Präsidiale Bayern-Diät: Hoeneß gibt’s jetzt light

Jahrzehntelang war er die Abteilung Attacke. Nun aber, am Ende seiner Manager-Zeit, gibt sich der Bayern-Macher staatsmännisch, ja fast päpstlich – und reagiert sogar milde auf Klinsmanns Foulspiel.
von  Abendzeitung
Ja, mir san mim Mofa da: Uli Hoeneß gibt Gas.
Ja, mir san mim Mofa da: Uli Hoeneß gibt Gas. © firo/Augenklick

Jahrzehntelang war er die Abteilung Attacke. Nun aber, am Ende seiner Manager-Zeit, gibt sich der Bayern-Macher staatsmännisch, ja fast päpstlich – und reagiert sogar milde auf Klinsmanns Foulspiel.

MÜNCHEN Udo Lattek wurde zum Schnee-Opfer. Der Ex-Bayern-Trainer war auf dem zwischenzeitlich wegen der Witterung komplett gesperrten Flughafen Düsseldorf hängengeblieben, konnte nicht zum DSF-Doppelpass nach München fliegen, um mit Uli Hoeneß zu diskutieren. Was hatten sich die beiden nicht schon gezofft im Fernsehen, ohne Rücksicht auf frühere Bande. Doch Lattek wäre chancenlos gewesen am Sonntagvormittag. Auch er hätte Hoeneß nicht locken können.

Denn Hoeneß hat sich neu erfunden. Er ist nun Mister President. Uli Hoeneß ist in diesem Punkt nicht mehr Uli Hoeneß, auch die Fakten sprechen eine deutliche Sprache. „Gestern war mein offiziell letzter Arbeitstag, ab jetzt habe ich Urlaub“, sagte der 57-Jährige am Sonntag, „und ab 1.1. bin ich dann Präsident.“ Der Manager ist nun Geschichte. Das Adrenalin verteilt sich gleichmäßiger über den Tag in seinem Körper, er scheint in sich zu ruhen. Hoeneß in Light-Version = der neue Bayern-Präsident.

Ein Blick zurück, genau ein Jahr zuvor. Da saß Hoeneß auch nach dem letzten Spieltag der Hinrunde im Sessel am Münchner Flughafen, da war Ralf Rangnick mit den Hoffenheimern so frech und stand vor den Bayern. Hoeneß stand unter Strom, attackierte mit Kalkül den Hoffenheim-Coach. „Rangnick versteht es nicht, mit Höhenluft umzugehen“, schimpfte er und bilanzierte das bisherige Wirken des Trainers so: „Rangnick hat bisher immer im ersten Jahr Erfolg gehabt, im zweiten wurde er dann entlassen.“ Tusch – und drauf.

Auch diesmal hatte ihm ein Trainer eine perfekte Vorlage geliefert. Jürgen Klinsmann, im April entlassen, hatte in der „FAZ“ nachgetreten. Klinsmanns absurder Vorwurf: „Wenn (...) ein Manager auf der Bank sitzt und starken Einfluss auf die Mannschaft hat, Gespräche mit den Spielern führt, mit ins Trainingslager fährt und an allen Dingen nah dran ist (...), das hat nichts mit Namen zu tun - es geht um Strukturen. Aber kommt es bei einer solchen Konstellation zum Misserfolg, bei dem es heißt, es müssen Konsequenzen gezogen werden, müssten sich eigentlich beide verabschieden.“ Hoeneß hätte nur noch verwandeln müssen – und was macht er? Er zieht zurück. Ganz elder statesman. Ganz präsidial. Fast päpstlich.

„Ich werde mich jetzt einige Wochen oder sogar Monate zurückhalten“

Ein klein wenig Managerhoeneß blitzte noch durch, so eine Miniaturabteilung Attackchen, als er sagte: „Das Interview von Jürgen Klinsmann hat überhaupt keine Selbstkritik enthalten. Und es verstößt ganz klar gegen einige Klauseln im Abfindungsvertrag, die der FC Bayern mit ihm gemacht hat. Dort war Verschwiegenheit vereinbart.“ Weiter aber ging Hoeneß nicht. Auge um Auge, Zahn um Zahn – das gibt es nun nicht mehr. Er sprach gar milde Worte, die Kanzel konnte man sich dazudenken: „Trotzdem haben wir gesagt, dass wir nicht darauf reagieren wollen. Ich würde Jürgen Klinsmann dringendst raten, das auch so zu sehen. Das Thema ist für uns beendet, und wir werden uns dazu nicht mehr äußern.“

Moderator Jörg Wontorra war entsetzt. Nein, ach! Hoeneß blieb standhaft. Wirklich nicht, bitte, bitte. Mensch, Uli. Mr. President schwieg.

Er wird so vieles anders machen in nächster Zeit. „Ich habe mich auch von der Mannschaft verabschiedet. Es ist nun ein totaler Einschnitt. Ich werde auch nicht mehr mit der Mannschaft am Tag vor dem Spiel mitfliegen und ins Hotel gehen, ich reise dann erst am Spieltag an“, erzählte Hoeneß. Es ist eine Art Entziehungskur. Hoeneß macht die Bayern-Diät. Als erstes verzichtet er auf seine Teilnahme am Trainingslager in Dubai (ab 3. Januar).

Christian Nerlinger soll sich bewähren, sich beweisen. Mehr und mehr reinwachsen in Ulis Ex-Welt. Er soll jetzt an die Front. Hoeneß schaut vom Tegernsee aus zu. Kitzbüheler Verhältnisse aber soll es nicht geben. Diese Zeiten, in denen Franz Beckenbauer als Präsident dem Vorstand in schöner Regelmäßigkeit durch Aussagen in die Parade fuhr. Nein, Hoeneß wird kein Tegernsee-Franz, kein Kaiserlein.

„Ich werde mich jetzt erstmal einige Wochen oder sogar Monate zurückhalten“, sagte Hoeneß und meint: „Frank Beckenbauer hatte auf Grund seiner verschiedenen Verpflichtungen eine andere Möglichkeit, dieses Amt auszuüben. Diese Verpflichtungen habe ich nicht, deswegen werde ich zwar nicht jeden Tag an der Säbener Straße sein, aber sicherlich ein, zwei Mal die Woche da sein oder wenn ich gebraucht werde.“

Nehmen wir den 5. Januar. Da wird Uli Hoeneß 58. Und für seine Frau Susi wird das eine ganz außergewöhnliche Sache sein. Denn sonst war ihr Mann immer irgendwo in der Welt unterwegs, im Trainingslager. Diesmal ist Mr. President einfach nur zu Hause. Hoeneß at home. Sachen gibt’s.

Patrick Strasser

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