Ribéry, der rosarote Riese
Der Bayern-Star verzückt beim Cottbus-Spiel in seinen farbenfrohen Tretern Freund und Feind und bringt sogar kühle Experten wie Matthias Sammer ins Schwärmen: „Er ist absolute Weltklasse“.
MÜNCHEN Sie sollten den Einspieler ändern. Diese Melodie, die einfach nicht passt zu Franck Ribéry, dem eher rauen Typen, der eine derbe Kindheit hinter sich hat. Erzielt der 25-Jährige, geboren in Boulogne-sur-Mer, einer charme-freien Hafenstadt am Ärmelkanal im Norden Frankreichs, in der heimischen Allianz Arena ein Tor, spielt die Stadionregie den Schmalz-Klassiker „Champs-Élysées“ von Joe Dassin ein.
Nach Ribérys die Sinne raubendem Auftritt beim 4:1 gegen Cottbus – das Publikum vergaß dank Ribéry zeitweise bei frostigen Temperaturen sogar das Frösteln – braucht es eine andere Hymne. Eine peppigere, gewitztere. Eine Ribéry-Melodie. Die Vorlage dazu hat er selbst geliefert. Mit pink-farbenen Schuhen. Wie wär’s also mit der charismatischen, instrumentalen Pink-Panther-Melodie („Dumm-du-dumm. Du-dumm, du-dumm, du-dumm...“) oder mit dem Cartoon-Hit „Wer hat an der Uhr gedreht“? Würde passen. Wer? Franck eben.
Gegen Cottbus feierte der „Mercurial Vapor IV“ von Ribérys Ausstatter Nike in knalligem Pink an seinen Goldfüßen Weltpremiere. Auch Marco Materazzi (Inter Mailand) und Juventus-Stürmer Amauri sowie Bayerns Wunsch-Stürmer Andrej Arschawin von Zenit St. Petersburg trugen am Samstag erstmals das gute Stück. Doch keiner hat’s momentan drauf wie Ribéry, der auf das Spiel der Bayern stets wie ein Beschleuniger wirkt. In den letzten sechs Spielen hat er jeweils ein Mal getroffen (Bayern siegte dabei fünf Mal), gegen Cottbus hatte er sagenhafte 127 Ballkontakte. Pink meets grau-weiß, den grau-weißen Spielball. Ribéry trägt die Schuhe nicht, um aufzufallen. Er fällt auf. Er sticht heraus. Als rosaroter Riese noch viel mehr.
„Die Farbe dieses Schuhs ist wirklich krass und ungewöhnlich für Fußball, genau das finde ich richtig cool“, sagte Ribéry. In Italien werden die Stiefel in Handarbeit hergestellt, ab heute sind sie im Handel zu haben. Schlappen für schlappe 199,95 Euro, so der empfohlene Verkaufspreis.
Pink Franck brillierte wieder einmal gegen Cottbus. Den 0:1-Unfall beseitigte er durch einen Tor-des-Monats-Freistoß, das 3:1 durch Klose bereitete er maßgerecht vor. „Er ist ein Ausnahmefußballer, der tolle Akzente setzt“, sagte Trainer Jürgen Klinsmann, ziemlich zurückhaltend. Manager Uli Hoeneß meinte: „Seit er wieder gesund ist, zeigt er jedes Mal seine Weltklasse.“
Er, der Strafraum-Panther, der im Onlinespot von Nike im Smoking samt Fliege ein Casino aufmischt, seine pinken Würfel schmeißt und mit der pinkfarbenen Sieben am Roulettetisch abräumt. Die „7“ der Bayern ist die große Nummer – in Deutschland. In Europa. Gar weltweit? „Ich glaube, er ist im Moment der beste Spieler der Welt“, sagte DFB-Sportdirektor Matthias Sammer in „Premiere“ und erklärte: „Er ist perfekt ausgebildet, unglaublich antrittsschnell, dazu schnell mit dem Ball, technisch stark und unberechenbar.“ Richtig, was wären die Bayern ohne Ribéry?
In jedem Fall spaßfreier – und nicht so erfolgreich. Ottmar Hitzfeld, der Trainer in Ribéry erster Bayern-Saison, sah ihn stets als „Attraktion“ an. Hitzfeld: „Für uns, für die Fans, für die ganze Bundesliga. Franck hat Spaß am Toreschießen und wartet immer darauf, etwas Besonderes zu machen. Er ist in der Lage, aus dem Nichts zu explodieren. Das zeigt die Klasse eines Spielers." Die Weltklasse.
„Ich habe schon vor zwei Jahren gesagt, dass er auf dem Weg ist, einer der größten der Welt zu werden“, meinte am Samstag Mark van Bommel. „Sein Pech ist nur, dass er nicht in Spanien oder England spielt – das ist jetzt aber nicht negativ gemeint. In Spanien und England ist das Niveau einfach höher.“ Welch’ Glück für Bayern, dass er in München spielt. „Man kann einfach nur sagen, dass er ein sensationeller Fußballer ist“, findet Philipp Lahm.
Morgen betritt er wieder die Bühne. Er, Pink Franck. Denn: Samstag war nicht alle Tage. Er zaubert wieder, keine Frage. Patrick Strasser, Reinhard Keck