Rafinha: Saison für den Wiederholungstäter gelaufen?

München - Das Spiel war vorbei, verloren. 0:3 gegen Dortmund. Game over. Und dann leistete sich Bayerns Rechtsverteidiger Rafinha (28) in der Nachspielzeit den kapitalsten Fehler, den man sich als Spieler von Trainer Pep Guardiola leisten darf.
Eine unnötige Rote Karte, eine reine Ego-Nummer. Nach einem Zweikampf an der Außenlinie mit Dortmunds Armenier Henrich Mchitarjan eskaliert eine zunächst harmlose Rangelei. Auge in Auge stehen sich die Streithähne gegenüber, bis Rafinha die Nerven verliert und seinem Gegenspieler derb ins Gesicht langt. Schiedsrichter Felix Zwayer schickt Rafinha mit Rot in die Kabine. Guardiola strafte Rafinha damit ab, ihn nicht einmal anzuschauen – und auch später sprach er nicht über Rafinhas Aussetzer.
Dafür Matthias Sammer. Erst urteilte Bayerns Sportvorstand bei „Sky“: „Es ist sicherlich unnötig, gar keine Frage, das muss er nicht machen.“ Um den Brasilianer in Schutz zu nehmen, versuchte sich Sammer dann mit einem Witz: „Ich weiß nicht, ob er noch ein bisschen Creme an der Hand hatte und etwas abgeben wollte.“ Ein recht spezieller Humor. Vor allem, weil Sammer noch eine unterschwellige Kritik an Schiedsrichter Zwayer hinterherschob, den ewigen Vorwurf über fehlendes Fingerspitzengefühl inklusive. „Wir akzeptieren die Rote Karte, sie ist aber für mich zu hart“, sagte der Ex-Profi gönnerhaft und plädierte aufgrund des Zeitpunktes für mildernde Umstände: „91. Minute, das Spiel ist durch. Da geh ich als Schiedsrichter hin und sag: ,Mensch, Rafa, normalerweise ist das Rot.' Und dann geb ich ihm eine Gelbe Karte.“ Doch genau den Zeitpunkt des Aussetzers wird Guardiola nicht entschuldigen.
Ex-Schiedsrichter Markus Merk, nun „Sky“-Experte, hatte eine klare Meinung zur Roten Karte samt Sammers merkwürdigen Eingebungen: „Sammer kann so denken. Ein Schiedsrichter darf nie so denken. Eine klare Rote Karte, egal an welchem Spieltag, egal für welchen Verein, ob 1. oder 91. Minute. Zu hundert Prozent berechtigt, ein Muss.“
Anfang der Woche ist mit dem Urteil des Sportgerichts zu rechnen. Mindestens zwei Spiele Sperre muss Rafinha einkalkulieren, eher drei, vielleicht sogar vier. Er ist Wiederholungstäter. Am 4. Mai letzten Jahres sah Rafinha beim 1:1 in Dortmund nach einem Ellenbogeneinsatz mit anschließender Rudelbildung Gelb-Rot. Auf dem Weg in die Kabine drückte er BVB-Profi Jakub Blaszczykowski noch seinen Zeigefinger in die Wange. Der DFB erhöhte die übliche Ein-Spiel-Sperre auf zwei Partien, Rafinha musste 15 000 Euro Geldstrafe bezahlen. Die Saison war vorbei, Trainer Jupp Heynckes setzte ihn weder im Pokal- noch im Champions-League-Finale ein.
Dieses Schicksal könnte Rafinha nun auch blühen. Als Strafmaßnahme von Pep – und weil Guardiola in den Duellen des Halbfinals der Königsklasse gegen Real Madrid (23./29. April) in der Viererkette auf Philipp Lahm setzen kann. Er braucht seinen Kapitän nicht in der Mitte, da hat er Schweinsteiger, Martínez, Kroos und Götze – für drei Positionen. Dabei war das Jahr für Rafinha prächtig gelaufen. 42 Pflichtspiele unter Pep führten im März zu seinem Comeback in der brasilianischen Nationalelf beim 5:0 in Südafrika. Er macht sich Hoffnungen auf die WM in seiner Heimat. Durch seine Kurzschlussreaktion könnte er sich diesen Traum zerstört haben.