Sepp Maier: "Als Torhüter musst Du verrückt sein"

Sepp Maier feiert am Freitag seinen 70. Geburtstag. Der Welt- und Europameister berichtet im Interview über seine Karriere, seine Treue zu Bayern München und die Ohrfeige für einen Journalisten.
von  SID
Sepp Maier wird am 28. Februar 70 Jahre alt.
Sepp Maier wird am 28. Februar 70 Jahre alt. © dpa

Sepp Maier feiert am Freitag seinen 70. Geburtstag. Der Welt- und Europameister berichtet im Interview über seine Karriere, die als Kunstturner begann, seine Treue zu Bayern München und die Ohrfeige für einen Journalisten.

SID: "Sepp Maier, am 28.Februar werden Sie siebzig – rank und schlank, sehen Sie aus. Als hätten Sie noch das alte Kampfgewicht?"

Sepp Maier (ehemaliger Torwart bei Bayern München und der deutschen Nationalmannschaft): "Das waren mal 79 Kilo. Jetzt, im Winter, habe ich drei, vier Kilo mehr, im Sommer immerhin nur 81. Und das kommt dann durch das Golfspielen."

SID: "Ihre neue Leidenschaft?"

Maier: "Ja. Mein Handicap war schon mal 5,4. Momentan liegt es bei 6,7."

SID: "Fußball aber ist Ihr Leben. Was fällt Ihnen spontan ein zum Anfang Ihrer Karriere?"

Maier: "Spontan erinnere ich mich da noch heute an das Glücksgefühl, als ich mit sechs Jahren zu Weihnachten mit meinem Bruder Horst eine Uhr gegen einen Fußball eintauschte. Damit schlief ich dann im Bett. Zwei Jahre später gehörte ich zur Schüler-Mannschaft des TSV Haar, einem Verein aus dem Münchner Osten. Ab dieser Zeit drehte sich dann alles in meinem Leben um Fußball – so intensiv, dass er auch meine Träume im Schlaf bestimmte."

SID: "Ihr erstes Spiel im Tor..."

Maier: "...machte ich mit 15 Jahren ausgerechnet gegen die zweite Jugendmannschaft des FC Bayern. Ich spielte im Sturm und musste ins Tor, weil die Nummer eins mit einer gebrochenen Hand ausgefallen war. Prompt bekam ich neun Stück. Danach war mir klar, nie Torwart werden zu wollen."

SID: "Was für ein Irrtum."

Maier: "Weil die Bayern nicht locker ließen. Deren damaliger Jugendtrainer meinte, ohne mich hätte der TSV Haar noch mehr als diese neun Tore kassiert."

SID: "Wie kam man überhaupt auf die Idee, Sie als Stürmer ins Tor zu stellen?"

Maier: "Ich war als Schüler Kunstturner, sogar Kreisjugendmeister. Und jetzt kamen mir meine Fähigkeiten im Geräteturnen vom Reck, am Barren und Boden zugute."

SID: "Inwiefern?"

Maier: "Bei mir war angeboren, wie ich mich zu werfen hatte, wie ich fallen musste. Und wenn der Boden schön weich war, hat es mir immer richtig Spaß gemacht, mich in den Dreck zu schmeißen."

SID: "Torhüter und Linksaußen..."

Maier: "...haben eine Macke – ich kenne diesen Spruch. Klar ist, dass man angeborene Fähigkeiten haben muss. So was kann man nicht lernen. Ein Torhüter muss verrückt sein, ein Besessener und Außenseiter sogar im eigenen Team."

SID: "Sie blieben immer dem FC Bayern treu. Hat ein anderer Verein nie gereizt?"

Maier: "Bei den Erfolgen, die wir hatten, wäre ich doch schön blöd gewesen zu gehen. Wechseln, nur um noch ein bisschen mehr zu verdienen? Nee! Ich habe mich immer sauwohl gefühlt beim FC Bayern. Damals dachten viele nicht, was sie verlieren, wenn sie ihren Stammverein verlassen. Sie geben Bindungen auf, die mit Geld nicht zu bezahlen sind."

SID: "Sie haben als Bayer alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Worauf sind Sie am meisten stolz?

Maier: "Vielleicht auf meine Beständigkeit. Ich habe von den 472 Spiele in der Bundesliga 442 Spiele hintereinander gespielt, das waren 13 Jahre am Stück. Auch mit Glück, denn ich war nie ernsthaft verletzt, obwohl man untereinander nicht zimperlich umging. Was früher ein Pferdekuss war, ist heute ein fürchterliches Hämatom. Patellasehne, Syndesmose, so was kannten wir nicht, und beim Burn-out warst halt damals nicht so gut drauf. Bei Verletzungen gab es eine Spritze, ein bisschen Cortison – und weg war der Schmerz!"

SID: "In Erinnerung sind Sie auch als Spaßvogel."

Maier: "Was heißt Spaßvogel? Ich war auch sehr ernst. Es nutzt aber nichts, wenn man nach einem Missgeschick griesgrämig rumläuft. Das harte Torhüter-Leben muss man mit Humor tragen."

SID: "Humor brachte Ihnen viele Sympathien ein, auch in den Medien. Obwohl Sie auf Journalisten doch nicht immer gut zu sprechen waren?"

Maier: "Ach was! Gut, ich war schon mal grantig zu Reportern. Einen habe ich sogar geohrfeigt. Der hatte ständig unfair über mich berichtet. Eine saubere Watschn war das, rechts und links, zackzack. Danach war der nur noch nett zu mir."

SID: "Verfolgen Sie alle Bayern-Spiele?"

Maier: "Klar, aber meist nur im Fernsehen, vom Sofa im Wohnzimmer aus. Schön gemütlich muss es sein, das ist gut zum Meckern. Wenn es nicht läuft beim FC Bayern, bin ich geknickt und sauer."

SID: "Warum gehen Sie so selten ins Stadion?"

Maier: "Weil ich ein begeisterter Golfer und Naturfreund bin, spiele ich lieber eine Runde Golf oder ich kraxle im schönen Südtirol mit meiner Frau Monika in der Bergwelt rum. Fußball läuft mir ja nicht davon, ich bin immer genau informiert über die Bundesliga."

 

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