"So habe ich mir damals mein Leben erträumt"
MÜNCHEN - Samstag wird Franz Beckenbauer 65. Hier startet er eine sagenhafte Reise durch seine Karriere. Von Giesing, dem Glasscherbenviertel, nach New York, wo sich ein Tänzer in ihn verliebt. Von Paraguay, wo ihn Frauen umschwärmen, bis nach Mali – zur schlimmsten Nacht seines Lebens
AZ: Herr Beckenbauer, kommen Sie nach Jahrzehnten des Reisens doch noch zur Ruhe?
FRANZ BECKENBAUER: Ich schlafe inzwischen mehr im eigenen Bett als woanders. Das war zur Hälfte meines Lebens sicher anders. Jeder Mensch braucht im Leben eine Aufgabe. Man ist erfüllt von etwas. Ich war Zeit meines Lebens immer getrieben von einer Erfüllung.
AZ: Kennen Sie das Hier-bin-ich-daheim-Gefühl dann womöglich gar nicht?
Heimat ist dort, wo ich mich wohlfühle. Das ist auf diesem Breitengrad: Das ist München, das ist Kitzbühel und Salzburg, das ist Südfrankreich, das ist Oberitalien. Ich habe mich auch in New York wohlgefühlt, aber ich würde da nicht für immer leben wollen.
AZ: Sie sagten vorher, Sie seien Zeit Ihres Lebens getrieben von einer Aufgabe. Wie meinten Sie das?
Ich brauchte die Bewegung. Ich bin gelernter Versicherungskaufmann. Ich habe 1959 meine erste Ausbildung angetreten, eine Lehre bei der Allianz. Aber das war für mich damals schon nicht das Richtige. Obwohl die Leute alle nett waren. Wirklich. Ich war so der Sunnyboy da drin, klein, schmächtig, unschuldig – und die haben mich alle geliebt. Ich habe damals schon festgestellt: „Das ist es nicht.“ Ich musste raus, deshalb auch der Fußball, er war für mich die Erlösung. Heute kann ich behaupten: Es ist alles so gelaufen, so wie ich mir damals mein Leben erträumt habe. Und jetzt in der Rückschau das Ergebnis: Ich hatte bis jetzt ein perfektes Leben.
AZ: Giesing war Ihnen von Beginn an zu klein?
Das habe ich zu der Zeit noch nicht so empfunden. Man hat damals ja noch keine Vergleichsmöglichkeiten gehabt. Keinen Fernseher, kein Internet. Das Einzige, was ich als Jugendlicher hatte, waren diese Klebealben von Sanella. Da gab es Bilder von Afrika, von Amerika und Australien, die habe ich dann eingeklebt. Mich hat das interessiert, wie schaut es dort aus. Die Sehnsüchte waren von klein auf da, Fernweh sagt man heute. Dass ich das alles einmal live erleben durfte, daran war doch nicht zu denken.
AZ: Das verdanken Sie der „Giesinger Diplomatenschule“, haben Sie einmal gesagt.
Das war doch ironisch gemeint. Giesing war nach dem Krieg, wie haben die Münchner gesagt: das Glasscherbenviertel. In Giesing wird man nicht zum Weltstar geboren. Ich hatte aber das Glück, dassich in die richtige Zeit hinein geboren wurde. 45er Jahrgang, da gab es wieder Möglichkeiten. Ich habe mit einem Wollknäuel angefangen Fußball zu spielen, daraus ist mein ganzes späteres Leben entstanden. Ich glaube, es liegt an einem selbst, wie man die Welt betrachtet. Es gibt ja viele, die reisen, aber die eigentlich nicht reisen, weil sie nichts sehen. Weil sie viel zu beschäftigt sind. Ich war immer neugierig, was sich um mich herum tut. Ich werde nie meine erste Auslandsreise mit dem FC Bayern vergessen, deshalb bin ich auch so ein großer Fan Argentiniens. Das war nach der Weltmeisterschaft ’66, wir haben gegen den damaligen Weltpokalsieger Racing Buenos Aires gespielt. Die Menschen in Buenos Aires haben auf der Straße Tango getanzt. Das war unfassbar. Argentinien riecht anders als Deutschland. Würziger, schärfer, sinnlicher. Ich habe den Geruch noch heute in der Nase.
AZ: Gerade Mittel- und Südamerika hat es Ihnen angetan. Auch Mexiko ist ein Lieblingsland von Ihnen.
Durch die beiden Weltmeisterschaften, 1970 als Spieler und ’86 als Teamchef, das prägt natürlich. Ich war von der Gastfreundschaft und von der Liebe und Hingabe der Menschen dem Fußball gegenüber sehr berührt. Aber es gibt so viele Länder, die ich toll finde, Australien zum Beispiel. Gerade die Städte übten immer schon einen besonderen Reiz auf mich aus. Ich bin ein urbaner Typ, ich mag das, wenn was los. Es gibt keine schöneren Städte als Sydney und Rio. Und New York natürlich.
AZ: Reden wir also endlich über New York. Ende der 70er wechselten Sie für insgesamt knapp vier Jahre zu Cosmos in die amerikanische Profiliga. New York war damals der Mittelpunkt der Welt: das Epizentrum von Kunst und Freiheit, Subkultur und sexueller Revolution. Wie haben Sie die Stadt erlebt?
Von München-Giesing nach New York City, das war ein Quantensprung. Ich war mir anfangs nicht sicher. Ich war Kapitän der Nationalmannschaft, die nächste Weltmeisterschaft stand vor der Tür, es ist mir ja nicht schlecht gegangen. Immer wieder habe ich zugesagt dann abgesagt. Zugesagt, abgesagt. Ich kannte die Stadt nicht, aber ich hatte alle Bilder im Kopf, das reizte natürlich. Dann haben die Cosmos-Leute gesagt, komm doch mal rüber und schau dir an, wer wir sind. Cosmos war Teil von Warner Brothers, und sie haben sich sehr bemüht. Abgeholt wurde ich in der Stretchlimo, ausschlaggebend aber war ein Helikopter-Flug vom Dach des Pan-Am-Buildings durch Manhattan. Das war für mich der Flug in eine andere Welt. Wir sind über den Hudson, raus nach New Jersey zum Stadion. Das Giant Stadium war damals das modernste Stadion der Welt. Während wir also übers Stadion fliegen, habe ich ihnen noch im Hubschrauber zugebrüllt: „Also gut, hört's auf, ich komme!“
AZ: Großes Kino.
Ganz großes Kino für mich. In den 70ern gab es ja noch diesen Club, Studio 54. Da waren alle drin, wen du dir nur denken kannst. Hollywood, die Rockstars, die Künstler. Und wir von Cosmos mit einem eigenen Tisch. Und wir waren oft da. Pelé und Carlos Alberto haben das Studio aufgemischt, sowas hatten die noch nicht gesehen. Plötzlich wurde im Studio Samba getanzt, und alle machten große Augen. Pelé ist ein mindestens ebenso großartiger Sambatänzer wie Fußballer gewesen. Ich bin ja leider kein Tänzer, ich habe mir das in aller Ruhe angeschaut. Von einer ganz ruhigen in eine verrückte Welt: Für mich war New York die schönste Zeit in meinem Leben.
AZ: Dann müssen Sie die Anschläge auf das World Trade Center 2001, auch noch an Ihrem Geburtstag, schmerzlich getroffen haben.
Und wie. Ich war nach meiner Rückkehr aus New York jedes Jahr für ein paar Wochen drüben. Ich habe viele Freunde, die ich regelmäßig besuche. Nach den Anschlägen bin ich sechs Jahre nicht mehr hin. Weil ich fast täglich, mindestens einmal die Woche, da oben war, im Restaurant im 107. Stock. Die hatten einen deutschen Geschäftsführer, jeder der mich besuchen kam, mit dem bin ich da hinauf. Das war mein Stammplatz. Der Schock saß so tief, ich konnte das nicht sehen. Für mich unvorstellbar, dass du nach New York kommst – und dann sind die zwei Türme nicht mehr da. Den Anblick wollte ich mir ersparen.
AZ: Wo haben Sie in New York damals gewohnt?
Central Park South. Das Hotel Navarro war ein Apartment-Hotel, das gibt es heute nicht mehr. Ziemlich genau in der Mitte von Central Park South gelegen: Das Plaza, daneben das Hampshire House, an der Ecke der New York Athletic Club. Zentraler geht es nicht.Es war das Apartment von einem New Yorker Unternehmer, der seine Wohnung an mich untervermietet hatte. Das Apartment lag im 21. Stock, und es erstreckte sich über die gesamte Etage. Hinten habe ich auf das Empire State Building und die Stadt geschaut und vorne raus auf den Park. Ich hatte einen 360-Grad-Blick auf Manhattan. Das können Sie heute gar nicht mehr bezahlen.
AZ: Und Sie hatten immer prominente Nachbarn.
Im Navarro wurden von einer Agentur immer die Künstler untergebracht, die gerade in New York auftraten. Liza Minelli, Placido Domingo, Pavarotti und wie sie alle hießen. Die haben alle im Navarro gewohnt. Und Rudolfo natürlich. Nurejew. Ich habe einmal sechs Monate lang Tür an Tür mit ihm gewohnt. Er war an der Met engagiert, und wir haben uns angefreundet, sind oft ausgegangen oder zum Essen.
AZ: Was hat das Ballettgenie Nurejew am Fußballer Beckenbauer interessiert?
Zum Fußball ist Rudolfo nie gegangen, der hat in seiner eigenen Welt gelebt. Aber sein Sekretär Luigi, ein Italiener, der wollte natürlich immer Fußballkarten, und von dem habe ich dann immer die Ballettkarten bekommen. Rudolfo kam eines Tages zu mir und hat mir seine Füße gezeigt. Da habe ich zu ihm gesagt: „Rudolfo, das gibt's doch nicht. Du kannst doch mit diesen Füßen nicht tanzen!“ Ich habe solche Füße noch nicht gesehen. Völlig entstellt, verkrüppelt, und er hatte Schmerzen, das konnte man sehen. Er hat mich gefragt, ob ich ihm helfen kann. Ich habe unseren Masseur, Joel Rosensteen, angerufen. Joel hat ihn bandagiert und getaped, und dann ist Rudolfo in der Met wieder drei Meter hoch gesprungen. Vorher konnte er nicht mehr, weil er solche Schmerzen hatte. Da war der mir natürlich ewig dankbar.
AZ: Daraus wurde mehr. Stimmt es, dass der schwule Startänzer in Sie verliebt war?
Sagen wir mal so: Er hat es versucht. Ich kann mich erinnern an ein gemeinsames Essen im River Side Cafe in Brooklyn, da hat er mir noch vor der Nachspeise mein Knie getätschelt und Avancen gemacht. Ich habe dann zu ihm gesagt: „Du, Rudolfo, lass es gut sein, ich bin von der anderen Fakultät.“
AZ: Hat er nicht gewusst, dass Sie einen besonderen Schlag bei Frauen hatten?
Mei, er hat's halt versucht. Wir haben nie wieder darüber gesprochen, ich war ihm da aber auch nicht böse. Unerwiderte Liebe ist ja ein klassisches Opernmotiv, da wollte ich nicht in der Wunde bohren. Aber: Rudolfo hat mir die Welt der Oper eröffnet.
AZ: Sie waren Stammgast in der Met?
Das war ich vorher schon. Einer meiner besten Freunde, Jasha Silverstein, er war erster Cellist an der Met, ist vor ein paar Jahren leider gestorben. Während meiner New-York-Zeit waren wir fast immer zusammen, und ich war jede Woche mindestens einmal in der Oper. Von mir zum Lincoln Center waren das nur zehn Minuten zu Fuß. Wenn du alle kennst von Domingo bis Pavarotti, Nurejew bis Baryshnikov, dann ist doch klar, dass man hingeht. Ein Fußballer in der Oper, das mag heute undenkbar sein. Für New York war das damals nichts Außergewöhnliches.
AZ: Ihr Lieblingsrestaurant damals im Big Apple?
Ich bin immer gern zu Paul Kovi gegangen, guter Freund, Ungar, ins Four Seasons im Seagram Building. Das war damals das Restaurant in der Stadt, ach was, in der Welt. Sein Filet Mignon war auch ganz große Oper.
AZ: Nicht hingegangen sind Sie in die berühmte Factory von Andy Warhol, obwohl der Sie mehrmals eingeladen hatte.
Ich hatte zu dieser Art von Malerei nicht die ganz große Beziehung. Pop-Art war mir lange fremd. Freddy Quinn, das war mein Hero. Dann kamen die Beatles mit einer neuen Richtung auf, aber auch das hat bei mir eine Weile gedauert, bis ich mich daran gewöhnt hatte. Kunst und Fußball hatten zu der Zeit kaum Gemeinsamkeiten. Die Kunst hat es immer schon gegeben, aber der Fußball, der ist auf diesem Niveau zu der Zeit erst entstanden.
AZ: Es heißt, der Umzug nach New York und ihre damalige Beziehung zu Diana Sandmann hätten Sie zum Weltmann gemacht. Inwiefern?
Ich empfehle jedem, wenn er die Chance hat, ins Ausland zu wechseln, auch wenn es manchmal gegen die Vereinsinteressen verstößt. Das Ausland bildet: Sprache, Kultur, neue Umgebung. Das hat noch niemandem geschadet. Das hat schon Johann Wolfgang von Goethe gewusst. Mich hat es offener gemacht. Diana war damals meine Partnerin, und sie hat mir vielleicht den Mut gegeben, zu sagen: „Ich geht jetzt!“ Die Entscheidung musste ich schon selbst treffen. Alle Beziehungen in meinem Leben hatten einen enormen Einfluss auf meine persönliche Entwicklung: nicht stehen zu bleiben, sondern weiter zu gehen. Aus dem Tunnel-Leben eines Fußballers ausbrechen.
AZ: Ihr älterer Bruder Walter hat mal erzählt, wie schwierig Ihr Verhältnis zu Ihren aktiven Zeiten war. Ein achtstündiges Gespräch im New Yorker Central Park 1977 hätte letztlich ihr Verhältnis gerettet. Ist Frieden zu schließen in der Ferne leichter?
Ich hatte ihn eingeladen, nach New York zu kommen. In München war ich abgeschirmt vom Klub, Robert Schwan war mein Manager, das kann sein, dass die familiäre Beziehung so ein bisschen darunter gelitten hat. Ich habe das damals nicht so empfunden, er natürlich sehr wohl. Ich bin ja dann auch sehr früh Familienvater geworden, war Anfang zwanzig und hatte drei Kinder, ich hatte mich um meine eigene Familie zu kümmern.
AZ: Wir müssen noch ein paar Reise-Anekdoten über Sie auf ihre Richtigkeit überprüfen. DFB-Funktionär Wolfgang Niersbach hat einmal gesagt: „Egal wo Franz Beckenbauer hinkommt, er wird nicht nur erkannt, er wird verehrt.“
Das ist die Kraft des Fußballs, das bin nicht ich. Da fällt mir eine schöne Geschichte ein. Wir waren während unserer Welcome-Tour vor der WM 2006 auch in Tokio. Ich liebe Sashimi und warmen Sake, also sind wir in das „Inakaya“, das Restaurant im Szeneviertel Roppongi war uns sehr empfohlen wurde. Nirgendwo kriegen sie Sashimi vom Thunfisch frischer als in Tokio auf dem Fischmarkt. Wir hatten gegessen und wussten, es wird imposant teuer. Ein japanischer Geschäftsmann hatte uns zufällig im Lokal gesehen. Ohne dass er was gesagt hat, hat er die Rechnung bezahlt und ist gegangen. Er war so begeistert, dass Franz Beckenbauer in seinem Stammlokal sitzt, da haben ihn die Emotionen überrannt.
AZ: Also doch Beckenbauer-Kult.
Ach, Schmarrn. Aber manchmal war es schon grenzwertig. Während der Bewerbungs-Tour waren wir einmal auch im Norden Paraguays. Vormittag hatten wir die Iguazu-Wasserfälle angeschaut, abends wollten wir zum Spiel Brasilien gegen Venezuela. Da es abends ziemlich frisch wurde, wollte ich mir in einer Shopping-Mall noch einen Pullover kaufen. Dachte ich. Als ich im ersten Laden stehe, ruft eine hübsche Verkäuferin laut meinen Namen. Und urplötzlich war ich von Dutzenden bildhübscher Mädchen umstellt, die ein Riesengeschrei veranstalteten. Das war surreal. Die Mädchen haben als Verkäuferinnen in der Mall gearbeitet, und ich habe gefühlte tausend Autogramme geschrieben. Das die vielleicht den Roque Santa Cruz gut finden, der früher bei uns gespielt hat, okay. Aber mich alten Herrn?
AZ: Sie wurden von gekrönten Häuptern und Staatsführern empfangen. Ist Ihnen der Umgang mit den Mächtigen leicht gefallen?
Was die Mächtigen angeht, muss man ein bisschen unterscheiden. Wenn man von Staatspräsidenten und Politikern spricht, die kommen und gehen. Aber so ein Scheich von Saudi-Arabien oder der Emir von Katar oder der König von Mali, der bleibt. Das sind schon bedeutende Leute. Und ich habe immer wieder festgestellt: Je größer einer in der Wertschätzung ist, umso bescheidener und normaler ist er im Auftreten. Das Problem ist die Entourage, die alles so dramatisiert. Gegenüber einem Kronprinzen im asiatischen Raum sollte ich einmal sehr unterwürfig auftreten. Einen Diener bis zum Boden, weil das halt so Usus ist. Da habe ich mich verweigert. Ein Skandal, ein staatspolitisches Fettnäpfchen, aber der Prinz war begeistert. Er sagte zu mir: „Sie sind seit langem der Erste, der sich das traut. Kompliment!“
AZ: Stimmt die Geschichte, dass der Kronprinz von Saudi-Arabien Ihnen von Polygamie abgeraten hat?
Das war ein Bankett mit Thronfolger Prinz Sultan, er war damals Sportminister. Your Highness, habe ich gesagt, mich würde interessieren, nicht so sehr vom Glauben her, aber mit vier Frauen, wie geht denn das? „Vergessen Sie das“, meinte er zu mir. „Jede stellt Ansprüche: Kaufst du einer einen Ring, wollen die anderen drei einen Ring der noch viel teurer ist. Es ist lange nicht mehr so lustig wie es früher einmal war.“ Zum Schluss gab er mir den Rat: „Mister Beckenbauer, lassen Sie das mit den Frauen lieber ganz, das bringt ja nichts.“
AZ: Und dann müssen wir auch noch kurz über Ihren Besuch in der deutschen Botschaft in Malis Hauptstadt Bamako reden.
Sie meinen die Spinne von Bamako? Das war die unruhigste Nacht meines Lebens. Uns zu Ehren gab es einen Empfang in der Botschaft. Ein Mitarbeiter der Botschaft zeigte mir nach dem Essen sein Bein. Es war rabenschwarz. Auf dem Golfplatz hätte ihn vor einiger Zeit eine Spinne gebissen, er wäre beinahe daran gestorben. Er hat überlebt, auch sein Bein konnte gerettet werden, aber es war halt jetzt wie schwarz angestrichen, und das würde sein Leben lang so bleiben. Nach dem Empfang gehe ich über den Golfplatz zurück ins Hotel. Ich lege mich ins Bett, lese was, und plötzlich geht's neben mir los. Krabbelt doch eine Spinne über das Laken. Ich habe keine Angst vor Spinnen. Aber du weißt ja nie. Und dann habe ich sie mit dem Finger gegen den Vorhang geschnalzt. Und weg war sie. Ich kann keiner Fliege was zu Leide tun, das ist wirklich so. Ich bring es nicht fertig. Aus Angst, dass die Spinne zurückkommt, habe ich die ganze Nacht kein Auge zugemacht. So ein pechschwarzes Bein wollte ich beim besten Willen nicht bekommen.
AZ: Malis Frauen haben Sie da in besserer Erinnerung.
Das muss ich sagen. Mali hat die schönsten Frauen. Feinste Gesichtszüge, hohe Wangen, mit welcher Anmut sie die Tonkrüge auf ihren Köpfen tragen, mit durchgedrücktem Rückgrat, ein Gang wie Königinnen. Eines der ärmsten Länder der Welt, aber die schönsten, stolzesten Frauen.
AZ: Reisen ist heute vor allem auch eine Frage des Stils. Wie verreist der Kaiser?
Leicht. Pilotenkoffer, Anzughänger, wenig Gepäck, immer im Anzug. Ich kann doch nicht in der Unterhose und zerrissener Jeans daherkommen, das geht nicht. Und auf jeden Fall pünktlich. Das sind Werte, die mir wichtig sind. Vielleicht hilft mir mein Sternzeichen, Jungfrauen sind sehr ordentlich. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich mag auf niemanden warten. Wenn ich sag um vier, dann bin ich um vier da. Es gibt ja welche, die permanent zu spät kommen. Die sind bei mir unten durch.