Sorgen im Außendienst
Weil die Rechtsverteidiger Lell und Görlitz den Ansprüchen von Trainer van Gaal nicht genügen, buhlt Manager Hoeneß um Chelseas Portugiesen Jose Bosingwa: „Wir holen ihn oder keinen“
MÜNCHEN Improvisieren ist eine Kunst. Doch wo improvisiert werden muss, läuft es nicht rund. Es besteht eine Not – schön für den, der sie zur Tugend machen kann. Louis van Gaal bleibt ja nichts anderes übrig dieser Tage. Bei all den Verletzten wie Demichelis, van Bommel, Toni sowie Ribéry und Klose – wenigstens die letzten beiden sollen am Samstag beim Premieren-Heimspiel der Saison gegen Werder Bremen wieder zum Kader gehören.
Doch es zwickt auch auf Positionen, auf denen keine Verletzungssorgen bestehen. Vor allem auf den Außen der Viererabwehrkette. Da muss van Gaal improvisieren. Nicht, weil Philipp Lahm von der linken auf die rechte Seite gewechselt ist – das war der Wunsch des Spielers, eine Gefühlssache wie Lahm sagt. Seine Komfortzone liegt also rechts, Alternativen zum Nationalspieler gibt es allerdings nicht. Rückkehrer Andreas Görlitz (27), der zwei Jahre an den Karlsruher SC ausgeliehen war, ist vom Trainer zuletzt nicht mehr im 18er-Kader berücksichtigt worden, musste letzten Sonntag in der Drittliga-Mannschaft von Coach Mehmet Scholl ran. Beim 0:6 in Jena ging er ebenfalls unter. Sein Rivale um die Stellvertreter-Rolle, Christian Lell (24), hat sich selbst um eine gute Position gebracht. Erst unterbrach eine Nagelbettentzündung seine Vorbereitung, dann kassierte er bei eben jenem Debakel der zweiten Mannschaft in Jena wegen eines groben Fouls eine Rote Karte. Die Sperre gilt für alle Meisterschaftsspiele des FC Bayern.
Und auch links herrschen Sorgen im Außendienst. Van Gaal hatte den Holländer Edson Braafheid (26) verpflichtet, es war sein Wunschkandidat. Doch nach sechs Wochen Training und den ersten Härtetests musste van Gaal feststellen, dass Braafheid dem Tempo und den Anforderungen der Bundesliga noch nicht gewachsen ist. So zog der Coach die Notbremse und verschob den schnelleren und technisch reiferen Daniel Pranjic auf die linke Abwehrseite, eine Ideallösung ist das allerdings auch nicht.
Daher sucht Bayern weiter. Und hat speziell einen Kandidaten im Auge: Jose Bosingwa (26), Rechtsverteidiger vom FC Chelsea. Der Portugiese soll etwa 15 Millionen Euro Ablöse kosten. „Wir haben weiterhin Interesse an ihm. Denn wir brauchen noch einen starken, gelernten Abwehrspieler“, sagte Hoeneß in „Bild“. Das gelte erst recht, wenn Franck Ribéry ins Team zurückkehre und das Bayern-Spiel noch offensiver werde. Einen Plan B gibt es laut Hoeneß nicht: „Es geht nur um Bosingwa. Wir holen ihn oder keinen.“ Bosingwa war erst im Vorjahr vom FC Porto nach England gewechselt, fühlt sich dort aber offenbar nicht wohl.
Mit Chelsea hat der FC Bayern vereinbart, dass sich Chelsea nach dem englischen Supercup-Finale am vergangenen Sonntag melde. Und nun? Hoeneß: „Wir warten auf ein Signal aus London.“ Bosingwa ist ein schneller Außenverteidiger, mit gutem Stellungsspiel und präzisen Pässen und Flanken – somit er füllt er genau das Anforderungsprofil des Trainers. Van Gaal sagt über einen möglichen Transfer nur: „Wir beobachten immer den Transfermarkt, weltweit. Wenn sich etwas ergeben sollte, werden wir aktiv.“
Sollte es bis 31. August klappen mit Bosingwa, dürfte mindestens einer des Duos Lell/Görlitz sich einen neuen Verein suchen. Und Lahm? Der müsste wieder auf links. Da hat er schon oft Improvisationstalent bewiesen.
ps