Sechs Treffer: Der 19-Minuten-Rausch

Der FC Bayern bereitet seinen Fans beim 6:1 gegen den VfB Stuttgart großen Spaß - eine erfolgreiche Maßnahme gegen das Trauma vom 19. Mai.
von  Filippo Cataldo
Mit 6:1 gegen Stuttgart verteidigt der FC Bayern die Tabellenführung - und legt den besten Saisonstart seit fünf Jahren hin.
Mit 6:1 gegen Stuttgart verteidigt der FC Bayern die Tabellenführung - und legt den besten Saisonstart seit fünf Jahren hin. © firo

MÜNCHEN - Die Spieler müssen die Rufe gehört haben. Auf dem Rasen war gerade ausnahmsweise an diesem Abend ziemlich wenig los, als es aus dem Stuttgarter Fanblock höhnisch laut "Finale! Finale!” ins Rund schallte.

Jener vermaledeite 19. Mai, dieses tragisch verlorene Champions-League-Finale gegen Chelsea, wird die Bayern noch eine ganze Weile verfolgen – zumindest als Anlass für Spot der gegnerischen Fans.

Doch Hochmut kommt manchmal auch beim Fußball vor dem Fall. Und so mussten am Ende die Stuttgarter die Allianz Arena "gedemütigt” verlassen, wie VfB-Stürmer Martin Harnik zerknirscht feststellte. Gedemütigt von spielfreudigen Bayern, vorgeführt von torgeilen Spielern.

6:1 stand es nach 90 Minuten, ein "Ergebnis wie beim Tennis”, wie Deutschlands Tennis-Ass und Bayern-Fan Julia Görges während der Partie twitterte. Die Bayern bleiben somit auch nach dem zweiten Spieltag auf dem ersten Tabellenplatz.

Doch viel wichtiger ist die Erkenntnis des Sonntags, dass sie nicht lange brauchen müssen, um einen gar nicht mal so schwachen Gegner wie Stuttgart zu zerlegen. Wo sich letzte Saison viel zu oft Spielstaffette an Spielstaffette reihte, ehe mal irgendeiner einen halbherzigen Torschuss wagte, machte es gestern einfach: Batsch, Batsch, Batsch! Oder genauer: Tor, Tor, Tor. Pause. Tor, Tor Tor!

In nur 19 Spielminuten, von der 32. bis zur 51. Minute, erzielten die Bayern gestern ihre sechs Treffer. Erst drehten vor den Augen des 40-Millionen-Zugangs Javi Martínez, der bis zur 77. Minute auf der Bank saß, der entfesselt aufspielende Thomas Müller und Toni Kroos den zwischenzeitlichen Rückstand nach Harniks Tor (24.) innerhalb von nur 71 Sekunden.

Dann traf kurz vor der Pause noch Luiz Gustavo zum 3:1. Und als die Stuttgarter voller Hoffnung wieder aus der Kabine kamen, stand es, ehe sie sich versahen, 6:1: Erst erzielte Mario Mandzukic seinen fünften Pflichtspieltreffer im vierten Spiel (47.).

Dann machte es Müller wieder selbst (49.) – wobei der dem ebenso überragenden Franck Ribéry bei der Szene das Tor klaute, und sich hinterher artig entschuldigte. Schließlich traf Müller mit seiner Flanke zielgenau Bastian Schweinsteigers Kopf, der zum 6:1 einnetzte (51.). "Wir haben 25 Minuten überragend gespielt”, erkannte Trainer Jupp Heynckes.

Genau genommen war es ein 19-minütiger Torrausch, sechs Treffer, jeder ein Tor gegen das Trauma vom Mai: Für Thomas Müller, der seinen Torinstinkt wiedergefunden hat. "Drei Tore nach zwei Spielen, letztes Jahr habe ich da länger für gebraucht”, wie er sagte.

Anders als im Finale hat er jetzt auch mal wieder erlebt, dass der FC Bayern nach seinem Treffer gewinnen kann. Für Bastian Schweinsteiger, der zum ersten Mal nach sechs Monaten wieder ohne Schmerzen spielen konnte.

Für Toni Kroos, der sich endlich wieder traut, aufs Tor zu schießen – und prompt belohnt wurde. Für Luiz Gustavo, der am 19. Mai zuschauen musste und nun bewies, dass er der Mannschaft helfen kann und durch die Verpflichtung von Javi Martínez nichts von seinem Kampfgeist verloren hat.

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