Salihamidzic im AZ-Interview: „Mein Sohn ist wichtig“
Hier erklärt Brazzo, der frühere Bayer, welche Rolle sein Nachwuchs im Duell mit dem Ex-Klub spielen soll – und warum ihn die Kollegen bei Juve immer wieder nach Luca Toni fragen
MÜNCHEN Hasan Salihamidzic (32) ist seit 15 Jahren Profi und hart im Nehmen. Ehe er vom FC Bayern 2007 zu Juventus Turin gewechselt ist, hat er sogar zwei Kreuzbandrisse weggesteckt. Tja, und jetzt das: Die Peroneussehne, ein im Vergleich zum Kreuzband vermeintlich unwichtig erscheinendes Bauteil im menschlichen Fuß, das kaum einer kennt, legt Salihamidzic lahm. Brazzo, zu Bayern-Zeiten ein Dauer(b)renner, hat in dieser Saison erst ein Spiel für Juve bestritten. Erst seit Sonntag trainiert er endlich wieder mit der Mannschaft. Mit einem Einsatz gegen seinen Ex-Klub darf er nicht rechnen.
Er findet das „bitter“. Aber als ihn die AZ erreicht, hat er trotzdem ganz gute Laune. Wie immer.
AZ: Grüß Gott, Herr Salihamidzic. Haben Sie Ihren Mitspielern aus gegebenem Anlass schon mal erklärt, was der Bayern-Dusel ist?
HASAN SALIHAMIDZIC: Die wissen Bescheid. Freitagabend vor unserem Spiel gegen Inter haben wir im Hotel das 2:1 gegen Gladbach im Fernsehen geschaut. Jeder hat festgestellt, dass sie nicht toll gespielt, aber Schwein gehabt haben – und dass sie vorn wieder ein Tor machen können.
Sie schauen in Italien die Bundesliga im Fernsehen an?
Klar. Und nicht nur die. Am freien Sonntagnachmittag habe ich mit meinem Sohn Nick auch die Zweitliga-Konferenz mit Sechzig angeschaut.
Das verdient Mitleid, oder?
Nee, war ein netter Familientag. Wir haben nebenbei ein bisschen gekickt, und meine Frau hat Plätzchen gebacken.
Nick ist sechs Jahre alt. Darf er am Dienstag ins Stadion?
Er geht auf jeden Fall. Nick ist wichtig. Wenn er im Stadion zugeschaut hat, haben wir nie verloren. Bei unseren beiden letzten Niederlagen fehlte er. Gegen Inter war er wieder im Stadion, wir haben gewonnen. Hinterher haben Alessandro del Piero und ein paar andere ihm in der Kabine gesagt: „Nick, du musst am Dienstag unbedingt kommen, wenn wir gegen Bayern spielen!“ Er hat gesagt: „Kein Problem, Jungs, ich werde da sein.“
Juve kann Glück gebrauchen. Zuletzt lief es holprig.
Wenn wir in der Champions League ausscheiden, wäre es eine Katastrophe für den Klub – genau wie für den FC Bayern. Wir haben sogar noch höhere Erwartungen als die Bayern. Juve hat viel investiert. Umso wichtiger war am Samstag unser Sieg gegen Inter, unseren Erzrivalen (2:1, d. Red.). Da hat die Mannschaft Selbstvertrauen getankt. Wir sind wieder im Aufwind.
Spielmacher Diego steht in der Kritik. Sogar von einem Tausch gegen Luca Toni war in Italien die Rede.
Ich halte das für völligen Käse. So einen geilen Spieler wie Diego bekommt man nur alle zehn Jahre. In meinen Augen wird er langfristig der entscheidende Mann. Aber wenn – wie zuletzt – die Mannschaft nicht gut spielt, kann Diego allein nicht viel ausrichten. Es ist leider so, dass Neuzugänge wie er, Felipe Melo oder Amauri in der öffentlichen Kritik gesondert bewertet werden. Da darf man sich nicht verrückt machen lassen.
Wie wird Luca Tonis Ausmusterung bei Juve bewertet?
Ich habe ja noch Kontakt nach München, war neulich zur Reha dort. Also fragen mich meine Mitspieler immer, was mit Luca los ist. Die sind natürlich überrascht. Jeder weiß, dass er vielleicht nicht der Filigrantechniker ist, aber dass er viele Tore schießt – wenn man ihm Selbstvertrauen gibt und der Trainer hinter ihm steht, so wie Ottmar Hitzfeld in Tonis erstem Jahr bei Bayern. Da hat er 40 Tore gemacht. Dass er jetzt nicht spielt, kann hier keiner verstehen. Ich finde es auch sehr komisch. Er ist einer der besten Stürmer Europas.
Was spricht gegen Juventus für die Bayern?
Dass sie gar nichts zu verlieren haben. Und wenn sie ausscheiden, können sie sagen: Wir sind an Juve gescheitert – einer sehr, sehr guten Mannschaft.
Interview: M. Schilling