Schrumpfende Bayern: Der Kader wird seit 2020 schwächer

München - Ein schmerzhafter Zusammenprall, ein Griff in die rechte Seite und kurz darauf das Signal an Coach Julian Nagelsmann, dass es nicht weitergeht: Kingsley Coman (25) reihte sich bei der nächsten Testspielpleite gegen die SSC Neapel (0:3) ins Lazarett des FC Bayern ein - und vergrößerte die Sorgen des neuen Trainers.
"Eine Rippenprellung ist der aktuelle Stand, ich hoffe, es ist nichts Dramatisches", sagte Nagelsmann. Er gehe davon aus, dass Coman "nicht länger ausfallen" werde. Das Pokalspiel am Freitag beim Oberligisten Bremer SV dürfte für den Franzosen aber zu früh kommen, weitere Untersuchungen sollen nun Aufschluss über die Schwere der Verletzung geben.

Oliver Kahn sieht keinen Handlungsbedarf auf dem Transfermarkt
Der ohnehin schmale Kader der Münchner wird kurz vor Saisonstart immer kleiner: Neben Coman fallen auch Lucas Hernández (25), Alphonso Davies (20), Marc Roca (24) und Niklas Süle (25) derzeit aus. Verteidiger Süle hatte sich kurz nach seiner Rückkehr ins Teamtraining einen Hexenschuss zugezogen. Wann er wieder einsatzfähig sein wird, konnte Nagelsmann nicht sagen. "Es gibt keine genaue Prognose. Ich hoffe, dass er Montag wieder einsteigen kann, aber es könnte auch noch länger dauern."
Die Innenverteidigung stellt sich mit Neuzugang Dayot Upamecano (22) und Youngster Tanguy Nianzou (19) quasi von selbst auf. Es gibt zu wenige Alternativen im Bayern-Aufgebot - auch auf anderen Positionen.
Umso überraschender, dass Vorstandschef Oliver Kahn trotzdem keinen Handlungsbedarf auf dem Transfermarkt sieht. "Nee, ich denke, wir sind sehr gut aufgestellt in allen Mannschaftsteilen", sagte Kahn bei RTL und nannte den Kader "exzellent". Das Ziel der Bayern sei es unverändert, in Europa zur absoluten Spitze zu gehören, "top vier, am besten top drei", sagte Kahn. Die finanziellen Einbußen durch die Corona-Pandemie hätten das Geschäft erschwert. "Wir sind nicht der einzige Klub, der durch die Pandemie betroffen ist."
Die Qualität in der Breite hat abgenommen
Aber ganz sicher einer der europäischen Giganten, die in der jüngeren Vergangenheit die meisten Topspieler abgegeben haben. Seit dem Triple-Triumph 2020 waren das: Philippe Coutinho, Ivan Perisic, Thiago, David Alaba, Javi Martínez, Jérôme Boateng. Auf der anderen Seite kamen mit Leroy Sané und Upamecano nur zwei Stars hinzu. Die Qualität hat abgenommen, vielleicht nicht in der Spitze, aber definitiv in der Breite. Die schrumpfenden Bayern.
Coach Nagelsmann bleibt trotzdem ruhig. "Ich übernehme eine gut funktionierende Mannschaft, die aber erst Montag komplett ist", sagte er. Forderungen nach Neuzugängen stellt er nicht, gibt sich diplomatisch. Es sei zwar die Pflicht, den Transfermarkt zu beobachten, doch wenn sich nichts ergebe, werde er mit dem vorhandenen Personal auf Titeljagd gehen.
Sorgen vor einem Fehlstart habe er nicht, versicherte Nagelsmann nach drei Pleiten in vier Testspiel ohne einen einzigen Sieg. "Was soll ich nach einem Vorbereitungsspiel den Zampano machen?", sagte er, gestand aber: "Das fühlt sich nicht gut an." Seine Hoffnung ist das Comeback der EM-Fahrer, die den Stamm bilden. "Wir sind froh, dass die Nationalspieler zurück sind und auch 45 Minuten gesammelt haben. Jetzt kommen am Montag nochmal drei wertvolle Spieler zurück (Thomas Müller, Joshua Kimmich und Manuel Neuer, Anm.d.Red.), dann können wir zum ersten Mal komplett trainieren", so Nagelsmann.
Nagelsmann ist optimistisch
Dennoch: Die Zeit ist knapp. Das gilt übrigens auch für die Vertragsverhandlungen mit Leon Goretzka (26), dessen Arbeitspapier 2022 ausläuft. Kahn hatte kürzlich von positiven Gesprächen mit Goretzka gesprochen, aber eingeräumt: "Topspieler wollen auch entsprechend bezahlt werden." Daran hakt es noch zwischen Bayern und der Goretzka-Seite,
Nagelsmann ist aber optimistisch. "Ich hoffe, dass er an die sportlichen Dinge einen Haken macht." Und bald auch an die finanziellen - damit der Bayern-Kader nicht weiter schrumpft.