„Schweinsteiger ist wertvoller als Ribéry“
Bundestrainer Löw und Assistent Flick küren den Bayern zum Nationalspieler des Jahres 2008. Der Mittelfeld-Star habe statistisch die besten Werte, sei lernwillig und habe in der vergangenen Saison „den größten Sprung gemacht“.
MÜNCHEN Advent, Winterpause, Weihnachten – es ist Zeit, eine erste Jahresbilanz zu ziehen. Auch für den Bundestrainer. So saßen Joachim Löw und Assistent Hansi Flick in den letzten Wochen oft gemeinsam vor dem Laptop, betrachteten gemeinsam Zahlen, Kurven und Statistiken. Und am Ende der umfassenden Datenanalyse – alle Länderspiele des Vize-Europameisters im abgelaufenen Jahr wurden zu Rate gezogen – stand ein klares Ergebnis: Der Gewinner der internen DFB-Statistik ist Bayern-Star Bastian Schweinsteiger.
„Er hat den größten Sprung gemacht“, lobt Löw den 24-Jährigen. Schweinsteigers Werte sind glänzend. Bei der Laufleistung der Nationalspieler und der Sprintdistanz während einer Partie sowie der Sprinthäufigkeit rage der Bayern-Star aus dem DFB-Team heraus. „Schweini“, wie auch der Bundestrainer ihn nennt, habe „eine extrem hohe Laufleistung“, außerdem verfüge er über „eine extrem hohe Sprintgeschwindigkeit". Auch im EM-Finale gegen Spanien (0:1) habe Schweinsteiger die besten Daten in diesem Bereich nachzuweisen.
Hat also Jürgen Klinsmann, Schweinsteigers Trainer beim FC Bayern, in diesem Fall seine Vorgabe, jeden Spieler an jedem Tag besser zu machen, tatsächlich voll erfüllt? Vielleicht. Sicher ist, dass Bundestrainer Löw dem Ausnahmetalent bereits vergangenen Winter ins Gewissen geredet und von ihm eine Steigerung verlangt hat. Schweinsteiger wäre schon immer schnell gewesen, betont der Bundestrainer, „aber vor einem Jahr haben wir ihm gesagt: Wir erwarten noch mehr Geschwindigkeit".
Auch von Assistent Flick, Löws Daten-Chef, gibt es nur Positives über Schweinsteiger zu hören. Im WM-Qualifikationsspiel gegen Russland (2:1) im September habe die gesamte Mannschaft, speziell in der ersten Halbzeit, die Topwerte von Champions-League-Spitzenbegegnungen erreicht. „Bastian Schweinsteiger war in der hervorragenden Mannschaft der Beste im Spiel, wenn man die Datenanalyse zugrunde legt“, sagt Flick. Und dies will etwas heißen, denn Löw bewertet dieses Spiel als „das beste des ganzen Jahres“.
Doch glaubt man Flick, so bezieht sich Schweinsteigers Leistungssprung nicht nur auf die Nationalmannschaft. Auch beim FC Bayern, der den Vertrag mit dem Oberbayern kürzlich bis 2012 verlängert hat, habe sich Schweinsteiger im Laufe dieses Jahres unverzichtbar gemacht. Flicks Analyse führt zu einem überraschenden Ergebnis: „Für Bayern ist Schweinsteiger sogar noch wertvoller als Franck Ribéry.“ Die Spielweise des quirligen Franzosen würde lediglich schneller wirken, weil der Franzose eben ein echter Sprinter sei. Schweinsteiger jedoch lege mehr Sprints im Höchstempo zurück. „Und Bastian spielt nicht nur nach vorne im höchsten Tempo, oft auch bei der Defensivarbeit nach hinten", lobt Flick die Defensivarbeit des Offensivspielers.
Und auch Löw sieht Schweinsteiger, der bereits 62 Länderspiele absolviert hat, auf besten Weg zum Führungsspieler – in der Nationalmannschaft und auch beim deutschen Rekordmeister FC Bayern. „Bastian will immer mehr Verantwortung übernehmen“, sagt der Bundestrainer und erklärt: „Dazu muss die Leistung zu 100 Prozent stimmen, damit die Akzeptanz vorhanden ist. Auch das Verhalten außerhalb des Platzes ist sehr wichtig. Aber Bastian wächst in seiner Rolle, er nimmt sich die Dinge zu Herzen, die wir ihm mitteilen. Er ist in vielerlei Hinsicht ein Musterbeispiel."
Klingt fast wie im Zeugnis. Frohe Weihnachten, Herr Schweinsteiger.
Gregor Derichs