Serge Gnabry tritt beim FC Bayern aus dem Schatten der Könige

München - Für Kingsley Coman ist die Hinrunde vorbei, er wird am Freitag gegen den VfL Wolfsburg (20.30 Uhr, Sat.1, DAZN und im AZ-Liveticker) nicht dabei sein können. Mal wieder bremst eine Verletzung den Franzosen aus. Beim 5:0 in Stuttgart zog sich der 25-Jährige einen Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel zu.
Glück im Unglück für Bayern-Trainer Julian Nagelsmann: Er muss für den Hinrunden-Abschluss, das letzte Pflichtspiel des Kalenderjahres, keine schwierige Entscheidung treffen, wen er aus dem Trio Coman, Leroy Sané und Serge Gnabry auf die Bank setzt. Denn der Stuttgarter Bub Gnabry hatte bei seinem Jugendverein VfB mit fünf Torbeteiligungen geglänzt.
Gnabry erwischt gegen Ex-Klub Stuttgart einen "Supertag"
Der 26-Jährige, der beim Jubeln gerne einen Koch imitiert, rührte seine schwäbischen Landsleute zu Tränen der Trauer. Ausgerechnet in Bad Cannstatt war Gnabry zum zweiten Mal in seiner Karriere in einem Pflichtspiel an fünf Toren direkt beteiligt (drei Tore, zwei Assists). Beim 7:2-Erfolg der Bayern bei Tottenham Hotspur im Oktober 2019 waren dem Ex-Arsenal-Profi vier Tore und eine Vorlage gelungen.
Ob es für ihn besonders sei, an alter Wirkungsstätte zu treffen? "Irgendwo schon", gestand Gnabry, "es ist immer wieder cool, in Stuttgart zu sein. Schade, dass die Familie und Freunde nicht dabei sein konnten, aber nichtsdestotrotz hat man hiervon als Kind immer geträumt."
Der "Supertag" (Gnabry) samt zweitem Dreierpack in der Bundesliga kam aus dem Nichts. Erstmals seit fast einem Monat stand er wieder in der Startelf, wurde in den letzten fünf Partien drei Mal nur eingewechselt, musste zwei Mal passen, einmal angeschlagen, einmal wegen Quarantäne aufgrund eines Kontakts zu einer mit Corona infizierten Person.
Gnabry schießt sich in Stuttgart den Frust von der Seele
Was ihn wurmte - das konnte man am für ihn ungewohnt aggressiven Jubel nach dem zweiten Treffer ablesen. "Ich habe mir viel vorgenommen, nachdem ich zuletzt nicht so viel Einsatzzeit hatte. Dann ist immer ein bisschen Frustration dabei", sagte Gnabry, "ich war motiviert, dass es dann so ein Spiel wird, hätte ich mir auch nicht erträumt. Das Gefühl nach so einer Leistung ist sehr schön - gerade, nachdem die letzten Wochen nicht gut für mich liefen."
Weil Gnabry im Schatten der Könige stand. Das Scheinwerferlicht gehörte zuletzt eher Kingsley (genannt King) Coman und Leroy (dem Französischen "le roi", der König, entlehnter Vorname) Sané. Coman steigerte seine Torquote, hat in bislang zehn Liga-Einsätzen vier Tore erzielt. Zum Vergleich: letzte Saison in 29 Partien lediglich fünf. Und Sané, dank Nagelsmann der Aufsteiger der Hinrunde, war in 25 Pflichtspielen an 20 Toren direkt beteiligt (zehn Tore, zehn Assists) und hat damit seine Ausbeute aus der Vorsaison bereits eingestellt (bei 44 Einsätzen!).
Mal ganz abgesehen von Top-Torjäger Robert Lewandowski, der mit seinem Doppelpack in Stuttgart den Rekord von Gerd Müller (42 im Jahr 1972) mit den meisten Bundesliga-Toren in einem Kalenderjahr einstellte.
Nagelsmann: "Ich schätze Serge unglaublich"
Nun kann sich Gnabry nach dem Wolfsburg-Match ("Wenn wir auch das Spiel gewinnen, denke ich, haben wir eine super Hinrunde gespielt") mit seiner Vertragssituation beschäftigen. Die Gespräche um eine Verlängerung des bis 2023 datierten Arbeitspapiers samt Aufstockung der Bezüge stocken seit Herbst.
"Ich kenne Serge schon Ewigkeiten und schätze ihn als Mensch unglaublich und als Spieler sowieso. Er ist ein herausragender Spieler. Ich würde mir nichts sehnlicher wünschen, als dass er verlängert", meinte Nagelsmann in Stuttgart und erklärte: "Ich frage da jetzt nicht jeden Tag nach." Gnabry habe "vertraute Personen, mit denen er darüber spricht, und auch wir im Klub haben andere Menschen mit Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic, die sich darum kümmern, diese Gespräche zu führen. Ich versuche, ihn sportlich zu begleiten auf seinem Weg, dass er immer besser wird, um so Argumente zu sammeln."
Braucht er nicht. Die Vertragsverlängerung ist nur eine Frage der Zeit - wenn der Verein die Kröte schluckt, Gnabry ein paar Kröten mehr zu bezahlen.