Robben: "Manchmal musst du egoistisch sein!"
Hier wehrt sich Arjen Robben gegen den Vorwurf, er sei kein Teamplayer. Er erklärt, warum er schon bald bei Bayern verlängern will – und glaubt, dass Marco Reus aus Angst vor ihm und Franck Ribéry nicht kommt.
AZ: Herr Robben, Sie haben beim 13:0 im Test gegen Uli Stielikes Klub Al-Sailiya das erste Tor 2012 für den FC Bayern geschossen. Geht gut los!
ARJEN ROBBEN: Ja, das war ein ganz wichtiges Tor, das den Bann gebrochen hat (lacht). Mir macht das Trainieren derzeit mehr Spaß. In den letzten Wochen der Hinrunde habe ich ziemliche Schmerzen gehabt. Jetzt sind die zwar immer noch nicht ganz weg, aber es geht bergauf. Ich hoffe, dass ich fit bleibe - aber ich weiß nicht, ob das so einfach ist bei mir (lacht).
Ihre Verletzungsanfälligkeit ist bekannt. In England heißt es, Sie hätten Knochen aus Glas. Haben Sie das mal untersuchen lassen?
(lacht) Auch wenn das komisch klingt: Es ist viel besser geworden, seit ich bei Bayern bin. Das Problem ist nur, dass die letzten beiden Verletzungen sehr schwer waren (Muskelriss nach der WM 2010 und in der abgelaufenen Hinrunde eine Schambeinentzündung und Leisten-OP) und mich fast ein Jahr gekostet haben. Ich glaube nicht, dass ich etwas falsch mache. Ich lebe für meinen Sport und achte sehr auf mich und meinen Körper. Vielleicht hilft ja Beten!
Immerhin können Sie Witze über Ihre Verletzungsanfälligkeit machen!
Das muss man können. Die letzten Monate waren sowieso schon nicht leicht für mich. Ich habe nicht viel gespielt, aber viel gearbeitet. Diese letzte Verletzung war tückisch, weil mir keiner sagen konnte, wann ich wieder fit sein würde. Es war ein ewiges Auf und Ab, die Ungewissheit ist zermürbend. Darum hatte ich auch nicht immer Lust darauf, mich ständig zu erklären und zu verteidigen, wieso ich schon wieder verletzt bin. Das kostet Energie, die man für die Reha braucht. Dann mache ich lieber Witze darüber.
Hatten Sie Angst, dass Ihre Karriere vorbei sein könnte?
Nein, nie. Ich bleibe immer positiv. Auch wenn das eine Herausforderung ist.
Wie wichtig war es für Sie, dass die Bosse, allen voran Coach Jupp Heynckes Ihnen während Sie verletzt waren, einen neuen Vertrag in Aussicht gestellt haben?
Das hat mir sehr gut getan. Ich habe mich hier immer sehr gut unterstützt gefühlt vom Verein. Ich fühle mich richtig wohl hier und habe ein super Verhältnis mit allen Leuten im Verein. Im Vergleich zu Real Madrid und Chelsea geht es beim FC Bayern familiärer zu. Man kümmert sich um jeden. Das gefällt mir sehr gut.
Und wann unterschreiben Sie Ihren neuen Vertrag?
Ich sehe keinen Grund, Bayern zu verlassen. Und der Klub weiß, wie ich darüber denke. Im Moment haben die Gespräche nicht die Priorität, weil nur wichtig ist, dass ich auf dem Platz stehe. Aber in nächster Zeit wird es sicher passieren. Wenn nicht im Januar, dann im Februar oder März. Der Verein wartet sicher nicht bis ins letzte Vertragsjahr. Da bist du irgendwann ablösefrei.
Hat es Sie erleichtert, dass Marco Reus zu Dortmund wechselt?
Er spielt schließlich auf Ihrer Position... Das war für mich überhaupt kein Thema. Vielleicht ist er ja auch deswegen zu Dortmund gegangen, weil er Angst hatte, nicht spielen zu können bei Bayern. Wir haben schon zwei gute Flügelspieler.
Aber im Herbst schien es so, dass Sie plötzlich nicht mehr unumstritten seien. Auch in der Mannschaft nicht. Es stand zu lesen, dass sie in der Kabine „Alleinikov" genannt worden seien.
Ich glaube, da ist ein bisschen Stimmung gemacht worden gegen mich.
Aus der Mannschaft heraus?
Nein, das glaube ich nicht. Das kam eher von außen. Ich habe auch viel Zuspruch aus der Mannschaft bekommen. Das ist für mich entscheidend. Natürlich habe ich mich über diese Vorwürfe geärgert, mittlerweile lache ich darüber. Weil sie lächerlich sind.
Herr Robben, trotzdem: Sind Sie ein Egoist?
Klar, ich denke nur an mich selbst, ich bin ein Super-Egoist. Nur Arjen Robben ist wichtig, nicht der FC Bayern. (lacht). Leute, das ist doch Wahnsinn! Klar ist: Auf dem Platz musst du manchmal Egoist sein. Gerade als Angreifer. Und natürlich trifft man manchmal intuitiv die falsche Entscheidung, dass man schießt oder dribbelt, statt zu passen. Das gehört dazu. Wenn das ein, zwei Mal passiert im Spiel, ist das okay. Und wenn das zehn Mal passiert, ist es legitim, dass die Mitspieler sich beschweren. Dann redet man darüber – fertig. Meine Stärke ist die Intuition. Bei Franck (Ribéry, die Red.) ist das genauso. Wenn wir zu viele Aufgaben haben im taktischen Spiel, verlieren wir unsere Qualität.
Bei Ribéry fällt auf, dass er wesentlich mannschaftsdienlicher spielt als früher.
Das stimmt, in der Hinrunde hat er das sehr gut gemacht. Und Jupp Heynckes hat das auch von uns eingefordert. Das ist auch richtig so, auch Thomas Müller, Mario Gomez oder Toni Kroos arbeiten besser mit nach hinten als früher.
Und was ist mit Ihnen?
Ich muss das auch (lacht).
Sie standen 2010 innerhalb von zwei Monaten im Champions League- und WM-Finale – und haben beide verloren.
Müssen Sie mich nochmal daran erinnern? Damals zwei Mal hintereinander ein Finale zu verlieren, war nicht so schön, aber es spornt nur noch mehr an, es jetzt zu erreichen. Die Champions League und einen Titel mit der Nationalmannschaft zu gewinnen, das fehlt mir noch. Die Mannschaft jetzt ist auf jeden Fall reifer als vor zwei Jahren. Es sind die richtigen Charaktere da, um große Titel zu holen.