Schonungslose Ehrlichkeit: So wollen Thomas Tuchel und der FC Bayern das Kommunikations-Problem lösen
München - Kommunikation, Form des gegenseitigen Austausches, wenn man miteinander statt übereinander redet, ist eine Kunst, die beim FC Bayern nicht immer erfolgreich praktiziert wird.
Es gehörte schon fast immer zur guten, bayerischen Tradition, dass sich die Vereinsgranden gerne und ausgiebig in der Öffentlichkeit äußern – und dabei alles andere als das berühmte Blatt vor den Mund nehmen. Ob Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß oder Karl-Heinz Rummenigge, das sind alles Männer, die nicht nur mit einem scharfen Verstand, sondern auch einer bedrohlich spitzen Zunge gesegnet sind.
Trainer Thomas Tuchel irritiert beim FC Bayern mit schonungsloser Ehrlichkeit
Doch die entwaffnende Ehrlichkeit, mit der Neu-Trainer Thomas Tuchel seine Meinungen, Ansichten und Forderungen nach außen trägt, verwundert im Bayern-Kosmos doch regelmäßig. Mal fordert er mit Nachdruck und wiederholt Neuzugänge ein – und watscht im selben Atemzug vermeintliche Führungsspieler seines Kaders ab, indem er ihnen die Attribute abspricht, die er für den Erfolg der Mannschaft als unumgänglich betrachtet.
Mal findet er den Kader – für dessen Zusammenstellung er mitverantwortlich ist und sogar in der Taskforce saß – als "zu dünn". Mal gibt er nach ernüchternden Auftritten seiner Spieler (0:3 im Supercup gegen RB Leipzig) den Trainer der traurigen Gestalt, der aus seiner Ratlosigkeit keinerlei Hehl macht.
Nach den Mecker-Attacken: FC-Bayern-Boss Dreesen nimmt sich Thomas Tuchel zur Brust
"Die Diskrepanz zwischen der Verfassung, der Form, der Stimmung, mit der wir anreisen, und dem, was wir auf den Platz bekommen, ist eklatant, ist riesengroß. Es ist für mich im Moment unerklärlich", sagte der jetzt 50-Jährige da: "Ich habe keine Ahnung, wieso das so ist. Ich habe jetzt keine Lösung. Ich bin konsterniert und extrem enttäuscht. Das Schwierige ist, dass ich keine Ansatzpunkte habe."
Solche Mecker-Attacken waren den Bayern-Bossen dann doch viel zu viel der Transparenz. Der neue Vorstandsboss Dreesen nahm sich Tuchel verbal zu Brust – und das natürlich öffentlich. "Er muss jetzt etwas kreativer sein. Das ist sein Job! Der Kader ist immer noch erstklassig besetzt", sagte er kürzlich.
Geheime Gesprächsrunde: Tuchel und der FC Bayern wollen die Kommunikation verbessern
Nun haben die Bayern in der vergangenen Woche anscheinend herausgefunden, dass man dem jeweiligen Redebedarf auch hinter verschlossenen Türen frönen kann. Es gab eine – wohl von beiden Seiten als nötig befundene – Gesprächsrunde.
Dort sollen beide Seiten zur Übereinstimmung gekommen sein, dass es auf beiden Seiten Kommunikationsdefizite gegeben hat. Man soll sich auch darauf verständigt haben, dass in der Zukunft erstmal untereinander geredet wird, ehe jemand seinem verbalen Sendungsbewusstsein nachgibt. Kommunikation eben.