„Rensing? Alle Achtung!“

Paul Breitner vergleicht den Bayern-Torwart im zweiten Teil des großen AZ-Interviews mit Rene Adler – und Sosa sogar mit Kaka und Robinho.
von  Abendzeitung
Unglückliche Figur in Aberdeen - Michael Rensing
Unglückliche Figur in Aberdeen - Michael Rensing © dpa

Paul Breitner vergleicht den Bayern-Torwart im zweiten Teil des großen AZ-Interviews mit Rene Adler – und Sosa sogar mit Kaka und Robinho.

AZ: Herr Breitner, lassen Sie uns über Torhüter Michael Rensing reden. Der Nachfolger Oliver Kahns hatte eine wechselhafte Vorrunde. Hat er Ihre Erwartungen erfüllt?

PAUL BREITNER: Ich sehe seine Entwicklung sehr, sehr positiv. Weil er früher als Nummer zwei hinter Olli Kahn nie konstant spielen durfte, hat er jetzt ganz andere Möglichkeiten. Er hatte nie die Chance, an kleinen Schwächen zu arbeiten. Er weiß jetzt um seine Defizite, wird daran arbeiten.

Präsident Franz Beckenbauer nannte Rensings Abwehrverhalten, in der Nachspielzeit in Stuttgart, das zum 2:2 des VfB führte, „amateurhaft“.

Also wenn das wirklich amateurhaft gewesen sein soll, dann habe ich von den hoch gelobten Herren Adler und Neuer, die ich mir in den letzten Wochen oft angesehen habe, ähnliche und genauso amateurhafte Fehler gesehen. Der Unterschied zu Rensing ist nur: Wenn die anderen an einer Flanke vorbeisegeln, kräht kein Hahn danach. Es heißt, dann verlieren ihre Klubs eben, ja mein Gott, was soll’s? Und bei Rensing geht immer ein Aufschrei durchs Land. Nur, weil er stets an Kahn gemessen wird. Das ist doch ungerecht.

Ein Bayern-Torwart muss höchsten Ansprüchen genügen.

Ja, natürlich. Aber alle tun so, als wäre Kahn nie ein Fehler unterlaufen. Ich rate allen: Schaut euch mal Videos von Szenen der ersten beiden Jahre von Kahn in München an, bittschön. Auch er musste lernen, auch er brauchte Zeit. Daher sage ich über Rensings erste Vorrunde als Nummer eins: Alle Achtung!

Die Nummer eins in Deutschland ist aber nach Lehmanns Rücktritt und der Verletzung von Enke der Leverkusener Adler. Hat Rensing da mittelfristig keine Chance mehr?

Wer bei Bayern Stammspieler ist und längere Zeit bleibt, der wird sich zwangsläufig über kurz oder lang empfehlen.

Lukas Podolski spielt zwar in der Nationalelf – aber beim FC Bayern ist er Reservist.

Ganz nüchtern betrachtet: Lukas hat es in zweieinhalb Jahren nicht geschafft, sich gegen Toni oder Klose durchzusetzen, er konnte sie nicht verdrängen.

Sollte man Podolski nicht erlösen und im Winter zum Heimatklub Köln gehen lassen?

Ich darf Sie an etwas erinnern: Vor der Saison haben Sie und Ihre Kollegen uns angepflaumt, dass wir nur mit drei anstatt vier Stürmern in die Vorrunde gehen. Es hieß: Ja, sind die wahnsinnig? Und nun glaubt ihr, wir sind so blöd und gehen mit nur zwei Stürmern in die Rückrunde?

Der US-Amerikaner Landon Donovan wäre der dritte. Er ist ab 2. Januar im Kader.

Er wird getestet. Jürgen Klinsmann ist von ihm überzeugt – gut. Aber es muss sich rausstellen, wie er sich einfügt und was er kann. Und was Poldi betrifft, wir wissen, was er kann. Wenn er in der Rückrunde eingesetzt wird, haben wir einen hervorragenden Stürmer.

Nicht geschafft hat es José Sosa. Er soll nun ausgeliehen werden. Besonders Sie hatten sich immer für den Argentinier stark gemacht.

Ich bin immer noch von seinen Qualitäten überzeugt. Fragen Sie mal die anderen Spieler. Da sagen alle: Was der Sosa im Training macht, das haben wir selten gesehen.

Wo liegt dann sein Problem?

Ich musste feststellen, dass er sich in die 90 bis 95 Prozent aller Südamerikaner einreiht, die in Europa erstmal ein bis zwei Jahre brauchen – siehe unseren Martin Demichelis, der jetzt einer der drei, vier besten Innenverteidiger der Welt ist. Auch ein Káká hat beim AC Mailand zwei Jahre keinen Ball getroffen, Robinho wollten sie bei Real Madrid gleich wieder nach Hause schicken. Ich bin überzeugt: José Sosa wird über kurz oder lang ein ganz Großer!

Interview: Patrick Strasser

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