Schweinsteigers schwerer Weg
HAMBURG Zu einem günstigeren Zeitpunkt konnte die Gelegenheit nicht kommen. Ein Mini-Elfmeterschießen bei einem Vorbereitungs-Turnierchen. Wunderbar, um ein wenig vom Schmerz jenes 19. Mai zu lindern, dem verlorenen Champions-League-Finale. Einfach, um das gute Gefühl zu bekommen: Ja, geht doch, wird schon.
Und so trat Bastian Schweinsteiger entschlossenen Schrittes zum Elfmeter an im Halbfinale des „Ligatotal!”-Cups gegen Werder Bremen. Er verschoss – wie zuvor Franck Ribéry. 2:4 im Shootout, 4:6 insgesamt, nach den zwei Mal 30 Minuten hatte es 2:2 (Bayern-Tore: Shaqiri, Kroos) gestanden. Und wieder war es der letzte Elfer, wieder Schweinsteiger. Nur diesmal war es kein Drama, kein großes Ding. Jedoch mit einer einfachen Erklärung. „Ich habe mir Videos angeschaut und dabei gesehen, in welche Ecke Schweinsteiger im Champions-League-Finale geschossen hat”, erzählte Werder-Keeper Sebastian Mielitz, „da habe ich mir gedacht: Springste doch auch mal in diese Ecke.” Gedacht, gehalten.
Arjen Robben hatte tröstende Worte für Schweinsteiger: „Wenn man die Verantwortung übernimmt, darf man schon auch mal einen Elfmeter verschießen.” Nett, dass Robben das sagt.
Doch dieser Fehlschuss war nicht das zentrale Diskussionsthema. Siehe Trainer Jupp Heynckes: „Die Spieler nehmen das ganz locker, Sie glauben doch nicht, dass ein Spieler deshalb jetzt eine schlaflose Nacht hat.” Nein, es ging eher um den Stand von Schweinsteigers Fitness.
30 Minuten, also die zweite Halbzeit, hatte der 28-Jährige gespielt. Es war sein erster Einsatz seit dem EM-Halbfinale gegen Italien (1:2) und 77 Tage nach Chelsea der erste Einsatz im Bayern-Trikot. „Mir geht es gut, ich fühle mich fitter, es wird immer besser”, sagte Schweinsteiger, der sich angeschlagen durch die EM gequält hatte, unter der Woche. Doch sein körperlicher Rückstand nach nur knapp zwei Wochen Vorbereitung war sichtbar. „Bastian hat sehr gut trainiert, er ist motiviert. Ich bin sehr zuversichtlich, dass er wieder der Spieler wird, der er war.” So Heynckes vor der Partie. Nach einem Auftritt, bei dem Schweinsteiger durch ein hartes Foul gegen Bremens Ekici auffiel, sagte der Coach: „Er kommt zu spät, das sah sicher böse aus, aber er ist kein bewusster Foulspieler. Das hat mit mangelnder Spielpraxis zu tun, er muss jetzt Rhythmus bekommen.”
Man ist bemüht bei Bayern, dem Vize-Kapitän ein Klima zu schaffen, in dem er sich in Ruhe heranarbeiten kann. Das Leistungs-Comeback – es wird sein schwerster Weg nach seinem wohl unglücklichsten Jahr mit drei Vize-Titeln und EM-Aus. Auf die Frage nach dem Elfer-Unvermögen meinte Sportvorstand Matthias Sammer zu einem Reporter: „Ich habe da schon etwas wie Trauma gehört, aber da machen Sie sich mal keine Sorgen.”