Seismograph Beckenbauer: Wehe, wenn der Franz grollt

Nach der Spitze gegen Klinsmann gerät der Trainer unter Druck. So erging’s den Vorgängern.
BARCELONA Viel zu sagen hat Franz Beckenbauer beim FC Bayern schon lange nicht mehr. Wenn Beckenbauer aber seinen Unmut äußert, dann gilt es genau hinzuhören; oft genug kündigte ein präsidiales Grollen große Veränderungen an. Am Dienstag zählte Beckenbauer nun vor dem Flug nach Barcelona zum Champions-League-Knaller (Spiel bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht begonnen) Trainer Jürgen Klinsmann an. „Ich habe die Worte von Karl-Heinz Rummenigge noch im Ohr, dass wir uns nach der Saison zusammensetzen, die Situation analysieren und dann womöglich reagieren.“
Doch dieses Mal sorgte Beckenbauers Warnung für Kopfschütteln. „Manchmal weiß ich nicht, ob Franz noch nah genug dran ist, um das zu beurteilen“, sagte Manager Uli Hoeneß.
Zumindest bei den letzten Trainerentlassungen des FC Bayern waren Beckenbauers Äußerungen immer ein hochsensibles seismographisches Frühwarnsystem für die amtierenden Übungsleiter:
Mai 2004, Ottmar Hitzfeld: Im sechsten Jahr seiner Amtszeit wirkte Ottmar Hitzfeld ausgebrannt. „Es kommt irgendwann einmal der Punkt, an dem man vielleicht nicht mehr in der Lage ist, die Mannschaft zu motivieren. Und darum sollten wir uns nach der Saison zusammensetzen und dann zu einer Entscheidung kommen“, sagte Beckenbauer am 14. Mai. Vier Tage später war Hitzfelds Abschied nach einem gemeinsamen Abendessen mit den Bossen besiegelt.
Januar 2007: Felix Magath war Beckenbauers Wunschkandidat gewesen. Doch nach zwei erfolgreichen Jahren mit dem doppelten Double-Gewinn lief es in der Saison 2006/2007 nicht mehr. Dennoch lobte Hoeneß seinen Trainer noch kurz nach der Winterpause für dessen „sensationelle Vorbereitung“. Beckenbauer sah sich die ersten Rückrundenspiele an – und urteilte am 29. Januar: „Sie spielen denselben Käse wie in der Vorrunde.“ Zwei Tage später war Magath entlassen, Hitzfeld kam wieder.
Dezember 2007: Das neue Starensemble zauberte sich durch die Hinrunde – dennoch meinte Beckenbauer im Winter eine gewisse Müdigkeit beim Trainer entdeckt zu haben. „Eines habe ich festgestellt: Ottmar Hitzfeld steht der Frust der letzten Zeit ins Gesicht geschrieben. Ob er in der kommenden Saison bleibt oder nicht, wird er mit dem Vorstand in der Winterpause klären“, sagte er. Bayern holte Klinsmann.
Eben jenen Mann, der, trotz heftigen Gegenwinds, weiter Trainer bleiben will. „Wir fühlen uns hier sehr wohl und werden bleiben“, sagte Klinsmann der „SZ“, „ich habe noch eine gewaltige Energie in mir, das Ding hier durchzuziehen, beruflich und familiär.“ fil