Scholls dritter Abschied - diesmal für immer?
Der Trainer hört zum Saisonende bei Bayern II auf – weil ihm sein Job als TV–Kritiker wichtiger ist. Hoeneß schäumt, doch Scholl sagt: „Es gibt keine andere Lösung.” Das Stühlerücken hat begonnen
MÜNCHENMehmet Scholl ist gerade weit weg. Der Trainer des FC Bayern II weilt im türkischen Belek, Trainingslager, zur Vorbereitung auf die Regionalliga-Rückserie. Was gestern bekannt wurde: Vor dem Abflug hat Scholl noch schnell bei Präsident Uli Hoeneß seinen Rücktritt zum Saisonende eingereicht – angeblich wegen seines Jobs als TV-Experte bei der ARD. „Ich habe die Brisanz der Doppelfunktion unterschätzt, diese Fehleinschätzung korrigiere ich nun", sagte Scholl zur AZ.
Nach dem Karriere-Ende nach 15 Jahren als Bayern-Spieler (2007) und dem kurzen ersten Gastspiel als Coach der Zweiten (2009/2010) verlässt der 42-Jährige den FC Bayern also zum dritten Mal – für immer? Das lässt er offen. „Jetzt werde ich auf jeden Fall mal meinen TV-Vertrag bis 2014 erfüllen”, sagt er.
Eine Entscheidung musste her, weil Hoeneß ihn aufgefordert hatte, nicht weiter zweigleisig zu fahren – zu Gunsten des FC Bayern, meinte der Präsident. Scholl bleibt nun aber der ARD treu, mindestens bis zur WM in Brasilien. Der „Süddeutschen Zeitung” sagte er, Hoeneß habe die Entscheidung zur Kenntnis genommen, „aber nicht akzeptiert”. „Eine andere Lösung gibt es nicht”, argumentiert Scholl.
Vor allem, weil die Doppelrolle nur zu Knatsch führte. Bei der EM 2012 hatte er Mario Gomez („wund gelegen”) kritisiert, das kam bei Bayern nicht gut an. Dasselbe Echo gab’s nachdem Scholl im Herbst Thomas Müllers Interviewstil kritisiert hatte („Mir gefällt die Art und Weise nicht”). Fünf Tage Unruhe habe es danach an der Säbener Straße gegeben, verriet er der „SZ”. Mit solchen Diskussionen sei jedoch keinem gedient: „Denn es geht ja dann auch nie um die Aussagen an sich, zu denen ich stehe. Sondern nur darum, dass ich das als Bayern-Angestellter sage.”
Dass die Zusammenarbeit mit dem neuen Sportvorstand Matthias Sammer nicht so fruchtbar wie gewünscht verlief, wird ebenfalls eine Rolle gespielt haben. „Am allerwichtigsten ist, dass es bei Bayern I super läuft, dann ist der Verein schon mal im guten Gleichgewicht”, meinte er im Dezember vielsagend. Mit der Regionalliga führte er dazu seine ganz eigenen Kleinkriege. „Es passieren einfach viele kuriose Sachen”, sagte er. Mal müsse man auswärts mit sechs verschieden Ballmodellen spielen, dann wieder schreie der „Stadionsprecher während des Spiels ’Auf geht's, Buam! Pack ma's nochmal! Verhaut's die Bayern!’”, so Scholl. „Dann werden auch noch willkürlich Spiele verschoben, weil vielleicht die Funktionärsgattin vom Abgeordneten des Bayerischen Fußball-Verbandes im Stau steht.”
Von sich wies Scholl Gerüchte, er sei beleidigt darüber, dass er nicht für die Heynckes-Nachfolge in Betracht gezogen wurde. Das sei „absurd und unverschämt”, sagte er der „Bild”, „es klingt ja so, als wäre ich ein beleidigter Junge.” Der Verein habe mit Guardiola schon die rechte Wahl getroffen.
Bei Bayern beginnt so das große Stühlerücken. Pep kommt, Markus Babbel, so heißt es, vielleicht als Co-Trainer. Scholls Zweite könnte wieder Hermann Gerland übernehmen – oder Sammer-Intimus Heiko Herrlich, man kennt sich vom DFB.
Ob Scholl dagegen nach 2014 überhaupt noch mal einen Versuch wagt? Wer ihn dann noch will? Ungewiss. „Ich bleibe Trainer”, versicherte er gestern. Jetzt wird er allerdings erstmal nur als Experte über seine Zunft richten. Eingleisig, so wie Hoeneß es wollte.