Ribéry & Robben: Die Flügel-Diven

Beim 2:1 gegen Florenz fällt auf, wie abhängig der FC Bayern von den miteinander um Ruhm buhlenden Topstars Robben und Ribéry ist.
MÜNCHEN Jörg Butt wurde für seine Verhältnisse beinahe ungehalten, zumindest sprach er plötzlich laut und entschlossen. Es ging um die Frage, warum er denn nicht den Elfmeter kurz vor der Pause gegen Florenz geschossen habe. „Ich wiederhole mich da“, meinte er, „ich habe das schon oft erklärt: Arjen hat zuletzt zwei Mal getroffen, es war klar, dass er schießt.“ Und so traf Robben statt Butt zum 1:0.
Der Torwart, in Turin noch im Elfmeter-Dienst und damit tagelanges Thema in Italien, hat folgende Meinung: „Es ist wichtig, dass es auf dem Platz keine Streitereien gibt, wer schießt, denn dann wird der Elfer meist verschossen.“ Somit verriet Butt, dass sich die Hierarchie bei Bayern verschoben hat. Es ist Robben, der die Elfmeter schießt, nicht Franck Ribéry. Es ist Robben, der die meisten Freistöße schießt. Nicht Ribéry. Der Holländer erntet Ruhm und Ovationen. Und eben nicht Ribéry.
In punkto Show und Effektivität hat Robben dem Franzosen den Rang abgelaufen. Da passt es ins Bild, dass der Franzose nun sogar modisch nachgezogen hat und ebenso eine rote oder weiße lange Unterhose trägt. Robben sah beim 2:1 gegen Florenz mit seinen knallroten Handschuhen und den neonroten Schuhen wie ein Streichholz aus, eines das aber wenigstens zündete. Es ist klar zu erkennen, dass er das Spiel an sich reißt, dass er die starke rechte Seite mit Hintermann Philipp Lahm bildet.
„Da gibt es in Europa oder gar weltweit kaum etwas Besseres“, schwärmte Mario Gomez, der abhängig ist von dem, was da von außen reinkommt. Da hat es Ribéry schwerer. Seine Absicherung ist kein gelernter Außenverteidiger: Holger Badstuber spielt seine erste Saison, in den nächsten Wochen muss Neuling Diego Contento (19) links verteidigen. Sie geben ihr bestes, nur kommt Ribéry nicht mehr so ins Rollen wie früher als ein anderer ihm die Bälle zulieferte: Philipp Lahm.
Dass Ribéry nicht happy ist über den Hype um Robben, sah man kürzlich, als der Holländer nach einem verwandelten Freistoß beim Jubeln ausflippte und sich Ribéry als Ausdruck seiner Exstase die Schnürsenkel band. Er steht klar im Schatten und wirkt etwas trotzig.
Nie in der Geschichte des FC Bayern hatte man eine so starke Flügelzange, doch die beiden HochgeschwindigkeitsDribbler sind Segen und Sorge zugleich. Denn Robben fiel gegen Florenz dadurch auf, dass er in vielen Situationen den Kopf nicht hoch nahm und eine Torchance durch Eigensinn minimierte. Eine Diva will eben selbst gut aussehen, möglichst selbst das Tor machen. Dadurch stockte das Bayern-Spiel. „Wir haben es nicht geschafft, den Ball flüssig in den eigenen Reihen laufen zu lassen. Wir hatten zu viele Ballverluste“, kritisierte Mark van Bommel. Direkte Kritik an den Zweikampf-Zockern Robben oder Ribéry äußert freilich keiner öffentlich.
Es war der 13. Sieg hintereinander, die Mannschaft ist gefestigt. Doch das Problem ist die verwaiste Zone in der Mitte, im Spiel nach vorne. Van Bommel und Bastian Schweinsteiger haben alle Füße voll zu tun, die Außenstürmer abzusichern. An Robben und Ribéry hängt das Spiel. Die Bayern sind abhängig von ihren Flügel-Diven – was in der Bundesliga gut geht, kann in der Champions League, gegen clevere Teams wie Florenz, daneben gehen. „Unser Spiel ist über außen angelegt, wir spielen ohne Zehner“, sagte Lahm und kritisierte: „Man hat gesehen, dass wir gegen taktisch gute Mannschaften Probleme haben, Chancen zu kreieren.“
Etwas zu naiv haben die Bayern gegen Florenz gespielt. Zu divenhaft. Das Rückspiel dürfte rustikaler werden.
Patrick Strasser