„So liebe ich meine Heimatstadt“

30.000 Münchner lassen die Stars nach der besten Saison seit langem hochleben.„Kaum vorzustellen, wenn wir das Ding gewonnen hätten!“
von  Abendzeitung
Vor dem Rathaus feierten die Bayern-Fans trotz der Niederlage ihre Stars.
Vor dem Rathaus feierten die Bayern-Fans trotz der Niederlage ihre Stars. © dpa

30.000 Münchner lassen die Stars nach der besten Saison seit langem hochleben.„Kaum vorzustellen, wenn wir das Ding gewonnen hätten!“

Die Fans hielten kurz inne. Was hat Arjen Robben da gesagt? Nein, das darf nicht wahr sein – nicht jetzt, nicht hier. Sie tuschelten unten auf dem Marienplatz, während er oben auf dem Balkon des Rathauses seine Mini-Rede fortsetzte. „Ich bin nur ein Jahr hier“, sagte Robben, „aber ich kann sagen: das ist der beste Verein in Europa.“ ,Erst’ ein Jahr, meinte der Holländer – nur keine Panik, schnell war die Sache aufgeklärt. Alles im Bayern-roten Bereich.

Es sollte ein Festtag aus Sicht der Fans sein, weil man Franck Ribérys Vertragsverlängerung bejubeln durfte. Es sollte zudem ein Tag des Stolzes und des Trotzes sein. Am Abend zuvor hatte der FC Bayern das Champions-League-Finale gegen Inter Mailand 0:2 verloren. Der Traum vom Triple war dahin, ebenso das Ziel, den Henkelpott zum fünften Mal nach München zu holen. Doch Material für die gute Stube, also Wertvolles für den Trophäenschrank, hatten die Bayern schon in den Wochen zuvor gewonnen: Also nahmen sie Meisterschale und DFB-Pokal mit auf den Weg beim Autokorso von der Allianz Arena in Fröttmaning bis zum Marienplatz, bis ins Herz der Stadt.

Es wurde ein Triumphzug – mit noch mehr Fans und Schaulustigen als vor zwei Wochen nach dem Gewinn der Meisterschaft. Doch zunächst sah man den Madrid-Geschädigten noch die Enttäuschung an. Ein Autokorso für Verlierer? Widerwillig ging’s los. Meter für Meter aber übertrug sich der Dank und die Freude der Fans auf die Profis. Als die rot-weiße Karawane Richtung Maximilianstraße und Dienerstraße eingebogen war, konnte man schon keinen Unterschied mehr feststellen: Waren das die Meisterheld oder die Finalverlierer? In jedem Fall Herzenskicker.

Um 17.18 Uhr zeigten sich Mannschaft, Trainer- und Betreuerstab samt Vorstand auf dem Balkon. Wieder war der Marienplatz ein rot-weißes Glückseligkeitsmeer. Nebenan auf dem Viktualienmarkt gab es Freibier, genau 15000 Liter eines Sponsors. Dabei es war beileibe nicht so, dass man sich dieses Saisonende erst noch schön trinken musste.

Rund 30000 Anhänger waren gekommen. Sie wollten bei einem Sieg gegen Inter die Nacht zum Tage machen, nun machten sie die Pleite zum Triumph. Und heilten die Wunden der Verlierer. „Natürlich sind wir enttäuscht. Aber wenn die Fans uns so feiern, dann muss man einfach lachen. Das zeigt doch auch, was wir geleistet haben“, sagte Robben, und Kapitän Mark van Bommel fügte hinzu: „Kaum vorzustellen, was gewesen wäre, wenn wir das Ding gewonnen hätten. Hier ist mehr los als in Mailand.“ Man konnte sich das Satzende meist nur zusammenreimen, die letzten Worte gingen im Jubel unter.

Es war das erste Mal, das die Bayern nach einer Niederlage von den Fans per Triumphzug gefeiert wurden – in Schalke oder Leverkusen ist man so etwas ja gewohnt. Es war das erste Mal, dass man sich auf dem Balkon als Verlierer zeigte. Es sind diese neuen Seiten des FC Bayern, die den Verein so sympathisch machen. Zum so euphorisch-herzlichen Empfang der Verlierer meinte Philipp Lahm, der gebürtige Münchner: „So kenne ich meine Heimatstadt, und so liebe ich meine Heimatstadt.“

Patrick Strasser, Julia Lenders

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