Ribéry und die fiese 77

Bayerns Dribbler Franck Ribéry gehört mit dem Bremer Diego zu den am häufigsten gefoulten Spielern der Bundesliga. Alle 18 Minuten senst ihn jemand um.
MÜNCHEN Da schießt dieser Ernesto Jose Sosa doch tatsächlich mal ein Tor, gefühlte sieben Jahre nach seiner Ankunft beim FC Bayern, das spielentscheidende noch dazu, das Trainer Jürgen Klinsmann bange Tage und unangenehme Fragen ersparte - und kaum jemand kümmert sich darum. Der Aufreger des 1:0-Siegs gegen den Tabellenletzten Karlsruher SC war der Hieb von Franck Ribéry gegen seinen Bewacher Andreas Görlitz.
Der Schiedsrichter bewertete das Verhalten des Franzosen mit einer gelben Karte, die nach Ansicht vieler Beobachter jedoch in die Farbe blutorange lappte. Bayern-Manager Uli Hoeneß, zu aktiven Zeiten ebenfalls ein flinker Außenstürmer, verteidigte Ribéry: Wer ständig auf die Socken bekommt, der wehrt sich halt irgendwann mal, so Hoeneß. Glaubt man der Bundesliga-Datenbank „Impire“, dann ist Ribéry tatsächlich der mit Abstand am häufigsten gefoulte Spieler des FC Bayern: In 1449 Bundesliga-Minuten wurde der freche Dribbler 77 Mal unrechtmäßig von den Beinen geholt, im Schnitt alle 18 Minuten. Alle 25 Minuten trifft es den Kollegen Luca Toni, 50 Fouls in 1269 Spielminuten. Dagegen kommen die Sturmkameraden Miroslav Klose und Lukas Podolski nahezu ungeschoren davon: Klose erwischt es im Schnitt alle 53 Minuten, Podolski alle 55 Minuten.
Im Bundesliga-Durchschnitt betrachtet, wird nur der Bremer Diego noch öfter gefoult als Ribéry: In 17 Spielen wurde der brasilianische Spielmacher in Diensten von Werder Bremen insgesamt 79 Mal umgesenst, Ribéry in ebenso vielen Spielen zwei Mal weniger. Schon im vergangenen Jahr hatte sich an dem zuweilen überharten Einsteigen gegen den kleinen Bremer und den kleinen Bayern eine Diskussion zum Thema „Artenschutz für Super-Stars?“ entfacht: Müssen die Schiedsrichter die Ballstreichler schützen? Werder-Trainer Thomas Schaaf sagt: „Nein. Keiner dieser Spieler verlangt oder erwartet eine Sonderstellung, sondern will genau so bewertet werden wie die anderen auch. Es geht nur darum, dass die Regeln eingehalten werden.“
Natürlich gebe es bei Spielertypen wie Diego oder Ribéry eine „vermehrte Häufigkeit von Zweikämpfen“, sagt Schaaf, „aber das verstehen die auch und werden diese Zweikämpfe auch weiterhin annehmen. Die kennen die Mittel, um sich dagegen zu wehren“. Nur manchmal platzt den ständig Beharkten der Geduldsfaden, und sie fangen an auszuteilen. Diego hat in dieser Saison bereits acht gelbe Karten bekommen, ein Würgeanfall inklusive. Bei Ribéry stehen bislang fünf Verwarnungen zu Buche, darunter die blutorangene vom Samstag.
Als Trainer könne man von außen wenig auf die Ballkünstler einwirken, meint Schaaf: „Wir verlangen von ihm um Gottes Willen natürlich nicht, Schwalben zu provozieren. So etwas wollen wir nicht sehen.“ Dem Kollegen Friedhelm Funkel von Eintracht Frankfurt geht es ähnlich. Der hat in seinem Kader einen ganz speziellen Kandidaten, der sich sogar im Training ständig fallen lässt: Stürmer Martin Fenin. Den absoluten Zahlen von „Impire“ zufolge liegt er in der Rangliste der am häufigsten Gefoulten an Platz zwei.
Thomas Becker