Poldi auf gepackten Koffern

MÜNCHEN - Der Nationalstürmer wehrt sich gegen die Jammer-Vorwürfe von Manager Uli Hoeneß – und arbeitet so schon an seinem Abschied vom FC Bayern, wo er sich auch in der dritten Saison nicht richtig anerkannt fühlt.
Die Ober-Bayern, Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge und Manager Uli Hoeneß, gönnen sich bis Montag einen Kurzurlaub. Ist ja Länderspielpause in der Liga. Doch schon am ersten freien Tag wurden sie von einem lästigen Thema eingeholt. Einem Dauerthema. Vom unzufriedenen, lamentierenden Lukas Podolski.
Podolski, mit der Nationalmannschaft in der Sportschule Oberhaching im Trainingslager für die WM-Qualifikationsspiele in Liechtenstein (Samstag, 20.45 Uhr) und Finnland (Mittwoch, 19.35 Uhr, beide live im ZDF), nutzte die Distanz zu Bayern, um sich abermals über seine prekäre Situation als Edel-Joker zu beklagen. „Ich kann nicht sagen, dass ich volles Vertrauen habe, wenn ich draußen sitze. Wäre das der Fall, stünde ich auf dem Platz. Verein und Trainer sehen im Moment zwei andere vor mir“, sagte Podolski dem „Kicker“.
Die Attacke kam drei Tage nachdem Manager Hoeneß im „Blickpunkt Sport“ des BSF gefordert hatte, „Lukas muss aufhören in der Ecke zu jammern, schlecht gelaunt zu sein und über seine schwierige Situation zu lamentieren“. Die Retourkutsche kam prompt. In einer wahren Medien-Offensive. „Meine Laune ist immer super“, so Podolski, „klar bin ich sauer. Aber das hat nichts mit Jammern zu tun, wie er gesagt hat, sondern es kann wohl jeder verstehen, dass ich mit meiner Situation momentan nicht zufrieden bin.“ Via „SZ“ lies Podolski verbreiten: „Jammern, das lasse ich mir nicht vorwerfen.“
Schützenhilfe bekam er von Joachim Löw. Der Bundestrainer sagte nach „einem langen Gespräch mit Lukas“: „Wenn er zufrieden wäre, wäre er ein schlechter Profi. Aber er jammert nicht, das kennen wir von ihm nicht.“ Löw lobte seinen Schützling: „Er hat bei den großen Turnieren auf hohem internationalen Niveau gespielt.“ Und machte ihm Mut: „Ich kenne die Meinung von Klinsmann und Hoeneß, beide halten große Stücke auf Lukas.“
Der 23-Jährige kam bei Bayern in der neuen Saison zu zwei Kurzeinsätzen gegen Dortmund und Hertha, immerhin spielte er gegen den HSV durch - und traf per Elfmeter. „Das ist nicht mein Anspruch“, sagt Podolski, der schon vor der Saison seine Ziele formulierte: „Ich will dieses Jahr auf Dauer spielen. Ich habe lange genug auf der Bank gesessen.“ Weder bei Trainer Felix Magath, in seiner ersten Bayern-Saison, noch unter Ottmar Hitzfeld konnte sich Podolski einen Stammplatz erkämpfen. Nach „sehr guten Gesprächen mit Jürgen Klinsmann“ legte Poldi nach seiner prima EM (mit drei Treffern zweitbester EM-Schütze) die Abwanderungs-Pläne ad acta. Obwohl er schon irritiert war, dass sich Bayern heftig um VfB-Stürmer Mario Gomez bemühte, später auch Dimitar Berbatow kontaktierte. Er vertraute auf Klinsmann, seinem Coach und Förderer bei der WM 2006. Doch auch Klinsmann zieht Luca Toni und Miroslav Klose vor, obwohl Klose weit von seiner Top-Form entfernt ist. Und begründete das mit Trainingsleistungen, stufte Podolski zudem kürzlich nur „als Herausforderer“ von Toni und Klose ein.
Das verdarb dem selbsternannten Kölschen Karnevals-Prinzen wohl endgültig die Laune. Die Medien-Offensive war offensichtlich strategisch geplant, auch wenn’s kurzfristig, nach Ende der Transferperiode, nichts mehr bringt, wenn Podolski (Vertrag bis 2010) nun bis zur Winterpause in München bleiben muss. „Wir haben unsere Meinung, Podolski hat seine Sicht klargemacht. Ich will dazu nichts mehr sagen“, meinte Poldis Berater Kon Schramm gestern zur AZ. Podolski gibt den Bayern, bei denen er unter den gegebenen Umständen ohnehin nicht mehr unterschreiben würde, richtig kontra. Weil er an Weihnachten sowieso den Abflug macht? Quasi schon auf gepackten Koffern sitzt.
Seine persönliche Distanz zum FC Bayern ist offenbar schon viel größer als die aktuellen knapp elf Kilometer zwischen Oberhaching und der Säbener Straße.
Franz Meier