So spielte der FC Bayern gegen Carl Zeiss Jena
Jena - Bayern-Coach Carlo Ancelotti erlebte diesmal keine böse Überraschung in Thüringen. 1980 hatte er als junger Stürmer des AS Rom in Jena im Europapokal der Pokalsieger 0:4 verloren.
Bernd „Schnix“ Schneider, der Ex-Nationalspieler und Carl-Zeiss-Jena-Profi, hatte eine Sensation vorab für nahezu unmöglich gehalten: „Im letzten Jahr musste hier zwar der HSV dran glauben. Aber wenn alles normal läuft, gewinnen die Bayern neun von zehn Spielen. Dafür sind die Bayern zu groß, zu mächtig und zu dominant.“ Der Mann kennt sich halt aus.
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Es war in der Tat eine ziemlich vorhersehbare Vorstellung, die vor 19.000 Zuschauern im Ernst-Abbe-Sportfeld gegeben wurde. In jenem Stadion, in dem der Tscheche Jan Zelezny am 25. Mai 1996 den Speer auf 98,48 Meter geschleudert hatte – so weit wie noch nie jemand vor oder nach ihm. Weltrekordverdächtig war diese Pokal-Partie nun nicht gerade – zu groß war der Leistungsunterschied. Hier Champions League, dort Regionalliga Nordost, und so deutlich wie es klingt, so deutlich war es auch.
175 Sekunden auf Augenhöhe
Der mit vier Siegen und 8:0 Toren in die Saison gestartete FC Carl Zeiss Jena hielt rein ergebnismäßig 175 Sekunden lang mit. Dann nahm Robert Lewandowski die erste freundliche Einladung der Gastgeber an und traf nach kurzem Flipperspiel mit einem Jena-Verteidiger aus kurzer Distanz zum 1:0. So weit, so mäßig überraschend.
Mehr Erstaunen hatte da schon die Aufstellung von Gäste-Coach Carlo Ancelotti hervorgerufen: Weltmeister Mats Hummels fehlte in der Start-Elf und nahm entspannt auf der Ersatzbank Platz, wo er das einzig bekannte Gesicht weit und breit war. Die Verletzungsmisere der Bayern spülte jede Menge Nachwuchskicker aus der zweiten Mannschaft in den Kader des Bundesligisten.
Doch wahrscheinlich hätte an diesem Abend auch Hermann „Tiger“ Gerland nochmal in der Bayern-Defensive auflaufen können, ohne dass Keeper Manuel Neuer auch nur einmal nervös gezuckt hätte. In Minute 51 kam Hummels dann doch noch ins Spiel, für den Kollegen Javi Martinez.
Bayern agieren druckvoll
Das Spiel fand bis dahin weitestgehend in der Hälfte des dreimaligen DDR-Meisters statt. Die Bayern kontrollierten die Partie nach dem frühen Führungstreffer intelligent, machten weiter Druck und schnürten die Thüringer in ihrer Hälfte ein. Jenas Keeper Raphael Koczor rückte immer mehr in den Mittelpunkt, parierte großartig gegen Thomas Müller (13.), Frank Ribéry (20.) und Lewandowski, der es in der 31. Minute aus spitzem Winkel versuchte hatte.
Drei Minuten später bewiesen die Hausherren dann wieder ihre Gastfreundschaft: Nach einem Ribéry-Pass und der sehr zuvorkommenden Assistenz eines hilfsbreiten Jena-Verteidigers durfte Lewandowski seinen zweiten Treffer erzielen, und auch in Minute 43 hinderte ihn niemand daran, aus 16 Metern locker ins linke Eck abzuziehen, zum 3:0. Gesagt hat er es zwar nicht, aber gedacht wird es sich wohl haben: Vielen Dank auch für diesen überaus angenehmen Hattrick!
In Durchgang zwei wollten sich die Bayern dann nicht undankbar zeigen und ließen den Regionalligisten ein bisschen mitspielen. In der 48. Minute griff sogar Manuel Neuer ins Spiel ein: Er fing einen Ball, der in seine Richtung geflogen kam. Und Lewandowski? Bekam mit Julian Green (für Ribéry) einen neuen Nebenmann und legte in Minute 72 Arturo Vidal sehr uneigennützig das 4:0 auf. Mats Hummels raffte sich auch noch zu einem Kopfballtreffer auf (78.), und dann war die Nachhilfestunde des zu großen, zu mächtigen und zu dominanten FC Bayern wieder vorüber. Mit dem Sieg feierten die Münchner den 24. Sieg im Pokalwettbewerb - neuer Rekord.