Reich - aber mittellos!
Dank neuer Verträge kassieren die Bayern noch mehr. Doch was tun mit dem Geld? Startrainer van Gaal und die Millionentruppe stehen vor dem Champions-League-Aus – und geben Rätsel auf
MÜNCHEN Die Außenpolitik – ja, da sind sie aktiv die Bayern. Was hat sich Manager Uli Hoeneß dieser Tage ins Zeug gelegt, als es darum ging, im Streit um die ausstehenden Zahlungen des TSV 1860 deren Geschäftsführer Manfred Stoffers zu attackieren und sich Gedanken zu machen über die Zukunft des Stadtrivalen. Ein Ablenkungsmanöver? Nein, das kann man Hoeneß nicht vorwerfen, dennoch lenkte es den eigenen Kopf ab – von der Innenpolitik. Von den Bayern.
So schwiegen die Bosse am Mittwoch. Sie leben die „Strategie der ruhigen Hand“ vor, wie Hoeneß es nannte. Aber was soll man schon sagen, wenn man angesichts des Gesehenen sprachlos ist. Kein Kommentar also. Von Hoeneß nicht. Von Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge nicht. Wie schon am Dienstagabend unmittelbar nach dem grausamen 0:2 in der Allianz Arena gegen Girondins Bordeaux. Es war die vierte Niederlage der Saison – jedoch mit Abstand die heftigste, erschütternste und nachhaltigste. Das 1:2 gegen Mainz im August war ein peinlicher Unfall gegen einen kecken Aufsteiger. Anfangsschwierigkeiten, Schwamm drüber. Es folgte ein 0:1 in Hamburg. Ganz ordentlich, man konnte den Bayern nur vorwerfen nicht clever genug gewesen zu sein, ein 0:0 zu halten. Dann kam Bordeaux, das Hinspiel. Ein Verkettung dummer und unglücklicher Umstände – 1:2. Die Pleite vom Dienstag, die erste auf heimischem Grund, war ein spielerischer Offenbarungseid. Klar, Franck Ribéry, der Akku des Offensivspiels der Bayern, fehlt. Arjen Robben ist nur halb-fit. Dass es aber eklatant auffällt, wenn ein Mann namens Thomas Müller, vor Saisonbeginn nur Drittliga-Kiebitzen und Experten ein Begriff, der Mannschaft richtig abgeht, sagt das einiges über den Zustand der Truppe aus. Es war eine spielerische Katastrophe, eine Bankrotterklärung des künftig wohl reichsten Vereins Europas.
Der Haupt- und Trikotsponsor Deutsche Telekom überweist künftig 25 Millionen Euro pro Jahr, weitere Premiumpartner und Geldgeber stehen Schlange. Automobilhersteller Audi soll neun Prozent der Anteile an der FC Bayern AG übernehmen und zudem über zehn Jahre einen Werbevertrag abschließen. „Das ist ein Betrag, der weit über 100 Millionen sein wird“, sagte Hoeneß über den Deal. Es sind wohl rund 200 Millionen Euro – so wird die Allianz Arena (ohnehin immer ausverkauft) bald abbezahlt sein.
Die Bayern im Herbst 2009: Reich, aber mittellos. Der Schlüssel zum Erfolg. Louis van Gaal sollte es sein. Haben die Bosse nach dem einen Extrem, dem Yuppie-Coach Jürgen Klinsmann, mit dem sturen Fußballlehrer aus Holland das andere Extrem verpflichtet? Einen Mann, der womöglich nicht nach München, nicht zu dieser Mannschaft passt? Oder sind es die Neuzugänge, rund 70 Millionen Euro schwer, die nicht passen? Womöglich aber hätte man sie passend machen können – das ist van Gaal vor allem mit Mario Gomez und Anatolij Timoschtschuk (noch?) nicht gelungen. Ob das allein an den talentierten Spielern liegt?
Und so ist der FC Bayern reich und ratlos. Oder vereinfacht: Geld schießt keine Tore. Geld allein macht nichtmal glücklich. Patrick Strasser