So reagiert Pep Guardiola auf Franck Ribérys Stichelei
Die Worte vor dem Spiel waren schon deutlich genug, doch spätestens nach diesem Jubel hatte auch der letzte Beobachter verstanden, wie es aktuell in Franck Ribéry aussieht. Wild trommelte sich der Franzose nach seinem Elfmetertor in letzter Minute zum 3:3 gegen den AC Mailand auf die Brust, sein Blick: zornig, ja trotzig. Ribéry blickte ins Publikum des Soldier-Field-Stadions in Chicago, aber eigentlich schien er nur ihn vor sich zu sehen: Pep Guardiola.
Vor der Partie gegen Milan, die Bayern 6:8 im Elferschießen verlor (Rafinha verschoss), hatte Ribéry seine Kritik an Guardiola erneuert. Im „Kicker“ war der 33-Jährige jüngst bereits auf die Unterschiede zwischen seinem neuen Coach Carlo Ancelotti und Guardiola eingegangen, nun trat er abermals gegen den Ex-Trainer nach. „Pep hat noch keine lange Karriere als Trainer gehabt“, sagte Ribéry: „Er ist ein junger Trainer, mit wenig Erfahrung.“ Ancelotti hingegen sei „cool“, habe mehr Erfahrung und wisse einfach, „wie man mit großen Spielern umgeht“. Als solchen sieht sich Ribéry selbstverständlich weiterhin.
Es sind für ihn Tage der Befreiung, der Reinigung, er blüht auf in der Vorbereitung. Und Ancelotti hat daran offenbar großen Anteil. „Ich bin keiner, dem man immer sagt, du musst das auf dem Platz so oder so machen. Ich muss frei sein auf dem Platz“, führte Ribéry aus. Freiheit für Franck, liberté für Ribéry. Er brauche „auch persönlichen Kontakt, mal einen motivierenden Klapps“. So sei das bei Ottmar Hitzfeld und Jupp Heynckes gewesen. Aber eben nicht bei Guardiola.
Lothar Matthäus hatte Ribérys Aussagen in der AZ kritisiert. „Nachtreten finde ich immer schlecht. Jetzt, wenn man nichts mehr zu verlieren hat, äußert man sich öffentlich zum ehemaligen Trainer. Da frage ich mich: Warum hat er es nicht in den drei Jahren gesagt, in denen Guardiola da war?“
"Er hat Recht. Ich bin jung."
Auch Guardiola, der Gescholtene selbst, findet Ribérys Nachtarocken anscheinend alles andere als komisch. Auf der China-Reise mit Manchester City reagierte er nun. „Er hat Recht: ich bin jung. Und ich bin Trainer“, sagte ein angefressener Guardiola und fügte vielsagend an: „Ich habe viel gelernt in dieser Woche.“ Derweil scheint Ancelotti schon den richtigen Nerv bei Ribéry getroffen zu haben. Auch gegen Milan war die Energie des Franzosen zu greifen, die Lust am Fußball ist zurückgekehrt.
Beleg dafür war der Treffer zum 1:1 (29. Minute), als Ribéry nach Zuspiel von David Alaba von links den Ball aus 15 Metern ins Tor drosch. Sein Jubel nach dieser Aktion: hitzig. Ribéry pumpte sich auf, als wolle er allen – und speziell Pep – mitteilen: Ich kann es noch! „Ribéry war einer der Besten“, sagte Ancelotti.
Milan war zuvor nach einem Fehler von Holger Badstuber durch M’Baye Niang in Führung gegangen (23.), Ribéry und Alaba (38.) mit einem Schuss aus der Distanz drehten die Partie zugunsten der Bayern. In der zweiten Halbzeit trafen Andrea Bertolacci (49.) und Juraj Kucka (61.) für die Italiener, Ribéry rettete sein Team ins Elfmeterschießen, doch dann scheiterte Rafinha. Zuvor hatten die Bayern-Stars Philipp Lahm, Alaba und Juan Bernat getroffen. „Unsere Leistung, unser Spiel war gut. Nach dem Rückstand haben wir eine gute Reaktion gezeigt. Das Ergebnis ist unwichtig. In diesem Moment geht es um die physische Verfassung. Daran arbeiten wir. Keiner hat sich verletzt. Das war am wichtigsten“, sagte Ancelotti.
Auch Ribéry hatte in der Vergangenheit immer wieder Probleme mit seiner Fitness. Vergangene Saison absolvierte er insgesamt nur 22 Pflichtspiele. Es sei deshalb zunächst „wichtig, unverletzt zu bleiben“, sagte er. Seine Motivation sei weiter sehr hoch: „Ich habe alles gewonnen mit Bayern. Aber ich habe immer Hunger. Jede Saison wieder.“ Ribérys Vertrag läuft am Saisonende aus. Der Franzose will bleiben. „Wir haben noch Zeit zu sprechen. Aber ich kann noch zwei Jahre länger auf diesem Niveau spielen. Ich bin glücklich. Es ist mein zehntes Jahr bei Bayern. Wir haben eine spezielle Beziehung.“ Das galt für ihn und Pep nie.