Rehhagel: "Denk ich an Bayern in der Nacht..."

Am Tag nach dem 0:6 wählt Hertha-Coach den Bundespräsidenten Gauck in der Bundesversammlung – und klaut rhetorisch bei Heinrich Heine
von  P. Strasser
Inmitten der großen Politik: Hertha-Trainer Otto Rehhagel mit Joachim Gauck (l.) und Kanzlerin Angela Merkel.
Inmitten der großen Politik: Hertha-Trainer Otto Rehhagel mit Joachim Gauck (l.) und Kanzlerin Angela Merkel.

Am Tag nach dem 0:6 wählt Hertha-Coach den Bundespräsidenten in der Bundesversammlung – und klaut rhetorisch bei Heinrich Heine

BERLIN Nicht wahr? Doch, doch. Otto Rehhagel kennt sie alle. Die Kanzlerin, all die Ministerpräsidenten des Landes, den Gysi, ach einfach alle. Der Elstner Frank wurde geherzt, Jan-Josef Liefers die Wange getätschelt. Rehhagel war in seinem Element. Große Bühne. Große Politik. Kein 0:6.
Am Sonntag war Bundesversammlung in Berlin. Da gibt es keine Tabelle, nur Trost. Unions Fraktionschef Volker Kauder versicherte ihm , die Delegierten hätten ein Herz für den Hauptstadtfußball. Der Hertha-Trainer war einer der Wahlmänner für Neu-Bundespräsident Joachim Gauck, nominiert von der CDU. Eine feine Sache, dieser Sonntag im Reichstag, gibt ja Wichtigeres als Fußball.

Und Rehhagel wäre nicht Rehhagel, hätte er sich nicht vorbereitet auf seinen Anzug-und-Krawatte-Auftritt. Er beliebt zu scherzen, natürlich literarisch hochwertig. Nich’ wahr. „Denk' ich an Bayern in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht”, sagte er übers Mikrofon. Kleine Anleihe von Heinrich Heines Gedicht Nachtgedanken.
Gute Nacht, Hertha. 0:6 gegen den FC Bayern, Platz 17. Der direkte Wiederabstieg droht – und das alles trotz Otto Rehhagel. Am Sonntag gab es eine Krisensitzung in Berlin. Mannschaft, Manager Preetz, die Co-Trainer Rene Tretschok und Ante Covic. Ohne Rehhagel. Dessen ehrenwerte Bürgerpflichten gingen natürlich vor.
Und jetzt? Ab Montag? Der 73-Jährige setzt im Abstiegskampf auf die Kraft der Angehörigen. „Ich habe den Jungs gesagt: Mund zu, Augen auf! Geht zu euren Familien.” Erholung nach der Klatsche.

Ein Sieg, drei Pleiten, 1:10 Punkte – so die Bilanz des Trainers, der sinnvolle Antworten auf die Nachfragen der Berliner Reporter vermissen ließ. „Ich hatte meine Jungs vor Ribéry und Robben gewarnt”, sagte Rehhagel, dieser Trainerfuchs. Er hatte die Mannschaft fragwürdig durcheinandergewechselt und dann im Spiel wieder umgestellt. Die Herthaner wirkten wie ein verschüchterter Haufen. Seine Jungs sollten nicht das Kaninchen vor der Schlange abgeben, hatte er zuvor gefordert, beim 0:6 waren sie Keinmutkaninchen. Seine kurze Spielanalyse: „Wir sind nicht in die Zweikämpfe reingekommen. Und wenn wir reingekommen sind, gab es gleich Elfmeter.” Der Mann kann auch witzig.

In Berlin rechnet man schon mit dem Schlimmsten. „Wenn wir so weiterspielen, steigen wir ab”, meinte Christian Lell. Da kennt er den Trainer schlecht. Rehhagel: „Wir können immer noch rein rechnerisch die Bundesliga erhalten. So lange muss gefightet werden.” Na also, ein Konzept.

Die alte Dame Hertha und nun ja, Otto Rehhagel. In Berlin witzelt man: Man sieht, dass er besser zu seiner Frau Beate passt.

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