Rangnick? Hinten anstellen!
Jetzt hat Hoffenheims Trainer mal eine verbale Breitseite vom Bayern-Manager abbekommen. Er sollte sich nicht allzu viel darauf einbilden. In der Rangliste der Hoeneß-Opfer stehen viele vor ihm.
MÜNCHEN Gestern war er dann wieder ganz friedlich. Na klar: Die Bayern hatten Weihnachtsfeier im Circus Krone, glänzende Kinderaugen, Lametta – wie könnte Uli Hoeneß, der’s doch so gern auch heimelig mag, da schlechte Laune bekommen? Hoffenheim ist ganz weit weg in solchen Momenten. Und den Nikolaus mag der Bayern-Manager vermutlich sowieso lieber als den TSG-Trainer Ralf Rangnick.
Viele glauben ja, Rangnick dürfe sich geadelt fühlen, weil ihn Hoeneß so angemacht hat am Wochenende. „Wenn ich mir eine Sorge machen würde, ist es die Besserwisserei von Ralf Rangnick“, hat Hoeneß im DSF geätzt. „Er hat sich geoutet als einer, der alles besser weiß. Rangnick versteht es nicht, mit Höhenluft umzugehen.“
Tatsächlich lässt der scharfe Angriff vermuten, Uli Hoeneß wolle einen Konkurrenten einschüchtern, den er (beinahe) auf Augenhöhe wähnt und fürchtet. Macht er ja gern mal. Aber Rangnick sollte deshalb nicht allzu stolz sein. In der Reihe derer, die durch so ein Hoeneß-Bashing Beachtung erfahren, muss sich der Hoffenheimer Trainer weit hinten anstellen. Wenn es um dauerhafte und im Verbal-Nahkampf erprobte Männerfeindschaften geht, hat Hoeneß andere Lieblinge (siehe unten). Die Attacken auf seinen schwäbischen Landsmann sind dagegen Wattebäuschchen-Werfen.
Freilich, Rangnick hat Potenzial, in dieser eigenwilligen Hitliste noch Boden gutzumachen. Das Projekt Hoffenheim ist ja noch jung; der Trainer müsste nur zusehen, dass er dort nicht so bald scheitert, wie sein neuer Spezl Hoeneß („Im zweiten Jahr wurde er immer entlassen!“) annimmt.
Außerdem ist Rangnicks „Besserwisserei“ dem Bayern-Manager schon länger unangenehm aufgefallen. Bereits Rangnicks legendärer Auftritt im ZDF-Sportstudio 1998 – damals trainierte er noch den SSV Ulm (Hoeneß’ Heimatstadt!) nervte den Ober-Bayern. Rangnick erklärte damals wortreich die Viererkette an der Taktiktafel. Vielen galt er danach als Fußballprofessor, anderen als Schwätzer. Und Bauchmensch Hoeneß gehört eindeutig zu jenen, denen telegene Technokraten eher suspekt sind.
Vielleicht ist er deshalb auch noch mit dem Hoffenheimer Sportchef Bernhard Peters, früherer Hockey-Bundestrainer und Fußballweltverbesserer, aneinander geraten. Peters erzählte der „Bild“, er sei nach dem Bayern-Sieg (2:1) im Spitzenspiel von Hoeneß im Kabinengang angegangen worden. „Mit rotem Kopf und in sehr aggressivem Ton“ habe Hoeneß gewettert: „Das ist eine unglaubliche Sauerei, was ihr da macht. So eine linke Schauspieltruppe, Rangnicks linke Schauspieltruppe!“
Peters selbst will ganz cool geblieben sein: „Warum sind Sie denn so wenig souverän?“ Aber Hoeneß ist sich sein eigener Souverän. Er wütet, wann und gegen wen es ihm passt. Dass ein Fachfremder wie Peters Aufnahme in den Zirkel seiner Lieblingsfeinde findet, dürfte noch dauern. Auch Peters muss sich hinten anstellen.
Michael Schilling