"Sollen wir immer 10:0 gewinnen?"
Die DFB-Elf und Bayer Gomez werden in der Pfalz ausgepfiffen. Schweinsteiger mosert.
KAISERSLAUTERN Die Auswechslung war schon taktischer Natur. Joachim Löw wusste, dass er sich den Zorn der Pfälzer unter den knapp 48000 Zuschauern zuziehen würde, sollte er Volksheld Miro Klose auswechseln. Also nahm der Bundestrainer nach 65 Minuten Lukas Podolski runter, als er Mario Gomez, dank seiner atemberaubenden Torquote beim FC Bayern (19 in der Liga, 30 in allen Pflichtspielen) auf dem Weg zu einem heißen Kandidaten für den Fußballer des Jahres, ins Spiel brachte.
Gomez wurde mit Pfiffen begrüßt. Die anderen Bayern-Profis, mal abgesehen vom Herzenspfälzer Klose, wurden freundlich beklatscht, dabei sind Rekordmeister-Kicker in Kaiserslautern so beliebt wie Pollen unter Allergikern. Doch Gomez hat seit seiner unglücklichen EM 2008 keine Lobby, wenn er das DFB-Dress überzieht, einen Lauf eh nicht.
Und so mischten sich in Halbzeit zwei der Partie gegen die Kasachen die Gomez-Pfiffe mit dem wachsenden Unmut über Lethargie, welche die DFB-Elf beschlich. Dabei war die Nationalelf gar nicht als Partner der „Earth Hour”, der Stunde der weltweiten Energie-Einsparung am Samstagabend, vorgesehen. Nach dem 4:0 ärgerten sich die Profis über die Wut ihrer Fans. „Es ist nie schön, Pfiffe gegen sich zu bekommen, wenn man zu Hause spielt”, meinte Torhüter Manuel Neuer, während Thomas Müller erklärte: „Es war doch zu erwarten, dass es für die Zuschauer kein Rauf und Runter gibt. Die Kasachen standen sehr tief hinten drin. Wir mussten viel quer spielen und hinten rum – das ist für alle Beteiligten nicht immer ganz angenehm.” Es klang vernünftig, als Müller abwog: „Ich weiß nicht, ob das bei einem 3:0 nötig ist, aber man kann’s den Zuschauern auch nicht verübeln.” Auch Miro Klose hatte Verständnis: „Die Zuschauer reagieren eben, wenn wir nicht so gut und temporeich spielen.” Vielleicht lag es an den Ankündigungen vor der Partie, etwa von Löw, der nicht nur „einen klaren Sieg” versprochen hatte, sondern „eine Elf, die wie bei der EM Spielwitz und Tempo zeigt”. Ansätze waren da, mehr nicht.
Bastian Schweinsteiger war ziemlich angefressen angesichts der Pfiffe, wohl auch, weil es seinen Kumpel Mario Gomez getroffen hatte. „Wir haben unsere Pflicht erfüllt. 4:0 gewonnen, sind acht Punkte vorm Zweiten in der Tabelle – besser geht’s nicht.” So viel zu den Fakten. „Die Kasachen stehen mit zehn, elf Spielern vor ihrem Tor. Dann muss es auch mal erlaubt sein, etwas auszuprobieren, Risiko-Pässe zu spielen.”
Auch bei ihm ging einiges daneben, was den Zuschauern missfiel. „Das kann ich nicht verstehen. Es war eine komische Stimmung hier: Wir gewinnen 4:0, sind Erster, dass man dann ausgepfiffen wird, ist nicht in jedem Land der Fall. Was erwarten die Leute? Sollen wir immer 10:0 gewinnen? Sollen sie mal gegen solche zwei Abwehrreihen spielen.” Zahlt Schweinsteiger dafür dann Eintrittsgeld?