Sané und seine Vorgänger beim FC Bayern: Zwischen Genie und Wahnsinn

München - Für zahlreiche Momente, die in Erinnerung bleiben, hat Leroy Sané in seinen ersten Monaten beim FC Bayern zweifellos bereits gesorgt. Dazu gehören Traumtore, Vorlagen oder gelungene Dribblings. Ganz sicher aber auch das Spiel kurz vor Weihnachten in Leverkusen (2:1), bei dem der Königstransfer, der im Sommer für knapp 50 Millionen Euro von Manchester City nach München kam, ein- (32.) und nach knapp einer halben Stunde (68.) wieder für Youngster Jamal Musiala ausgewechselt wurde.
Erziehungsmaßnahme für Leroy Sané hat gefruchtet
Sein Trainer Hansi Flick wollte das ausdrücklich nicht als bewusste Höchststrafe für seinen Superstar verstanden wissen und erklärte sie mit taktischen Abwägungen. Für Sané dürfte es sich trotzdem so angefühlt haben. "Die Ein- und Auswechslung in Leverkusen war eine Erziehungsmaßnahme, die gefruchtet hat", sagte der Lothar Matthäus der "Sport Bild": "Leroy hat gemerkt, dass es nicht nur mit Schönspielerei geht, sondern der FC Bayern harte Arbeit bedeutet, Aufwand, Gegenpressing."
Sané: Sechs Torbeteiligungen in sechs Spielen
Der Trend zeigt nach oben. In den letzten sechs Pflichtspielen war er an sechs Toren beteiligt, überzeugte auch beim 4:1 im Achtelfinale der Champions League in Rom als Torschütze. Und auch die insgesamt 17 Scorerpunkte (acht Tore) in 30 Partien sind keine schlechte Quote. Sané, der gerne selbst den Hashtag #insané (auf Deutsch: wahnsinnig) verwendet, wandelt eben zwischen Genie und Wahnsinn.
Lothar Matthäus schätzt ihn als sensibel ein
"Auf dem Weg der Besserung" sieht ihn aber auch Matthäus, "dennoch hat Leroy noch Luft nach oben, speziell in der Defensive: Er wählt häufig die falsche Position, auch die Kommunikation mit seinen wechselnden Mitspielern ist nicht optimal." Daran arbeitet er mit Flick. "Leroy braucht Zeit, er ist ein sensibler Spieler", sagt Matthäus. Es liegt allein an Sané, sein Potenzial zum Weltklassespieler zukünftig voll auszuschöpfen.
Diese Wunderkicker hatten ebenfalls Startprobleme
Er ist nicht das erste Wunderkind, das bei Bayern mit (zu) hohen Erwartungen und Anlaufproblemen zu kämpfen hat. Die AZ blickt auf einige seiner Vorgänger zurück:
Mario Götze: Der WM-Finalheld von 2014 kam 2013 für 37 Millionen Euro als eines der verheißungsvollsten Versprechen des deutschen Fußballs vom BVB. Einlösen konnte er das in München nie. Nachdem er 2016 nach Dortmund zurückkehrte, wechselte er im Sommer nun zur PSV Eindhoven.

Renato Sanches: Der Portugiese kam 2016 für 35 Millionen als frischgebackener Europameister und einer der Spieler des Turniers zu Bayern. Er galt als DER Mann der Zukunft im zentralen Mittelfeld. Wirklich angekommen ist er nie in München. Nach einer Leihe zu Swansea City verkaufte Bayern ihn 2019 für 20 Millionen an den OSC Lille. Bei dem aktuellen französischen Tabellenführer hat der 23-Jährige zu alter Stärke zurückgefunden. Unter anderem Liverpool soll an ihm interessiert sein.

Pierre-Emile Höjbjerg: Mit 17 Jahren und 251 Tagen wurde er 2013 zum zwischenzeitlich jüngsten in der Bundesliga eingesetzten Bayern-Spieler. Beide Seiten fehlte danach etwas die Geduld. 2016 wechselte er zum FC Southampton und im Sommer nun zu Tottenham. Bei José Mourinho ist der 25-Jährige dort im zentralen Mittelfeld gesetzt.

Lukas Podolski: Poldi wechselte 2006 als Sommermärchenprinz nach München, wurde in seinen drei Jahren dort aber nicht glücklich. Nach der Rückkehr zu seinem Herzensverein 1. FC Köln startete der Rio-Weltmeister von 2014 dann international bei Arsenal, Galatasaray und Co. durch.

Sebastian Deisler: Der offensive Mittelfeldspieler galt als eines der größten deutschen Talente aller Zeiten, als er 2002 für neun Millionen von Hertha zu Bayern ging. Zahlreiche Verletzungen setzten ihm aber immer mehr zu. Er litt an Depressionen und beendete 2007 mit gerade mal 27 Jahren seine Karriere. Der als Ersatz für ihn verpflichtete Jose Ernesto Sosa floppte anschließend in München.

Breno: Den Brasilianer holten die Bayern 2008 für zwölf Millionen als Abwehr-Toptalent aus São Paolo. Sein riesiges Potenzial konnte er aber nie abrufen, immer wieder stoppten ihn schwere Knieverletzungen. Es folgte eine Tragödie: Unter Alkohol- und Medikamenteneinfluss steckte er sein Haus in Grünwald in Brand. Er wurde deshalb zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Nach der Haftentlassung ging er wieder zurück nach Brasilien. Wirklich in Gang kam seine Karriere dort nicht mehr.

Olaf Thon: Als 18-Jähriger schoss er 1984 beim 6:6 im Pokal-Halbfinale zwischen Schalke und Bayern drei Tore. 1988 wechselte er dann nach München und verbrachte dort sechs erfolgreiche Jahre mit den Meistertiteln 1989, 1990 und 1994. Danach ging es zurück zu den Königsblauen.
