Reuter: „Bayern wird wieder durchmarschieren“

Im AZ-Interview spricht FCA-Manager Stefan Reuter über die Topform des Meisters, Spannung in der Liga, den Transfer-Irrsinn in England und erklärt, warum der FC Bayern keine Identitätsprobleme hat.
von  Interview: Simon Stuhlfellner
9. Mai 2015, Allianz Arena: Bobadilla schießt das 1:0 für Reuters Augsburg, es ist schon die zweite Pleite für Guardiola gegen den FCA.
9. Mai 2015, Allianz Arena: Bobadilla schießt das 1:0 für Reuters Augsburg, es ist schon die zweite Pleite für Guardiola gegen den FCA. © GES-Sportfoto

Im AZ-Interview spricht FCA-Manager Stefan Reuter über die Topform des Meisters, Spannung in der Liga, den Transfer-Irrsinn in England und erklärt, warum der FC Bayern keine Identitätsprobleme hat.

AZ: Herr Reuter, der FC Augsburg ist der einzige Bundesligist, der die Bayern mit Pep Guardiola zweimal besiegt hat. Ist der FC Augsburg schon ein Experte im Bayern-Ärgern?

STEFAN REUTER: Das würde ich so nicht sagen. Die Zeitpunkte, an denen wir auf Bayern getroffen sind, waren für uns einfach auch glücklich. Vor zwei Jahren waren sie schon Meister, und letzte Saison haben wir sie zwischen den Halbfinalspielen der Champions League gehabt. Da ist es nachvollziehbar, wenn eine Mannschaft auch mal um ein paar Prozent nachlässt. Wie die Bayern aktuell auftreten, muss schon sehr viel zusammenkommen, um dort zu punkten. Die beiden ersten Heimspiele gegen Hamburg und Leverkusen haben gezeigt, wie souverän sie in die Saison gestartet sind. Und wenn man sich die Nationalspieler angeschaut hat: Die sind richtig gut drauf.

Besonders Thomas Müller, auch Douglas Costa ist in einer Top-Form.

Aber nicht nur die. Wenn ich sehe, wie Mario Götze in den Länderspielen aufgetreten ist mit seinen beiden Toren, auch Robert Lewandowski: Die Bayern haben viele Spieler, die in blendender Verfassung sind, da können sie von vorne bis hinten durchgehen. Aber wenn an einem Tag einiges zusammenkommt, kann man dort auch mal punkten.

Gibt’s also wieder einen Durchmarsch der Bayern zum vierten Meistertitel in Serie, oder können Wolfsburg oder Dortmund diesmal dagegenhalten?

Ich glaube, dass Bayern wieder durchmarschiert.

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Also keine Spannung an der Spitze?

Es wird spannend um Platz zwei, sagen wir es mal so.

Ottmar Hitzfeld hat kritisiert, dass beim FC Bayern die bayerische Identität durch die Transferpolitik der letzten Jahre immer mehr verschwindet. Sehen Sie als ehemaliger Bayern-Star das auch so?

Nein, man kann nicht beliebig Nachwuchsspieler selbst herausbringen. Es ist Bayern über Jahre gigantisch gelungen, Eigengewächse in den Kader einzubauen, auch jetzt stehen noch viele in der Mannschaft, denken Sie auch an Holger Badstuber, dem wir alle die Daumen drücken, dass er wieder zurückkommt. Aber dann hat man vielleicht mal ein paar Jahrgänge dabei, aus denen nicht die Weltklassespieler hervorgehen. Trotzdem hat Bayern noch genug Identifikationsfiguren.

Für den FC Augsburg ist der Saisonstart nicht gut gelaufen, mit einem Punkt kann man nicht zufrieden sein.

Das sind wir auch nicht.

Woran hat’s in den ersten Spielen gemangelt?

Wir waren nicht so griffig wie in weiten Teilen der vergangenen Saison, wir hatten Pech mit Pfosten und Latte und in Frankfurt hatten wir super Chancen und kassieren kurz vor Schluss den Ausgleich. Es ist für uns sehr unglücklich gelaufen in den drei Spielen.

Kommt in dieser Situation ein Hammerspiel wie beim FC Bayern gerade recht, weil das Team ohne Druck aufspielen kann, oder ist es ein ungünstiger Zeitpunkt, weil es in München besonders schwer ist zu punkten?

Ich hätte den FC Bayern lieber zu einem Zeitpunkt, an dem sie sich mit anderen Dingen beschäftigen – oder an dem sie ihr Ziel schon erreicht haben.

Auf dem Transfermarkt ging’s in den letzten Wochen turbulent zu, in England werden horrende Ablösesummen gezahlt. Auch der FC Augsburg hat Abdul Rahman Baba für 20 Millionen an den FC Chelsea verkauft. Was überwiegt bei Ihnen: die Furcht vor dem Ausverkauf durch die Premier League oder die Chancen, weil viel Geld in die Kassen der deutschen Klubs gespült wird?

Es ist schon immer schade, wenn man sportliche Qualität verliert. Aber wenn, wie bei Baba, so eine interessante Anfrage von einem der Topklubs in Europa kommt, wollten wir dem Spieler die Chance auch nicht verbauen. Das ist eine Konstellation, wo alle Seiten sagen: Das passt. Und das Geld kann man als kleiner Klub natürlich gut gebrauchen.

Zuletzt haben sich die Stimmen gemehrt, die für eine Verkürzung der Transferperiode plädiert haben. Schließen Sie sich dem an?

Ich bin durchaus dafür, aber nur, wenn es international einheitlich gehandhabt wird. Es bringt uns nichts, wenn wir in Deutschland das Transferfenster schließen, und in England ist es noch offen. Dann kaufen die uns die Spieler weg und wir können nicht mehr reagieren.

Auch Ihr Trainer Markus Weinzierl war im Sommer Objekt der Begierde, unter anderem von Schalke 04. Fürchten Sie, dass er beim nächsten guten Angebot geht?

Nein. Er ist natürlich gefragt, aber er fühlt sich hier auch unglaublich wohl. Ich glaube deshalb nicht, dass er beim nächsten Angebot anders reagiert.

In der kommenden Woche beginnt für den FC Augsburg die Europa League. Sascha Mölders wurde nicht in den Kader berufen, seine Frau hat auf Facebook ihren Ärger ausgedrückt. Können Sie die Enttäuschung nachvollziehen?

Natürlich kann ich das nachvollziehen, jeder möchte in der Europa League dabei sein. Wir hätten gerne unseren ganzen Kader gemeldet, aber wir können leider nur 21 Feldspieler nominieren, das sind die Regeln der Uefa. Das ist eine harte Entscheidung für den Trainer. Da hat’s Mölders erwischt, genauso wie Jan Moravek oder Daniel Opare.

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Auch der FC Bayern startet in die Champions League. Was fehlt noch, damit die Bayern wieder an Barcelona oder Real Madrid vorbeiziehen?

Sie sind auf Augenhöhe mit Barça oder Real. Das ist nur eine Frage der Form in den entscheidenden Spielen.

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