Sachlich statt herzlich

MÜNCHEN - Was das Verhältnis zwischen Bayern-Kapitän Mark van Bommel und Trainer Jürgen Klinsmann so besonders macht.
Er hat eine Fristverlängerung bekommen – auf unbestimmt. Aber ganz bestimmt wird sich Mark van Bommel (31) nicht erst im Mai entscheiden, für welchen Arbeitgeber er ab 1. Juli seinen Dienst verrichten möchte, ob er um ein Jahr verlängert oder ein womöglich schlechter dotiertes Angebot eines anderen Vereins annimmt. Die Bayern-Bosse haben die Frist 1. Februar verstreichen lassen – wie sie behaupten, um dem Kapitän entgegen zu kommen.
„Wir geben ihm noch Zeit, damit er sich für uns entscheidet“, sagte Manager Uli Hoeneß, „damit er sich nicht unter Druck gesetzt fühlt. Und wenn er sich schlussendlich für Bayern entscheidet, werden wir uns sehr Freude.“ Hoeneß bezeichnete es als „erstes Ziel“, van Bommel „das Gefühl zu vermitteln, dass unsere oberste Priorität sein Verbleiben in München ist.“ Wirklich? Warum haben sie ihm dann nicht gleich einen Zwei-Jahresvertrag angeboten?
Denn dann, so van Bommel, hätte es „gar keine Debatte“ gegeben. Er hätte unterschrieben, so aber meinte er: „Es war nicht so, dass ich sage, puh, das Angebot ist überragend.“ Im Gegenteil, er war „enttäuscht“.
Für die Bayern-Bosse ist die Personalie MvB die kniffligste der noch zu treffenden Entscheidungen. Nicht die Frage, ob die Leihspieler Oddo und Donovan gekauft werden, ob Zé Roberto noch einmal verlängert oder nicht. Die Causa van Bommel ist zum Politikum geworden. Geht er aus Verärgerung über das Angebot, werden es die Fans den Bossen übel nehmen. Schon am Donnerstag, als es Gerüchte in den Medien gab, der Holländer würde in einer Presserunde an der Säbener Straße seinen Abschied verkünden, versammelten sich eine Handvoll Fans an der Tiefgaragenausfahrt der Profis. Sie hatten ein Transparent gemalt, darauf stand rot auf weiß: „Unfassbar! Wir werden unseren Mark sehr vermissen.“ Weitere Zuneigungsbekundungen werden folgen.
Die Bosse werden nicht begeistert sein – Trainer Jürgen Klinsmann erst recht nicht.
Zwar betont der Coach immer wieder, wie hoch seine „Wertschätzung“ für seinen Kapitän sei. Und: „Wir würden uns Freude, wenn Marks Entscheidung für uns ausfällt.“ Allerdings: Bleibt van Bommel und nimmt den Einjahresvertrag doch an, entsteht nächste Saison genau dasselbe Problem. Spätestens ab Herbst hätte Klinsmann die erneute Diskussion am Hals: Neuer Vertrag für van Bommel oder nicht?
Das Verhältnis der beiden ist als sehr sachlich zu bezeichnen, nicht so vertraulich wie es zwischen einem Chefcoach und seinem wichtigsten Spieler sein sollte. Auf die Frage, ob und wie häufig die beiden zuletzt kommuniziert hätten, antwortete van Bommel süffisant: „Ja – wir müssen manchmal.“ Begeisterung über ein befruchtendes Arbeitsverhältnis klingt anders. So wird die Entscheidung künstlich hinausgezögert. Dennoch hofft man im Verein auf eine baldige Entscheidung – so oder so. „Ich bin vorsichtig optimistisch, dass er das Angebot des FC Bayern annimmt“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge bei „Premiere“.
Ein Abschied ist jedoch wahrscheinlicher. Was Ottmar Hitzfeld bedauern würde. „Das würde ein Loch reißen“, sagte Ex-Trainer Ottmar Hitzfeld in „BamS“ und fügte hinzu: „Man braucht einen solchen Typen, der Meinungen vertritt, der die Mannschaft stark macht. Und er war ein Garant der letzten Erfolge.“ Ein Plädoyer für van Bommel. Jürgen Klinsmann dürfte es wohl nicht gerade erfreut vernommen haben.
ps