Pokal-Schreck Kiel: Keine Angst vor Bayern

Viertligist Holstein Kiel ist nach dem völlig verdienten 2:0 gegen Duisburg der Pokal-Schreck der Saison. Die Störche haben auch vor dem Hammerlos Bayern München keine Angst, wollen aber nicht abheben.
Kiel - Nur 13 Stunden nach dem rauschenden Triumph über den MSV Duisburg (2:0) waren die Pokalhelden von Holstein Kiel schon wieder auf dem harten Boden der Realität angekommen. Bereits um 10.00 Uhr morgens schickte Trainer Thorsten Gutzeit seine Spieler am Donnerstag auf den Platz – die Vorbereitung auf die Partie der Regionalliga Nord beim FC St. Pauli II (Samstag, 14.00 Uhr) lief als wäre nichts gewesen. „Ich habe mir ein Glas Wein gegönnt“, sagte Gutzeit dem Sport-Informations-Dienst (SID), „aber eine richtige Feier gab es nicht.“
Dabei hätten sich die „Störche“ eine lange Partynacht in den Kneipen von Kiel durchaus verdient gehabt. Gegen den MSV, immerhin Finalist der vergangenen Saison, war ein Zweiklassen-Unterschied nicht zu erkennen. Und so warf der Underdog aus der vierten Liga innerhalb von 87 Tagen einen weiteren Zweitligisten aus dem Wettbewerb. Bei den Duisburgern steht indes Trainer Milan Sasic vor der Entlassung.
In der ersten Runde hatten die Kieler Energie Cottbus mit 3:0 abgefertigt. „Supergeil, wir im Achtelfinale“, sagte Mittelfeldspieler Tim Siedschlag, nachdem der überragende Rafael Kazior (54.) und Fiete Sykora (59.) das Holstein-Stadion in ein jubelndes Tollhaus verwandelt und die Kieler zum ersten Mal seit 1979 wieder die Runde der letzten 16 erreicht hatten.
Besonders beeindruckend: Selbst nach dem Doppelschlag spielte die junge Mannschaft (Durschnittsalter 23,7 Jahre) weiter mutig und mit viel Risiko nach vorne. 'Leidenschaft und volles Tempo – genau das ist unser Spiel und zeichnet uns aus", sagte Gutzeit, „aber das Publikum hat es uns auch leicht gemacht. So laut habe ich es noch nie erlebt.“
Die Auslosung für das Pokal-Achtelfinale am Sonntag wird das Team gemeinsam verfolgen. Gutzeit sieht auch einem Duell mit einem absoluten Top-Klub gelassen entgegen. 'Bayern, Dortmund, Schalke, HSV – wir haben keine Angst und ohnehin nichts mehr zu verlieren", sagte der Norddeutsche, der seit 2010 Trainer der Kieler ist und für den Job seine Festanstellung als Versicherungskaufmann kündigte, „sicher ist, dass wir uns so teuer wie möglich verkaufen werden.“
Zunächst gilt aber die volle Konzentration den kommenden Aufgaben in der Liga. Nach zehn Spieltagen hat Kiel als Tabellenführer nur einen Punkt mehr gesammelt als RB Leipzig. Ohne einen Sieg gegen St. Pauli II hätte der Erfolg über Duisburg eine Schattenseite. „Der Pokal ist ein nettes Bonbon, mit tollen Emotionen“, sagte Gutzeit, „aber primäres Ziel bleibt der Aufstieg.“ Die Störche wollen trotz des Erfolges nicht abheben.