Professor van Gaal: Bayern-Trainer stellt sein Buch vor
AMSTERDAM - Der Bayern-Coach stellt im Amsterdamer Stadion seine Biographie vor. Louis van Gaal erzählt vom ganzheitlichen Prinzip und erntet viel Applaus von der holländischen Fußball-Prominenz
Im Kino nebenan läuft „Fame“, ein paar Meter weiter tönt aus dem Pub „Sharp dressed man“. Louis van Gaal hat ein Buch geschrieben in den letzten Monaten, und das will er nun vorstellen. Nur wo?
Es gibt Schreiber, die machen das beim herausgebenden Verlag, in einer Buchhandlung oder einem schönen Saal. Louis van Gaal ist aber nun mal Fußballer, einer, der bei Ajax Amsterdam groß wurde und insgesamt zwölf Jahre dort arbeitete. Wo sonst als in der 51628 Zuschauer fassenden Amsterdam Arena sollte er also sein neues Werk präsentieren?
Ganz unten, auf dem Rasen der Arena, hinter dem Tor in der Nordkurve, haben sie ihm eine kleine Bühne gebaut. Neben dem Podest steht eine Tafel, rot ist sie natürlich, darauf sein Name, und ein Wappen. Es ist das Wappen Louis van Gaals.
Beim FC Bayern hat er sich ein paar Tage frei genommen, um sein Werk vorzustellen. „Louis van Gaal - Biografie und Visie“, also Biographie und Vision, heißt es.
Den härtesten Job an diesem Abend hat allerdings Ehefrau Truus. Mit bewundernswerter Ausdauer busselt sie als Empfangsdame vor dem Vip-Saal „Rinus Michels“ alle, aber auch wirklich alle Ehrengäste von Ronald de Boer, Dany Blind, Patrick Kluivert bis Co Adriaanse ab. Insgesamt sind 500 Gäste geladen.
Unten auf der Bühne warten derweil seine drei Kartenbrüder. Seit 40 Jahren kennen sie sich, noch aus seiner Zeit, als er als Sportlehrer arbeitete. Sein Spitzname einst: The King, der König.
Doch der König kommt nun einfach nicht. Auf der Leinwand hinter den Kartlern sieht man van Gaal inmitten eines Stapels noch zu signierender Bücher. Und dann taucht er natürlich doch noch auf, er entert das Podium und legt los. Allerdings kommen seine Worte zunächst nicht an: Das Mikro streikt und es zeigt sich, dass van Gaal in seiner Heimat zwar holländisch spricht, aber sonst nicht wirklich anders ist als in München. „Das Mikrofon könnte besser sein“, sagt er. Ein Tontechniker rettet die Akustik – und van Gaals Laune.
Und dann spricht van Gaal. Auf der Nase trägt er eine dunkle Hornbrille, die ihn ein wenig aussehen lässt wie ein Professor. Und ist er das schließlich nicht auch, ein Professor des Fußballs? Er erzählt, dass er dieses Buch seit 2003 geplant habe, ein Kollege hätte ihn gebeten, dessen Fußballbuch mal aus Fachmannsicht abzuklopfen. „Ich habe nicht elf Spieler im Team, sondern elf Menschen“, erzählt van Gaal etwa. Das ganzheitliche Prinzip eben, das seine Spieler in München schon Kennen lernen durften.
Aber München mit seinen Sorgen scheint an diesem launigen Abend weit weg für van Gaal. Und außer Andries Jonker, seinem treuen Assistenten, ist auch kein Bayer da. Auf dem Podium loben sie ihn ausnahmslos. Und Louis van Gaal? Lächelt milde.
Thomas Becker