Spiel mit dem Feuer
Bayern will den impulsiven Kapitän van Bommel im Winter durch Hoffenheims Luiz Gustavo ersetzen. Ex-Leader Effenberg warnt: „Mark setzt Zeichen, das braucht die Mannschaft.“
MÜNCHEN Sein Spitzname ist „Der Deutsche“. Die Rede ist nicht von Mark van Bommel, dem Bayern-Kapitän, einem Holländer durch und durch. Nein, es geht um einen Herrn namens Luiz Gustavo, geboren in
Pindamonhangaba, im Bundesstaat São Paulo, Brasilien. Der Linksfuß ist das Herzstück des Mittelfeldes der TSG Hoffenheim – wahrscheinlich längste Zeit gewesen.
Der FC Bayern hat Kontakt aufgenommen, nach AZ-Informationen ist ein Transfer zum 1. Januar längst beschlossene Sache. Hoffenheims Trainer Ralf Rangnick soll vor vollendete Tatsachen gestellt worden sein, die Freunde Dietmar Hopp, der TSG-Mäzen, und Bayerns Präsident Uli Hoeneß haben den Deal für eine Ablösesumme von rund 15 Millionen Euro eingefädelt. Luiz Gustavo (23), ein stets pünktlicher Arbeiter, will tatsächlich Deutscher werden, der Brasilianer in ihm brach noch einmal durch, als er intern gedroht habe, seinen Weihnachtsurlaub in der Heimat eigenmächtig zu verlängern, sollte er nicht zu den Bayern dürfen. Ein weiteres Indiz: Hoffenheim hat vor wenigen Tagen Luiz Gustavos Landsmann Roberto Firmino für vier Millionen Euro verpflichtet.
Parallel dazu wurde der Vorstoß des VfL Wolfsburg in Sachen Mark van Bommel bekannt. Dort bietet man dem 33-Jährigen offenbar bei sofortigem Wechsel im Januar ein Engagement bis 2012. Danach beginnt die EM in Polen und der Ukraine. „Wir sind bei der WM in Südafrika Zweiter geworden, nun wollen wir den EM-Titel“, sagte van Bommel, „dafür muss ich bis 2012 bei einem Verein auf höchstem Niveau spielen.“
Anders als in den Fällen Lahm und Schweinsteiger, deren vorherige Arbeitspapiere bis 2012 gültig waren, ist van Bommel nur noch etwas mehr als sechs Monate bei Bayern angestellt. Da tickt die Zeit, die Zukunftsplanung immer im Hinterkopf: ein sicherer Job in Wolfsburg oder die (vage) Hoffnung auf einen neuen Einjahresvertrag in München?
Die Vereinsführung hat Gespräche bis auf weiteres ins neue Jahr verschoben. Man sieht keine Dringlichkeit, offenbar hat auch Trainer Louis van Gaal keinen Druck ausgeübt. Das Verhältnis der beiden war schon mal besser. In der Mannschaft ist van Bommel sehr beliebt. „Mark ist ein sehr guter Kapitän, er ist ein fröhlicher, umgänglicher Mensch“, sagt Mario Gomez, „er kümmert sich einfach um alles – das ist sein Wesen.“
In der Tat. Van Bommel spricht viel, hilft, organisiert – seine eine Seite. Auf dem Platz zeigt er den anderen van Bommel. Manchmal eine Spur zu rustikal, sein letzter Platzverweis datiert jedoch vom August 2008. Er hat sich besser im Griff, seine Stärken, deretwegen ihn Ottmar Hitzfeld einst „Aggressiv-Leader“ taufte, will er jedoch nicht ganz unterdrücken. Als er verletzt war, fehlte der Elf diese Komponente: das Rustikale, das Einschüchternde, das Feuer, die Prise Effenberg auf dem Platz. „Mark van Bommel ist der Leader, er ist Kapitän, Wortführer, setzt Zeichen auf dem Platz – das braucht eine Mannschaft“, sagt Stefan Effenberg, selbst Erfinder des Drohgebärden-Tacklings. Es ist ein Spiel mit dem Feuer – sollten die Bayern ihren Kapitän für angeblich rund fünf Millionen Euro im Januar ziehen lassen.
Die Alternative Luiz Gustavo spielt nicht gerade körperlos. Seine Bilanz: einmal Rot, drei Mal Gelb-Rot in 71 Bundesliga-Einsätzen. Doch die Bayern haben sich versichert: Der Mann ist ruhiger geworden.
Patrick Strasser