Pistolero Toni: Er trifft in letzter Sekunde
MÜNCHEN - Holper, stolper – und sogar eine peinliche Schwalbe: Es sah an diesem Freitag lange, sehr lange sogar, gar nicht nach einem Luca-Toni-Abend aus. Doch dann traf er. Und wie.
Dass der Weltmeister noch am Ohr schrauben würde, daran glaubte – außer Jürgen Klinsmann – kaum mehr einer in der Allianz Arena. „Wir haben sehr viel Energie investiert“, sagte der Bayern-Trainer nach dem Triumph, „und ich hatte immer das Gefühl, dass da am Ende noch was passiert.“ Und sein Gefühl trog ihn nicht: Minute 92, Fehler von Hoffenheims Österreicher Andreas Ibertsberger, Toni ist zur Stelle, der Ball im Netz – und der Bayern-Sieg perfekt.
Das 2:1 gegen den aufmüpfigen Rivalen vom Dorf war mehr als irgendein Tor, es war die Erlösung. Dank Toni hatten die Bayern, der Rekordmeister aus der Millionenstadt, die Verhältnisse wieder gerade gerückt. Und der Italiener wäre nicht der Entertainer, der er nunmal ist, hätte er danach ganz normal gejubelt. Ein bisschen Handspiel am Weltmeister-Ohr? Viel zu wenig! Der Angreifer war nicht zu halten, drehte sich auf dem Spielfeld im Kreis und feuerte in alle Richtungen. Wie ein Held aus einem Italo-Western: Pistolero Toni. Luca, der Mann mit der Kugel ist da!
Dabei hatte er sich zuvor selbst zur Zielscheibe gemacht. In Minute 14 hob Toni, vom TSG-Keeper Daniel Haas gar nicht berührt, im Strafraum ab, täuschte vor, gefoult worden zu sein. Bei Premiere schimpfte sogar Sportsfreund Stefan Effenberg, der frühere Bayern-Kapitän: „Das hat er doch gar nicht nötig.“ Wohl wahr. In den letzten sechs Pflichtspielen – das Hoffenheim-Spiel inklusive – hat der 31-Jährige immer jeweils ein Tor geschossen. Und auch wenn er, wie am Freitag erneut geschehen, mehrere gute Tormöglichkeiten versemmelte (12./68.), der 1,95-Meter-Riese war wieder einmal der Matchwinner. „Luca hatte schon vor der 92. Minute die Möglichkeit, den Ball reinzuköpfen“, sagte Trainer Klinsmann, „aber umso schöner, dass es dann in der Nachspielzeit doch noch geklappt hat.“ Oder wie Kollege Zé Roberto meinte: „Wir hatten viele Chancen. Da hat der Luca sehr viel geübt vor seinem Tor.“ Ton i selbst verstand den Wink mit dem Zaunpfahl. "Wäre das Spiel 1:1 zu Ende gegangen, wäre ich ganz alleine Schuld gewesen."
J. Schlosser, P. Strasser