Rotiert Carlo Ancelotti zu viel? - Mehmet Scholl kritisiert den Bayern-Trainer
München - Diese verfluchte Rotation! Dachte sich auch Thomas Müller. Es hätte eigentlich ein netter Abend für den Stürmer des FC Bayern sein können, zwei Tore hatte er ja schon vorbereitet und auch sonst ordentlich gespielt. Aber dann kam dieses Handspiel, dieser Pfiff, der Elfmeter. Und schon war Müllers Laune getrübt. „Ich bin zufällig in die Rotation gerutscht, weil Lewy (Robert Lewandowski, Anm.d.Red.), Arjen (Robben) und Arturo (Vidal) nicht auf dem Platz standen“, sagte Müller: „Das ist sehr ärgerlich und wurmt mich. 2016 ist nicht das Jahr des Elfmeters.“
"2016 ist nicht das Jahr des Elfmeters", sagt Thomas Müller
Kein Widerspruch: Müller hat jetzt sechsmal in Folge verschossen. Selbst die Worte seines Trainers konnten ihn da nicht aufbauen. „Es ist kein Problem, zu verschießen, das kann passieren“, sagte Carlo Ancelotti. Milde, aber nach Müllers Logik auch verständlich: Schließlich hatte er seine sichersten Schützen auf der Ersatzbank gelassen.
Ancelotti und seine Rotation: Auch nach dem 3:1 in der zweiten Pokalrunde gegen den FC Augsburg waren die Wechselspielchen des italienischen Trainers Thema – weil es den Bayern mal wieder nicht gelang, eine überzeugende Leistung über 90 Minuten zu zeigen. „Die Spielertypen haben heute nicht zusammengepasst“, kritisierte ARD-Experte Mehmet Scholl: „Bei manchen Spielern hatte man das Gefühl, dass sie gar nicht wissen, was sie machen.“
"Jeder, der Fußball liebt, will, dass Holger gesund bleibt"
Rotiert Carlo zu viel? Oder hat er den Masterplan, um seine Stars im Frühjahr, wenn es um die Titel geht, in Bestform zu bringen – was Vorgänger Pep Guardiola in drei Jahren nicht schaffte? Komplett zufrieden war der Coach jedenfalls nicht am Mittwochabend. „Die erste Halbzeit war gut, die zweite nicht mehr so gut“, bemängelte er. Das war fast noch zu wohlwollend ausgedrückt.
Augsburg durfte nach dem scheinbar sicheren 2:0 aufs Bayern-Tor kontern, verschoss zudem noch einen Elfmeter. „Nach dem 2:1 haben wir so richtig den Glauben bekommen, die Sensation noch zu schaffen“, sagte FCA-Coach Dirk Schuster. Bayern-Kapitän Philipp Lahm war deshalb genauso kritisch wie Abwehrboss Jérôme Boateng, der nach dem Schlusspfiff sofort in die Kabine flüchtete. „Das Spiel hatten wir mit dem 2:0 absolut im Griff, haben dann aber wieder nachgelassen“, sagte Lahm: „Das darf uns nicht passieren.“ Ob die Schwächephase in der zweiten Halbzeit auch an den acht (!) Veränderungen lag, die Ancelotti im Vergleich zum 2:0 gegen Gladbach in der Bundesliga vorgenommen hatte?
In einigen Phasen der Partie fehlte Bayern jedenfalls die Abstimmung, die Laufwege passten nicht, sogar das Weltklasse-Duo Boateng/Hummels, das erst zum dritten Mal in dieser Saison zusammenspielte, wirkte nicht immer sicher. Beim 1:2 durch Dong-Won Ji (68.) ließ sich Boateng ganz leicht auswackeln. Einzig US-Stürmer Julian Green, der mit dem 2:0 seine Torpremiere für die Bayern feierte („Ich war nervös und angespannt, aber das Gefühl bei meinem Treffer war unbeschreiblich“), sorgte für einen Lichtblick der Neuen im Team. „Wir haben einen breiten Kader, am Wochenende hat es super funktioniert“, verteidigte Lahm die vielen Wechsel seines Trainers in dieser Frühphase der Saison: „Es waren ein paar Nationalspieler auf der Bank, die heute zurückgekommen sind.“
Und so wird es weitergehen: Am Samstag, wenn in der Bundesliga das „Rückspiel“ in Augsburg ansteht (15.30 Uhr/live bei Sky), dürfte es wieder zu einigen Rochaden kommen. Spieler wie Arjen Robben, Xabi Alonso, Douglas Costa, Javi Martínez oder Robert Lewandowski kamen im Pokal gar nicht zum Einsatz. „So lange es funktioniert, ist es top“, sagte Lahm. Richtig: So lange es funktioniert.