Rummenigge "Jupp ist mein Mann des Jahres"

Im 2. Teil des AZ-Interviews erklärt Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge, warum Heynckes ihn begeistert, was er über Dortmund denkt – und wie er daheim mit der Familie entspannt
Interview: Gunnar Jans und Jochen Schlosser |
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Karl-Heinz Rummenigge: Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern empfing die AZ-Redakteure Jochen Schlosser und Gunnar Jans (r.) an der Säbener Straße.
AZ Karl-Heinz Rummenigge: Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern empfing die AZ-Redakteure Jochen Schlosser und Gunnar Jans (r.) an der Säbener Straße.

AZ: Der Fokus liegt auf der Champions League, auf dem Finale dahoam gegen den FC Chelsea. Dennoch gibt es zuvor an diesem Samstag auch noch ein nicht ganz unbedeutendes Spiel in Berlin - das DFB-Pokalfinale gegen Meister Borussia Dortmund. Haben Sie Angst, dass der BVB, der nun zweimal hintereinander Meister geworden ist, den Bayern mittelfristig enteilt?

KARL-HEINZ RUMMENIGGE: Man muss sachlich und souverän mit den Dingen umgehen. Ich habe mal nachgeschaut: Mit unseren 73 Punkten wäre man seit dem Jahr 2000 sechs Mal Meister geworden. Das wir es nicht geworden sind, liegt daran, dass Borussia Dortmund eine sehr gute Rückrunde gespielt und fast alle Spiele gewonnen hat.

Sie selbst betonen immer wieder: „Die Meisterschaft ist der ehrlichste Titel"...

... das mag sein, aber die Wertigkeit ist doch ganz klar: Nummer eins Champions League, Nummer zwei Bundesliga, Nummer drei DFB-Pokal. Daran wird sich auch niemals etwas ändern. Der Titel Nummer eins ist und bleibt die Champions League.

Aber dennoch: Eine Niederlage am Samstag in Berlin wäre in der Außenwirkung fatal. Es wäre die fünfte Pflichtspielniederlage in Folge gegen Dortmund.

Ich glaube, das wird wieder ein sehr, sehr enges Spiel. Wir haben in der Liga zweimal 0:1 verloren, das hätte nicht sein müssen. jetzt müssen wir zusehen, dass wir gewinnen. Ich weiß, wie die Fanseele tickt - und dass die Fans unbedingt wollen, dass wir dieses Spiel gewinnen. Also werden wir es mit aller Macht versuchen.

Gefeiert wird aber nach einem Sieg schon in Berlin?

Wir gehen nach dem Spiel zusammen in die Telekom-Zentrale, und dann wird die Mannschaft nach dem Abendessen zeitig ins Bett gehen und sich professionell aufs Champions-Leage-Finale vorbereiten. Da wird es keine Discobesuche oder Ähnliches geben.

Lesen Sie auch den ersten Teil des Interviews mit Rummenigge

Dortmund hat ja nun bereits zum zweiten Mal die Meisterschale geholt. Gibt es irgendetwas, was der BVB tatsächlich besser macht als der FC Bayern? Oder war's Pech?

Jeder Verein muss seine eigene Philosophie finden - die haben ihre, wir haben unsere. Um ein endgültiges Fazit dieser Saison ziehen zu können, möchten wir diese zwei anstehenden Spiele noch bestreiten, aber Stand heute sind wir absolut zufrieden mit dem Verlauf der Saison. Wir haben in der Liga gut gespielt - leider mit einer sechswöchigen Auswärtsschwäche, die uns entscheidende Punkte gekostet hat. Auch im DFB-Pokal haben wir gut gespielt. Zudem hatten wir als einzige Mannschaft Deutschlands diese Belastung durch die Champions League. Dies alles lässt für mich nur einen Schluss zu: Mein Mann des Jahres ist unser Trainer: Jupp Heynckes.

Ihre Begründung?

Wie er den Job interpretiert hat, wie er die Ruhe bewahrt hat - und wie er hat auch in unruhigen Zeiten immer die richtigen Lösungen präsentiert, das war erstklassig, das hat mir imponiert. Wir sind total zufrieden mit ihm. Er ist ein sehr rationaler Mensch, der auch bei Niederlagen vernünftige Entscheidungen trifft und nicht nervös wird. Das hat er immer grandios gemacht.

Aber Kontinuität auf der Trainerposition, wie nun bei Dortmund mit Jürgen Klopp, die hatte der FC Bayern zuletzt mit Ottmar Hitzfeld.

Entscheidend ist, dass der Trainer Qualität hat, zur Mannschaft passt und n seinen klaren Plan umsetzt.

Also soll Jupp Heynckes, der am Mittwoch seinen 67. Geburtstag feiert, länger als bis 2013 bleiben?

Wir haben auf jeden Fall ein krisensicheres Verhältnis. Wir könnten ihm einfach eine Vertragsverlängerung hinlegen, wir würden ihn damit aber unter Druck setzen, das würde ihm nicht gerecht. Wir sind so verblieben, dass wir uns irgendwann zu einem ihm und uns genehmen Zeitpunkt hinsetzen und mit ihm besprechen, wie es weitergeht. Auch wenn er irgendwann kommt und sagen würde: „Das war es jetzt mit dem Fußball", dann werden mit ihm zusammen - das gab bei noch keinem Klub – offen seine Nachfolge diskutieren. Er ist ein hocherfahrener Mann, der seine Kollegen sehr gut einschätzen kann. er wird uns beraten. Dieses gegenseitige Vertrauen haben wir.

Gesetzt den Fall, der FC Bayern triumphiert am 19. Mai: Haben Sie Angst, Heynckes könnte – mit dem Pott in der Hand – seine Karriere trotz laufenden Vertrags vorzeitig beenden?

Er mir letzte Woche gesagt, dass er einen solchen Gedanken nicht hegt. Ich bin überzeugt, er wird nicht am 20. Mai kommen, auf den Pokal zeigen und sagen: „Das war's dann."

Vor vier Jahren war Jürgen klopp auch beim FC Bayern ein Kandidat. Wäre es jetzt, nach Klopps emotionalen Ausbrüchen in Dortmund, nach den verbalen Spitzengegen Bayern, noch möglich, ihn zum FC Bayern zu holen?

Wir haben einen Trainer mit dem wir total glücklich und zufrieden sind. Also erübrigt sich jede weitere Diskussion.

Darüber, was im Fall des Champions-League-Siegs passiert, haben Sie sich gewiss Gedanken gemacht. Zeigen Sie sich erkenntlich bei Trainer und Mannschaft? Sind sie ihnen dankbar?

Es gibt da eine Dankbarkeit in Form laufender Vertrage, da gibt es ja Rechte und Pflichten. Aber es ist bekannt, dass wir ein sehr fairer und auch gut zahlender Arbeitgeber sind.

Auch für die Angestellten...

Ja. Wir haben erstmal jedem unserer Angestellten eine Karte fürs Finale geschenkt, damit alle bei diesem Spiel dabei sind, damit kein Neid entsteht und das alle mitzittern. außerdem ist es Usus, dass wir im Falle des Champions-League-Siegs jedem Angestellten ein weiteres Monatsgehalt als Bonus zahlen. Die Mannschaft spielt also auch für unsere Mitarbeiter.

Und danach, nach dem möglichen Triumph, entspannt auch der Vorstandsvorsitzende. Wie kommen Sie eigentlich zur Ruhe?

Wie immer. Im Juni fahre ich drei Wochen nach Sylt.

Und was machen Sie dort? Radfahren? Joggen? Spazieren gehen?

Alles! Ich mache immer noch viel Sport, auch wenn ich nicht mehr Fußball spielen kann - das Knie macht nicht mehr mit. Ich kann abschalten - dafür sorgt meine Frau Martina. Sie ist der gute Geist unserer Familie und hält mir den Rücken frei.

Mittlerweile sind Sie ja ein gefühlter Münchner...

Aber ja, ich lebe nun seit 38 Jahren hier - minus fünf Jahren im Ausland. Auch wenn ich es nicht mehr zum Paradebayern bringe, ein Empfinden für die hiesige Kultur habe ich schon. Zuletzt war ich hier in Grünwald sogar beim Maibaumfest. Ich liebe die bayerische Kultur, um die uns ganz Deutschland beneidet. Niemals könnte ich für einen anderen Verein arbeiten als den FC Bayern - auch nicht für einen Verband. Es ist ein großes Glück, dass ich für einen Klub arbeiten kann, für den ich etwas empfinde - und das ist der FC Bayern.

Sind Sie eigentlich glücklich darüber, wie Ihr Leben gelaufen ist: Sie haben eine perfekte Familie mit fünf Kindern - und quasi mit dem FC Bayern eine zweite Familie.

Aber ja! Ich bin dafür dankbar. Ich habe eine fantastische Familie. Das Leben ist immer ein bisschen Schicksal - auch im Sport. Ich hatte damals als junger Bursche aus Lippstadt 13 Angebote aus der Bundesliga, aber ein alter Lehrmeister, ein Trainer, sagte damals zu mir: „Wenn du ein Angebot vom FC Bayern hast, dann gehst du zum FC Bayern und nirgendwo anders hin." So ist das bis heute. Hier kann man sein ganz großes Glück finden. Und den größten Glücksmoment in der Geschichte des FC Bayern, den hoffe ich am 19. Mai miterleben zu dürfen.

Hier geht's zum ersten Teil des AZ-Interviews mit Karl-Heinz Rummenigge - "Rummenigge im Interview - 'Reif für Hollywood'"

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