In 48 Stunden um die (Transfer-)Welt: Harry Kanes irrsinnige Reise zum FC Bayern

München – Es war kein gewöhnliches Abschlusstraining, am Samstagmorgen vor dem DFL-Supercup. Genauso wie die rund 48 Stunden zuvor für den FC Bayern und Harry Kane alles andere als gewöhnlich waren. Mit den Worten "And Action!" begrüßte Bayerns neuer Superstar die Fans aus dem Filmtheater Sendlinger Tor in der offiziellen Bekanntgabe. Damit setzt Kane nicht nur einer irrsinnigen Transfersaga ein Ende. Wenig später machte er den Bayern-Anhängern Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen.
Kane beendet die Spekulationen selbst: Erster Einsatz im Supercup
Es ist ein Bild, an das man sich noch gewöhnen muss: Harry Kane, der Inbegriff der Premier League, ihr zweitbester Torschütze aller Zeiten, Kapitän und Rekordtorschütze der "Three Lions" – an der Säbener Straße, im Training des FC Bayern. Eine Einheit hatte er mitgemacht, vor dem DFL-Supercup gegen RB Leipzig.
"First run out. Feeling good. Looking forward to the game later", schrieb Kane im Anschluss auf Twitter. Damit beendete Bayerns neuer Stürmer direkt sämtliche Spekulationen und bestätigte selbst, dass er in seinem ersten Spiel für den FC Bayern um den ersten Titel seiner Profikarriere spielen will. Auf der vereinseigenen Website ist er bereits als Spieler gelistet.
Auch im "Behind The Scenes"-Video brannte Kane auf seine neue Aufgabe: "Insgesamt bin ich einfach aufgeregt. Ich freue mich darauf, die neue Stadt und den neuen Klub kennenzulernen. Am meisten freue ich mich aber, das Team zu treffen, mit ihnen zu trainieren und zu spielen." Im Anschluss sprach Kane von "bewegten paar Stunden" und konnte es "kaum erwarten", sich "einzuleben und loszulegen."
"Bewegt" ist das absolut Mindeste, womit sich die letzten 48 Stunden von Kanes Transferodyssee umschreiben lassen. Am Donnerstagvormittag sollte die Geschichte wirklich Fahrt aufnehmen. Als sich die Mannschaft unter Anleitung des neuen Fitnesstrainers Nicolas Mayer aufwärmte, war die Stimmung an der Säbener Straße ruhig – noch. Denn es schien, als sollte nach Kyle Walker auch der Transfer von Harry Kane platzen. Aus englischen Kreisen war zu vernehmen, dass der Stürmer, nach den vielversprechenden ersten Eindrücken unter Neu-Trainer Ange Postecoglou, tatsächlich zu einem Verbleib tendieren soll.
Kane muss sich doch wieder entscheiden: Droht Bayerns Statement-Transfer auf den letzten Metern zu platzen?
Während sich Thomas Tuchel Taktiken auf seiner Tafel notierte und die Mannschaft hinter dem automatischen Vorhang verschwand, braute sich etwas zusammen. Um genau 11.25 Uhr enthüllte der englische Transfer-Experte David Ornstein, dass der FC Bayern und Tottenham tatsächlich eine Einigung für den Transfer von Harry Kane erzielt hätten. Allein, es gab noch einen Satz, der in den kommenden Stunden für viel Unruhe und Verwirrung sorgen sollte: "Kane must now decide whether or not he will make the move".
Zack, die nächste Wendung. Eigentlich war die grundsätzliche Einigung über den Wechsel das erste, was sich der FC Bayern, noch Ende Juni, von der Kane-Seite zusichern ließ, bevor sie in den nervenaufreibenden Poker mit Tottenham-CEO Daniel Levy gingen. Und jetzt sollte alles genau daran scheitern? "Sky Sports" in England war zumindest dieser Meinung und auch beim deutschen Pendant sprach man nur noch von einer "50:50-Chance". Der nahezu sicher geglaubte Transfer hing plötzlich in der Luft.
Laut des "Daily Telegraph" soll Kane darüber nachgedacht haben, ob es nicht schon zu spät für einen Wechsel sei. Die "Bild" sprach davon, dass ihm ein besseres Angebot vorliegen würde, sollte er im Sommer 2024 ablösefrei gehen. Später sollen es finanzielle Details zwischen Tottenham und ihrem Noch-Stürmer gewesen sein, die es zu klären gegeben habe. Aber daran sollte ein Wechsel nicht scheitern.
Levy will nochmal nachverhandeln – als Kane bereits am Flughafen ist
Vorsichtiger Optimismus also wieder – und damit die Eröffnung für den finalen Akt einer irrsinnigen Transfersaga. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag gab es erneut intensive Verhandlungen zwischen beiden Vereinen und den endgültigen Durchbruch. Die Papiere wurden unterzeichnet, Tottenham stimmte dem Wechsel zu. Gegen 10 Uhr sollte Kane in Oberpfaffenhofen landen. Business as usual ab hier also.
Nicht mit Daniel Philip Levy. Als Kane bereits am Flughafen Stansted in London eintraf, bekam er von seinem CEO im Tower die Starterlaubnis entzogen. Laut "Sky" in England und Deutschland wollte Levy abermals nachverhandeln. Spätestens hier merkte auch der FC Bayern, was genau Sir Alex Ferguson meinte, als er sagte, Verhandlungen mit dem 61-Jährigen wären "schmerzhafter, als mein neues Hüftgelenk".
Um 14.50 Uhr hatte der FC Bayern Levy schließlich überzeugt. Kane durfte ins Flugzeug steigen und nach München reisen. Über 70.000, fast eine ausverkaufte Allianz Arena, verfolgten den Flug auf der Plattform "Flightradar24" mit.
Bayerns spätes, spätes Happy End: Um Kurz nach 2 Uhr unterschreibt Kane
Mittlerweile näherte sich der Freitag dem Ende. Es war 19.10 Uhr, als Kane in Oberpfaffenhofen von Journalisten und einer Delegation von Bayern-Fans empfangen wurde. Mit dem roten Audi ging es zum Medizincheck ins Krankenhaus Barmherzige Brüder. Als schließlich, um kurz nach 1 Uhr am Samstagmorgen, auch der sportphysische Teil absolviert war, unterzeichnete Kane seinen Vertrag als neuer Spieler des FC Bayern. Selbst um 2 Uhr standen die Fans noch an der Säbener Straße und winkten und jubelten ihm zu.
Acht Stunden später, um genau 10 Uhr, ließen Kane und der FC Bayern den Abspann der Transfersaga laufen – und läuteten eine neue Ära im Sturm ein. "And Action!"