Plötzlich wieder Meisterkampf: Was Borussia Dortmund für den FC Bayern gefährlich macht

München - Das Thema Meisterschaft schien spätestens mit dem letzten Hinrundenspieltag bereits endgültig erledigt.
Während der FC Bayern den VfL Wolfsburg da souverän mit 4:0 abfertigte, leistete sich Borussia Dortmund eine unnötige 2:3-Niederlage bei Hertha BSC. Damit ging der BVB, der wenige Wochen zuvor noch drauf und dran war, die Münchner im direkten Duell in Dortmund (3:2 für Bayern) von der Tabellenspitze zu stoßen, mit neun Punkten Rückstand in die Winterpause. Der Rekordmeister steuerte unaufhaltsam auf den zehnten Titel in Serie zu. Einen solchen Vorsprung hat Bayern schließlich noch nie verspielt.
Das Coronavirus bringt den FC Bayern derzeit an seine Grenzen
Doch plötzlich ist alles anders. Die Münchner haben es zu Beginn der Rückrunde mit einem Gegner zu tun, der selbst den scheinbar übermächtigen Ligaprimus in die Knie zwingt. Damit ist nicht Dortmund oder etwa Borussia Mönchengladbach gemeint, das den Bayern schon im Pokal eine deftige 5:0-Watschn verpasst hatte und nun auch zum Rückrundenauftakt mit 2:1 in der Allianz Arena gewann. Nein, das Coronavirus ist es, das die Münchner derzeit an ihre Grenzen bringt. Gegen Gladbach musste Chefcoach Julian Nagelsmann allein Corona-bedingt gleich auf neun Stammspieler verzichten.
FC Bayern: Die ersten Corona-Patienten sind schon zurück
Zumindest ein paar Profis um Kapitän Manuel Neuer könnten es wohl zeitnah wieder in den Kader schaffen. "Ich rechne jetzt nicht mit extrem vielen Rückkehrern, die für die erste Elf infrage kommen", sagte Nagelsmann aber vor dem Spiel am Samstag beim formstarken 1. FC Köln (live bei Sky und im AZ-Liveticker).
Der personelle Engpass zwingt ihn zunächst also weiterhin dazu, mit Amateur- und Jugendspielern zu experimentieren, die schon gegen Gladbach die komplette Bayern-Bank besetzten.
"Der Dreier in Köln ist jetzt schon Pflicht", sagt Thomas Müller trotzdem. Denn Dortmund ist nach dem 3:2 in Frankfurt, bei dem der BVB einen 0:2-Rückstand noch drehte, bis auf sechs Punkte an die Bayern herangerückt.
Folgt am Freitagabend noch ein Heimsieg gegen Freiburg wären es - zumindest über Nacht - sogar nur noch drei Zähler. Kölns Coach Steffen Baumgart ist jedenfalls gewillt, dem BVB ein wenig Schützenhilfe zu leisten: "Warum nicht? Wir haben Bayern auch beim 2:3 im Hinspiel geärgert. Da haben wir zwar verloren, es hat aber Spaß gemacht", sagte er.
Bayern-Verfolger Dortmund richtet den Fokus auf sich selbst
"Letzte Woche wurde gesagt, die Bundesliga ist nie mehr spannend", sagte BVB-Coach Marco Rose: "Wir würden gerne die Bundesliga spannend machen, wissen aber auch, was die Bayern zu leisten im Stande sind. Wir müssen unsere Hausaufgaben machen."
Ähnlich sieht das auch sein Spieler Emre Can: "Wir reden immer über Bayern, Bayern, Bayern. Wir müssen nicht immer hochschauen, sondern auf uns selber schauen." Der BVB scheint aus seinen eigenen Fehlern in der Vergangenheit gelernt zu haben, als man den FCB verbal bisweilen deutlich offensiver herausforderte - und damit umso größere Enttäuschungen erlebte.
In Frankfurt zeigte Dortmund zumindest endlich mal die Sieger-Mentalität, die nicht wenige Experten dem Team häufig absprechen. "So ein Spiel komplett zu drehen, sollte den Jungs nun zeigen, dass sich das Thema Haltung sehr lohnt", sagte Rose: "So ein Spiel kann viel Energie bringen."
Auch der Ex-Münchner Mats Hummels sprach von einem "geilen und emotionalen" Sieg. Beim BVB hoffen sie auf eine Art Initialzündung. Aber kann die Mannschaft diese Gewinner-Haltung auch konstant einnehmen? Nur so könnte man Bayern ernsthaft im Kampf um die Meisterschaft herausfordern.
FC Bayern gegen Borussia Dortmund: Im April kommt es zum direkten Duell
Einfach wird das definitiv nicht. Die Münchner zeigten schon gegen Gladbach, dass sie selbst mit ihrer allerletzten Notelf immer noch dazu fähig sind, jedes Team in der Bundesliga zu schlagen. Ihre Personalsituation wird sich zunehmend entspannen und der Kader bald wieder hochkarätige Alternativen bieten.
Das Wiedersehen beim direkten Duell im April in München könnte dann eines mit Vorentscheidungscharakter werden. Allerdings versagte der BVB in den vergangenen Jahren auch mit Marco Reus und Erling Haaland gerade bei diesen Kräftemessen regelmäßig, während Bayern seinen Status als Nummer eins dabei immer wieder zementierte - auch und vor allem dank seiner Führungsspieler.
"Solange Manuel Neuer, Thomas Müller und Robert Lewandowski spielen, wird es keinen anderen Meister geben", sagte Lothar Matthäus dem "Kicker" über Bayerns Erfolgsachse: "Würden Dortmund und Leipzig so gut arbeiten wie Mainz und Freiburg, hätten sie eine Chance. Geld allein ist es nicht." Für den BVB gilt es also auch, Matthäus zu beweisen, dass er falsch liegt. "Gegen Freiburg haben wir die nächste Chance", sagte Rose, "dann werden wir sehen, in welche Richtung es geht."