Sicherheitsrisiko FC-Bayern-Abwehr? Matthäus: "Für mich ist das ein Armutszeugnis"

Dank der offensiven Wucht gewinnt der FC Bayern den Liga-Auftakt, doch die Defensive um Upamecano und Kim wackelt bedenklich. Matthäus erkennt eine "Achillesferse", Freund schließt Transfers nicht aus.
von  Patrick Strasser
Vorne spektakulär, hinten aber auch: Die Bayern-Abwehr wirkt alles andere als sattelfest, vor allem Min-jae Kim (2.v.l.) und Dayot Upamecano (r.) leisten sich immer wieder haarsträubende Fehler, den dann die Team-Kollegen um Manuel Neuer (l.), Joshua Kimmich (Mitte) und Aleksandar Pavlovic (mit Ball) ausbügeln müssen - mit Rettungsaktionen oder mehr selbst erzielten Toren.
Vorne spektakulär, hinten aber auch: Die Bayern-Abwehr wirkt alles andere als sattelfest, vor allem Min-jae Kim (2.v.l.) und Dayot Upamecano (r.) leisten sich immer wieder haarsträubende Fehler, den dann die Team-Kollegen um Manuel Neuer (l.), Joshua Kimmich (Mitte) und Aleksandar Pavlovic (mit Ball) ausbügeln müssen - mit Rettungsaktionen oder mehr selbst erzielten Toren. © Sven Simon/imago

Wolfsburg/München - Der erste Dreier der Saison ist eingetütet. Ein 3:2 beim VfL Wolfsburg trotz eines 1:2-Rückstands. Nur dank der Offensiv-Wucht mit all den Optionen um Neuzugang Michael Olise konnte die defensive Delle der Bayern übertüncht werden.

Eine Delle? Es sieht eher nach einem massiven Schaden im Abwehr-Getriebe aus, der nicht so schnell behoben werden kann. Für Rekordnationalspieler Lothar Matthäus ist die Defensive "die Achillesferse des FC Bayern", wie er in seiner Sky-Kolumne schrieb.

Für Lothar Matthäus ist die Defensive "die Achillesferse des FC Bayern"
Für Lothar Matthäus ist die Defensive "die Achillesferse des FC Bayern" © Sven Hoppe/dpa

FC Bayern in Wolfsburg: "In der zweiten Halbzeit haben wir nicht so sicher gewirkt"

Besonders die Innenverteidigung um Dayot Upamecano und Min-jae Kim macht auch den Fans große Sorgen. Wer ist hier der Boss? Gefühlt keiner. Das Duo wirkte in Wolfsburg mindestens unglücklich, zuweilen unsicher, zeigte unerklärliche Aussetzer. Ein doppeltes Sicherheitsrisiko.

Haarsträubend Kims Rückpass, der das 2:2 einleitet. Oder Upamecanos Fehlpass, den Wolfsburg beinahe zum 3:2 verwertet hätte. Bei der EM machte der 25-Jährige, der in seine vierte Bayern-Saison geht, für Frankreich sämtliche sechs Spiele über die volle Distanz, wirkte aufgeräumt und selbstbewusst.

Vorne spektakulär, hinten aber auch: Die Bayern-Abwehr wirkt alles andere als sattelfest, vor allem Min-jae Kim (2.v.l.) und Dayot Upamecano (r.) leisten sich immer wieder haarsträubende Fehler, den dann die Team-Kollegen um Manuel Neuer (l.), Joshua Kimmich (Mitte) und Aleksandar Pavlovic (mit Ball) ausbügeln müssen - mit Rettungsaktionen oder mehr selbst erzielten Toren.
Vorne spektakulär, hinten aber auch: Die Bayern-Abwehr wirkt alles andere als sattelfest, vor allem Min-jae Kim (2.v.l.) und Dayot Upamecano (r.) leisten sich immer wieder haarsträubende Fehler, den dann die Team-Kollegen um Manuel Neuer (l.), Joshua Kimmich (Mitte) und Aleksandar Pavlovic (mit Ball) ausbügeln müssen - mit Rettungsaktionen oder mehr selbst erzielten Toren. © Sven Simon/imago

"In der zweiten Halbzeit haben wir nicht so sicher gewirkt. In der Vorbereitung hat das sehr viel besser geklappt", sagte Sportdirektor Christoph Freund. Trainer Vincent Kompany meinte: "Was ich aus der zweiten Halbzeit ziehen kann, ist die Mentalität, aber natürlich war es eine ganz schwierige Phase für uns. Es lief nicht so, wie es sein muss."

Matthäus sieht Verkauf von de Ligt als Fehler

Zu wacklig, zu instabil war die Defensive. Matthijs de Ligt wurde an Manchester United verkauft. Fehlt der Holländer nun als Leader, als lautstarker Abwehr-Organisator?

"Wenn de Ligt nicht verkauft worden wäre, hätte ich jetzt als FC Bayern kein Kopfzerbrechen", so Matthäus, "für mich ist das ein Armutszeugnis, dass dieser Leader fehlt. Wir reden hier schließlich vom FC Bayern." Abwehrchefs müssten vom Team anerkannt werden, so Matthäus weiter, der sich sicher ist: "Natürlich sind die Fehler von Min-jae Kim und Dayot Upamecano auch in der Kabine ein Thema."

Durch die längerfristigen Ausfälle von Hiroki Ito (Mittelfußbruch), der innen und links in der Viererkette spielen kann, und Josip Stanisic (Außenbandriss im Knie), der rechts wie innen ein Stabilisator ist, fehlen Alternativen. Dabei hat Kompany doch zwei im Kader.

Eric Dier und Leon Goretzka könnten direkt Abhilfe schaffen ‒ trotz Defiziten

Da ist zum einen Eric Dier (30), der in den nur etwas mehr als zehn Minuten als Einwechselspieler für den muskulär angeschlagenen Kim (81.) sichtbar Ruhe, Klarheit und Sicherheit in die Abwehr-Aktionen brachte.

Außerdem hat Kompany noch einen gewissen Leon Goretzka (29) in der Hinterhand, der als zentraler Mittelfeldspieler nur noch die Nummer fünf im internen Ranking ist und den Verein verlassen darf.

Leon Goretzka darf den Verein verlassen (Archivbild).
Leon Goretzka darf den Verein verlassen (Archivbild). © Tom Weller/dpa

Was er nicht macht. Weil er spürt, dass man noch Verwendung haben wird für ihn auf der Innenverteidiger-Position, die er bereits vergangene Saison unter Trainer Thomas Tuchel einige Male als Aushilfe mit Bravour ausfüllte? Schon im Test letzten Dienstag gegen den Grasshoppers Club Zürich (4:0) erfüllte Goretzka den Job rund eine Stunde lang ohne Tadel.

Doch bei Dier und Goretzka fehlt Kompany die Klasse im Spielaufbau, der Belgier fordert progressive Pässe von seinen Innenverteidigern, ein mutiges Agieren nach vorne. Außerdem haben beide Tempo-Defizite bei Kontern angesichts der nun hohen Positionierung der Mannschaft.

Klar braucht es Zeit, bis Kompanys im Vergleich zu Tuchel laufintensivere und aggressivere Spielidee von den Spielern verinnerlicht wird. Fehler wie jene von Kim und Upamecano hemmen allerdings die Entwicklung und den Fortschritt.

Transferfenster hat noch bis Freitag offen ‒ was macht der FC Bayern?

Legen die Bayern-Bosse also in dieser Woche auf dem Transfermarkt nach? Das bisherige Nein von Sportvorstand Max Eberl ("Wenn nichts Außergewöhnliches mehr passiert, steht unser Kader für die Saison") klang nach den Erlebnissen von Wolfsburg weniger strikt.

Freund: "Wir haben jetzt zwei Verletzte. Viel darf hinten nicht mehr passieren. Es ist nicht unser Plan, aber das Transferfenster ist noch fünf Tage offen."

Bis Freitagabend. Ob Eberl doch noch mal in Leverkusen wegen Jonathan Tah anruft?

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