Schweinsteiger: Nach dreimal "Vize" jetzt drei Titel?

Im vergangenen Mai war Bastian Schweinsteiger dreimal „Vize“ und scheinbar am Boden zerstört. Zwölf Monate später steht er nach einer überragenden Saison auf dem Höhepunkt seiner Karriere.
Berlin/München - Es ist ein Rendezvous mit der Geschichte, und Bastian Schweinsteiger will es nicht vermasseln. Das Endspiel um den DFB-Pokal am Samstagabend in Berlin gegen den VfB Stuttgart (20.00 Uhr/ARD und Sky) ist „sehr, sehr wichtig für uns“, sagt er – und sein Blick verrät, wie ernst er das meint.
Schweinsteiger könnte tiefenentspannt sein, nach einer Meisterschaft der Rekorde und vor allem dem Gewinn der Champions League. Aber er ist es nicht. Schweinsteiger will das Triple. Er sagt es nicht direkt, aber trotzdem deutlich. Vor einem Jahr, als das „Finale dahoam“ zum Drama wurde, war er am Boden zerstört. Jetzt, 55 Wochen später, ist der FC Bayern drauf und dran, aus dreimal „Vize“ dreimal Erster zu machen, und dass dem so ist, das hat viel mit Schweinsteiger zu tun.
Er ist aufgestanden und zum Gipfel durchgestürmt. Sogar jene Sportzeitung, die ihn einst als „Chefchen“ verspottete, nennt ihn nun „Chef“. Als derzeit „besten Mittelfeldspieler der Welt“ hat ihn Trainer Jupp Heynckes bezeichnet, und Karl-Heinz Rummenigge schloss sich der Einschätzung am Donnerstag fast vorbehaltlos an. Schweinsteiger habe seinen „Stellenwert noch einmal gesteigert“, auf seiner Position sei er „mit das Beste, was die Welt zu bieten hat“, sagte der Klubchef.
Ein Eigengewächs mit Weltformat
Was Rummenigge erst recht erfreut: „Er ist hier groß geworden, das ist das, was man sich als Verein wünscht.“ Ein Eigengewächs mit Weltformat ist Schweinsteiger geworden, ein Regisseur, der die nächste Einstellung bereits im Kopf hat, während die eine Szene noch läuft. „Er ist ein Stratege, der immer weiß, wie er sich verhalten muss“, sagt Neuer. Auch im Endspiel der Champions League sei das so gewesen, betont er, da sei Schweinsteiger „einer der ersten gewesen, die gemerkt hätten, dass der Wurm drin ist“ – und er habe sofort reagiert. Richtig reagiert.
Schweinsteiger hat sich am Donnerstag zum letzten Mal in dieser Saison in den engen Medienraum an der Säbener Straße gesetzt – doch alle Fragen nach seiner Leistung, die umging er geschickt. „Für mich persönlich ist es so: Wenn ich gesund bin, dann bin ich glücklich“, sagte er, dann könne er seine Leistung abrufen.
Schweinsteiger muss sehr glücklich gewesen sein in dieser Saison, er redet aber lieber darüber, wie wichtig Kollege Javi Martinez für ihn ist. Wenn Schweinsteiger der Stratege, der Kopf des FC Bayern ist, kann sich der VfB Stuttgart warm anziehen. Schweinsteiger gibt auch vor dem letzten Spiel dieser Saison die Richtung vor. Er warnt: „Der VfB wird sagen, in einem Spiel ist alles möglich, und da haben sie recht.“ Er betont freilich auch: „Wenn wir unser Potenzial abrufen, wird es schwierig, uns zu schlagen.“
Das hat Schweinsteiger bereits mehrfach in dieser Saison behauptet – und stets Recht behalten. Das Wort Triple nimmt Schweinsteiger nicht in den Mund, auch nicht, als er direkt darauf angesprochen wird. Aber es ist deutlich zu spüren, wie sehr er es will. Den Sieg im Endspiel der Champions League, den habe er bereits beim Aufstehen gleich am Morgen danach zu realisieren begonnen, erzählt er, dann schwenkt er um und sagt: „Das steht aber in dieser Woche schon ein bisschen hinten an.“ Erst will ich noch das Pokalfinale gewinnen, heißt das.
Matthias Sammer, ergänzt Schweinsteiger, habe ja gesagt, dieses Pokalendspiel sei „viel, viel mehr“ als ein Pokalendspiel, es sei ja vor allem auch die einzigartige Gelegenheit für Verein und Spieler, Historisches zu vollbringen. Ja, so ist es, fügt Schweinsteiger an: „Wir haben die Chance, noch einen Titel zu gewinnen, und die sollten wir auch nutzen.“ Gemeinsam mit Oliver Kahn hätte Schweinsteiger in diesem Fall sechs Pokalsiege – Rekord.
Noch besser mit Pep Guardiola?
Aber auch daran denkt Schweinsteiger nicht. „Ich denke daran, was ich tun muss, um das Spiel zu gewinnen“, betont er glaubhaft. Und er denkt schon daran, was ab 26. Juni sein wird, wenn der neue Trainer Pep Guardiola zum Dienst an der Säbener Straße antritt. „Trotz der extremen Erfolge“, erklärt Schweinsteiger mit einem Lächeln, „sehe ich die Möglichkeit, dass wir noch besser Fußball spielen“, auch wenn sich das „vielleicht blöd“ anhöre. Blöd? Höchstens für die nationale und internationale Konkurrenz.