Schweinsteiger: "Jetzt versteh' ich Zidane!"
München - Das Spiel war aus – und jeder Bayern-Profi hatte seine ganz spezielle Art und Weise, mit diesem Schock, mit dem frustrierenden Aus gegen Inter Mailand, umzugehen. Thomas Müller etwa schrie seine Wut heraus, lief wie von Sinnen umeinander, er hätte Telefonbücher zerreißen können. Bastian Schweinsteiger sackte zusammen, kauerte auf dem Rasen wie nach der 0:1-Niederlage im WM-Halbfinale gegen Spanien.
Schweinsteiger stand irgendwann wieder auf, trabte wie benommen über den Platz, nahm Schulterklopfer aus den eigenen Reihen und Handshakes der Gegenspieler wie in Trance hin. Bis er Marco Materazzi wahrnahm. Der Auswechselspieler der Italiener, nicht zum Einsatz gekommen, tanzte und tobte über den Platz, schließlich schrie er etwas zu Schweinsteiger herüber. Plötzlich riss es den Bayern-Mittelfeldspieler, er wollte zu Inters Nummer 23. Kapitän Philipp Lahm und einige Italiener verhinderten, dass es zu Handgreiflichkeiten kommen konnte.
Was war genau passiert? „Jetzt kann ich Zidane verstehen”, sagte Schweinsteiger nach der Partie im Studio von „Sky”. Eine Anspielung auf das WM-Finale 2006 in Berlin, als der Italiener Frankreichs Superstar so lange mit Worten provoziert hatte. Nachdem Zidane festgehalten worden war, hatte er Materazzi angeboten, ihm das Trikot nach dem Spiel zu geben. „Ich nehme lieber Deine Nutte von Schwester”, sei seine Antwort gewesen, erklärte Materazzi später einmal. Daraufhin drehte Zidane mitten in der Verlängerung durch und streckte Materazzi per Kopfstoß nieder. Zidane sah Rot, Frankreich verlor das Elfmeterschießen. Eine große Karriere nahm ein tragisches Ende.
Gestern Abend beschuldigte Schweinsteiger den Italiener, der bei Inter nur noch Reservist ist und eher das voll-tätowierte Vereinsmaskottchen gibt: „Er hat mich schon vor der Partie im Kabinengang provoziert, und dann nach dem Schlusspfiff wieder.” Man konnte sehen, wie der 26-Jährige sich auf die Zunge biss, um keine Beleidigungen auszusprechen.
Schweinsteiger wurde auf dem Platz von Co-Trainer Jonker zur Kabine begleitet, ein kurzen Moment wartete er noch auf den feiernden Materazzi. Gut, dass er sich dann besann. Wenigstens er hatte sich im Griff.