist?

Ich wohne ja sehr zentral in der City. Und wenn man dann durch die Stadt läuft, gibt es schon mal einen kleinen Seitenhieb. Aber insgesamt ist es in München sehr angenehm, deswegen liebe ich die Stadt ja auch so. Die Leute lassen einen ruhig durch die Stadt gehen, das ist kein Problem für mich. Natürlich wirst Du beobachtet, einer macht ein Foto, einer will ein Autogramm. Aber es gibt keinen Belagerungszustand vor meiner Wohnung. In anderen Städten ist das schlimmer, da wird man verfolgt, da gehen die Leute dir hinterher. In München ist es immer relaxed.

Sie haben nach dem letzten Spiel im Dezember Ihre Vertragsverlängerung über Stadionmikro bekannt gegeben. Warum der große Auftritt?

Ich wollte es gern erst den Fans sagen, bevor der Verein es publiziert. Denn die Leute kommen auch im November und Dezember ins Stadion, obwohl es kalt ist oder wir in der Champions League längst durch sind. Ich habe noch Zeiten erlebt im Olympiastadion, da waren 20.000 da; jetzt ist das Stadion immer voll, das finde ich bemerkenswert. Ich wollte den Fans etwas zurückgeben.

Das Licht ging aus, Sie standen alleine am Mikrophon, vor 70.000 Fans. Wie war das?

Ein sehr spezieller Moment. Ich wusste auch nicht genau, wie ich es sagen sollte, ich hatte da ja nichts auswendig gelernt. Dann habe ich so begonnen: „Ich spiele jetzt seit zehn Jahren hier..." Hinterher haben mir Freunde gesagt, sie dachten, jetzt kommt: „Zehn Jahre reichen, ich verlasse Bayern." Naja, kam ja anders. Das war ein wunderschöner Moment, es den Leuten persönlich mitzuteilen. Und zu sehen, wie sich die Fans Freude.

Sie sind sehr beliebt, nicht nur bei Bayern-Fans. Haben Sie dafür eine Erklärung?

Vielleicht weil ich doch eigentlich relativ normal bin. Sicher, ich habe auch meine Ecken und Kanten, habe auch meine Fehler gemacht, speziell in der Jugend. Aber ich habe mich nie unterkriegen lassen und immer versucht, meinen Weg weiterzugehen. Und es gibt ja lustige Geschichten von mir, über die ich selbst lachen kann. Das merken die Leute. Vielleicht finden sie es sympathisch, dass man nicht immer so glatt ist, nicht immer so perfekt. Dass die Leute sagen, der Basti hat auch Mist gemacht, also früher, jetzt ja weniger (lacht) – vielleicht gefällt den Leuten das. Weil sie wissen, dass ich trotzdem auf einem ganz guten Weg bin.

Wer war Ihr Vorbild?

Natürlich Zidane, das sagen ja viele. Aber ich fand Eric Cantona auch immer sehr cool. Weil er ein Typ war. Natürlich hat er den einen oder anderen Fehler gemacht - aber er stand dazu. Das hat mir gefallen.

Heutzutage trifft man solche Charaktere kaum noch.

Heutzutage kann man sich weniger erlauben. Ich sage den jungen Spielern immer wieder: Ihr müsst eurem Charakter treu bleiben, euer Typ bleiben, euch nicht komplett verstellen. Wenn ein Fehler passiert, passiert er. Ich nehme heute Sachen, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden, viel lockerer. Weil ich weiß, was ich kann, was ich erreicht habe, was die Mannschaft von mir hält.

Was motiviert Sie?

Der Eigenantrieb. Ich versuche immer den Willen zu haben, es bei jedem Spiel aufs Neue gut zu machen. Im letzten Jahr ist es mir ganz gut gelungen, aber das Schöne ist: Ich weiß, ich kann noch besser werden. Ich spüre das in meinem Körper. Und sage mir oft: „Das geht noch besser, Basti!“

Womit kann man Sie belohnen, wenn Sie was erreicht haben, wie belohnen Sie sich selber?

Wenn etwas gut gelaufen ist, gönne ich mir etwas, das unsere Fitnesstrainer nicht auf dem Programm haben: Mal Kaiserschmarrn, einen Germknödel. Oder ein Crêpes. Es gibt einen Laden in der City, da fahr ich mit dem Fahrrad hin und hol mir still und heimlich einen Crêpes. Oder ich setze mich, wenn schönes Wetter ist, mit einem Kaffee auf eine Bank im Gärtnerplatzviertel. Das ist traumhaft. Viel mehr brauche ich nicht.

Interview: Gunnar Jans

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